Seit dem 22. Oktober ist das Audimax der Uni Wien von Studenten und Studentinnen unter dem Motto „Uni brennt“ besetzt. Grund dafür ist die schon länger andauernde „systematische finanzielle Aushungerung und Ökonomisierung der Unis“, wie es Jakob F.D. von der AG Presse der TU Wien gegenüber medien-mittweida.de ausdrückte. Der endgültige Auslöser war die Aussage des österreichischen Wissenschaftsministers Johannes Hahn, der ausdrückte, den Hochschulzugang weiter einschränken zu wollen. Auch wünsche er sich die Wiedereinführung der Studiengebühren, wie auf wienerzeitung.at zu lesen ist.
Österreich hat im Vergleich zu Deutschland sehr geringe oder gar keine Zugangsbeschränkungen. Deshalb gehen viele deutsche Studierende, die keinen Platz mehr bekommen haben nach Österreich; die sogenannten „Nummerus-Clausus-Flüchtlinge“. Dass Österreich für den Großteil der Studierenden keine Studiengebühren mehr erhebt, trägt ebenfalls zu dieser Entwicklung bei. Laut zeit.de hat sich die Zahl der deutschen Studierenden an österreichischen Universitäten von 2001 bis 2008 auf mehr als 17.000 verdreifacht. Insgesamt studieren in diesem Winter rund 300.000 Studenten in Österreich, wie diepresse.com berichtet. Das ist ein neuer Höchststand.
In den fast vier Wochen seit der ersten Besetzung haben die Studierenden einen detaillierten Forderungskatalog ausgearbeitet. Dabei spielen unter anderem die gänzliche Abschaffung der Studiengebühren und Zugangsbeschränkungen, die Redemokratisierung der Unis und eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen des Lehrpersonals eine wichtige Rolle.
Der Protest wird international
Seit der ersten Besetzung hat sich die Protestwelle auf ganz Österreich ausgeweitet. Nahezu alle Universitäten und Hochschulen sind inzwischen besetzt. Während sich auf facebook.de die Gegner der Proteste unter dem Motto „Studieren statt Blockieren“ austauschen, wächst die Zahl der Protestunterstützer immer mehr. Zahlreiche prominente Privatpersonen, Bands, Organisationen, Gewerkschaften und Parteien drücken der Bewegung ihren Beistand aus.
Mit Solidaritätsbekundungen aus Polen und Frankreich und in hohem Maße aus Deutschland wird der Protest zunehmend internationaler. In Deutschland sind seit einigen Tagen auch die Universitäten Tübingen, Heidelberg, Potsdam, München und Darmstadt besetzt. Am 10. November kamen auch noch Mönchengladbach, Greifswald und Essen dazu. Die Hörsäle in Münster und Marburg lies die Uni-Leitung durch Polizeigewalt räumen. Ebenfalls am 10. November schlossen sich die Studierenden des Londoner College of Communication der Besetzungswelle an.
Noch kein Ende in Sicht
Im Protestursprungsland Österreich hat Wissenschaftsminister Hahn inzwischen eine Einmalzahlung von 34 Millionen Euro zugesichert. Laut Jakob F.D. sind das „Peanuts verglichen mit den wahren Dimensionen der systematischen Unterfinanzierung.“ Auch von dem durch Hahn angekündigten „Hochschuldialog“, ein Treffen von Politik, Studierenden und Lehrenden, erwarten sich die Besetzer nicht viel. „Die Politik will die Studierenden mit dieser Gesprächsrunde hinhalten, sie denkt, sie kann den Protest aussitzen“, so Jakob F.D. weiter. Minister Hahn lässt, trotz seiner Zugeständnisse keine grundlegende Änderung seiner Haltung in Bezug auf Zugangsregelungen und Studiengebühren erkennen. Auch der Finanzminister Österreichs Josef Pröll sagte auf wienerzeitung.at: „Ich werde nicht zulassen, dass lautstarke Gruppen versuchen, die Politik, das Land und die Steuerzahler in Geiselhaft zu nehmen“
Inzwischen planen die Protestler für Februar ein Volksbegehren, wie die Tageszeitung „Österreich“ berichtet. Bei der Erarbeitung des Begehrens sollen auch Vertreter aus Schulen, Kindergärten und Gewerkschaften mit einbezogen werden. „Der Bildungsprotest soll zur sozialen Bewegung werden, das ist uns ganz wichtig“, betont Mitinitiatorin Valerie Erwa auf oe24.at.