Die nächste Fernseh-Dimension

von | 26. März 2010

Im Kino erfreuen sie sich bereits stetig wachsender Beliebtheit: 3D-Filme. Schon bald wollen die Fernseher-Hersteller der Technologie auch im heimischen Wohnzimmer zum Durchbruch verhelfen. medienMITTWEIDA informiert über die technischen Hintergründe.

Bilder noch wirklichkeitsgetreuer darzustellen, erscheint nach dem Start des HD-Sendebetriebs von ARD und ZDFkaum realisierbar. Das Gehirn ist jedochin der Lage, aus zwei sich perspektivisch unterscheidenden Bildern ein dreidimensionales Bild zu erzeugen.Diese Fähigkeit nutzt das stereoskopische Fernsehen.

Verschiedene Systeme für ein einzigartiges Erlebnis

Derzeit ist dieser für Menschen natürliche Vorgang beim Fernsehen nur durch den Einsatz einer speziellen Brille möglich. Beim Anaglyphenverfahren werden die beiden stereoskopischen Halbbilder in Komplementärfarben eingefärbt und übereinandergelegt. Die mit Farbfiltern ausgestattete Brille sorgt für die nötigeTrennung der Halbbilder für beide Augen.

Eine zweite Möglichkeit zur Erzeugung des räumlichen Eindrucks bietet das Verfahren der Polarisation. Dabei unterscheiden sich die Schwingungsebenen des Lichtes beider Teilbilder. Sogenannte Polfilter im Brillengestell lassen nur die für das jeweilige Auge passend polarisierten Informationen hindurch.

Anders als bei diesen beiden Verfahren erscheinen die beiden Halbbilder beim Einsatz einer Shutterbrille nacheinander auf dem Display. Diese Technik verwendet aktive LCD-Gläser statt herkömmlicher Filter. Synchron zum Bildwechsel auf dem Fernsehgerät dunkelt ein Brillenglas jeweils das nicht benötigte Auge ab, woraufhin das andere Glas lichtdurchlässig wird. Die Synchronisierung erfolgt durch ein Infrarotsignal des TV-Geräts. Dieser Prozess liefert derzeit die qualitativ hochwertigsten Ergebnisse.

Technische Aufrüstung unumgänglich

Herkömmliche Fernsehgeräte können die 3D-Signale nicht interpretieren. Um in die 3D-Welt eintauchen zu können, ist also eine Modernisierung der Wiedergabe-Technik erforderlich. Die neuen Geräte verfügen über eine 120 Hertz- oder eine 144 Hertz-Technologie. Dadurch sieht jedes Auge des Betrachters jeweils 60 beziehungsweise 72 Bilder pro Sekunde. Die Wahrnehmung eines Flimmerns verschwindet fast komplett.

Die schon bekannte 100 Hertz- oder 200 Hertz-Technik eines Fernsehers deutet lediglich auf die Art der Zwischenbildberechnung hin. Beim gewohnten 50 Hertz-Verfahren werden künstlich Bilder erzeugt und nachträglich eingefügt, um das Flimmern bei der Wiedergabe zu minimieren. Mit der Komplexität 3D-fähiger Modelle wachsen auch die Bilddiagonalen der Geräte auf 50 bis 65 Zoll. Die Preise sollen sich trotzdem kaum von denen aktueller HD-fähigerGeräte unterscheiden.

Technik eilt den Inhalten voraus

Das größte Problem des stereoskopischen Fernsehens stellen die fehlenden Inhalte dar. Als Bildlieferanten dienen momentan nur 3D-fähige Blu-ray-Player. Die Alternative zu rein dreidimensionalem Filmmaterial ist eine Konvertierung von 2D-Bildern. Nach Abschluss des Rechenprozesses scheinen die Bilder nicht im Raum zu schweben, sondern mehr Tiefe zu erhalten, wodurch der räumliche Effekt erzeugt wird.

Der US-amerikanische Sportkanal ESPN plant bereits Testausstrahlungen und für das kommende Jahr ein Vollprogramm in 3D. Weitere Sender wie MTV, NBC und CBS sollen noch 2010 ihren Sendebetrieb umstellen. Vor allem Sport- und Musikbegeisterte werden in den vollen Genuss der Bilder kommen. Deutsche Zuschauer müssen sich noch bis August dieses Jahres gedulden. Sony plant 25 Spiele der Fußball-Weltmeisterschaft in Südafrika dreidimensional zu produzieren und als Blu-ray-Disc zu verkaufen.

3D-Erlebnis ohne Brille noch zu teuer

Die Entwicklung des 3D-Fernsehens ist trotz nahezu ausgereifter Technik noch nicht abgeschlossen. Den Traum, ein dreidimensionales Bild ohne jegliche Hilfsmittel auszustrahlen,ermöglicht das autostereoskopische Fernsehen. Bei diesem Verfahren wird das Licht einzelner Pixel in verschiedene Richtungen vor den Bildschirm gelenkt. Spezielle Prismenscheiben sorgen dafür, dass die Bildinformationen zweier unterschiedlicher Perspektiven gleichzeitig und separat zum jeweiligen Auge gelangen. Derzeit befinden sich die autostereoskopischenGeräte in der Testphase und sind noch zu kostenintensiv für den Markt. Allerdings wären sie im Werbebereich und für die Wissenschaft von großem Nutzen.

Das Single-User-Display ist, wie der Name schon sagt, nur für eine Person geeignet. Die Position, in der sich der Zuschauer befindet darf nicht verändert werden, da sonst der Eindruck des räumlichen Sehens verloren geht. Änderungen der Sitzposition werden durch zwei Kameras am TV-Gerät erfasst und das Bild wird dementsprechend korrigiert.

Das Multi-User-Display eignet sich dagegen für mehrere Personen. Bei dieser Methode werden Informationen eines Bildes aus bis zu neun verschiedenen Blickwinkeln benötigt. Mit zunehmender Fülle an Perspektiven steigert sich zwar die Bewegungsfreiheit, jedoch leidet die Bildqualität darunter. Es entsteht ein hologrammähnlicher Eindruck, bei dem der Betrachter scheinbar um Objekte herumschaut.

<h3>Vincent Rüdiger</h3>

Vincent Rüdiger