Ein Bild der Historie

von | 4. November 2010

Geschichtsinteressierte versammelten sich im Rahmen des Arbeitskreises "Zeitgeschichte" und sprachen über die Gleichschaltung der Bayreuther Festspiele durch Hitler. Weitere Veranstaltungen der Reihe finden im laufenden Wintersemester in regelmäßigen Abständen an der Hochschule statt.

Der Bezug zwischen Mittweida und der Weltgeschichte war für Professor Hans-Werner Graf schnell hergestellt. Sowohl Karl Marx als auch Richard Wagner verstarben im Jahr 1883 – „Marx und Wagner, MW – Mittweida“, eine gute Gedächtnisstütze, meinte der Volkswirt und Politologe. Diese benutzte er, um in die aktuelle Thematik der Arbeitsgruppe „Zeitgeschichte“ einzuleiten. Am gestrigen Nachmittag stand die Veranstaltung unter dem Motto „Hitler und die Gleichschaltung der Bayreuther Festspiele“. Geschichtsinteressierte hatten sich in der Hochschule versammelt, um gemeinsam in ungezwungener Atmosphäre die deutsche Vergangenheit zu betrachten und neue Aspekte der Geschichte zu berücksichtigen.

Die Teilnehmer des Arbeitskreises an der Hochschule Mittweida untersuchten die Wagner-Festspiele in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts genauer, um diese in den historischen Kontext einzuordnen. „Musik kann Ersatz für eine Religion sein“, stellte Professor Hans-Werner Graf fest. Mit diesen Worten machte er darauf aufmerksam, wie groß die Wirkung der Töne auf Menschen ist und immer war. Daher wog vermutlich auch Hitler nach seiner Machtübernahme 1933 ab, ob sich die Bayreuther Festspiele instrumentalisieren ließen. Langfristig plante die NS-Regierung, die Inhalte der alten Werke Wagners ideologisch für die eigenen Zwecke aufzurüsten. So sollte das Stück „Die Gottesdämmerung“ den „Endsieg“ symbolisieren und feiern. Reisen zu den Wagner-Festspielen sollten als Belohnung für engagierte Parteimitglieder und die Veranstaltung selbst als Propaganda dienen. Dass diese Pläne nur teilweise ausgeführt wurden, lässt sich mit der Niederlage Deutschlands im Zweiten Weltkrieg erklären.

Freiwilllig auf Bildung einlassen

Professor Hans-Werner Graf sprach enthusiastisch über die deutsche Geschichte. Sein Wissen möchte er laut eigener Aussage nutzen, um Studierende und Mittweidaer Bürger kulturell und politisch weiterzubilden. Es frustriere ihn, dass der heutige Hochschulalltag „zu fachspezifisch“ abliefe. Schon zum fünften Mal findet die von ihm gegründete Veranstaltungsreihe „Zeitgeschichte“ statt. Alle zwei Wochen treffen sich im Grunert-de-Jacomé-Bau Studierende, um „politisch und literarisch historische Themen mit Gegenwartsbezug“ aufzuarbeiten, so Professor Graf.

Michael Preißler, Student für Wirtschaftsingenieurwesen an der Hochschule Mittweida, zählt zum festen Teilnehmerkreis. „Ich bin durch Flyer auf das Projekt aufmerksam geworden“, erinnerte sich der Student. Er sah in der Veranstaltung die Möglichkeit, sein Geschichtsinteresse unter Gleichgesinnten zu verfolgen. Dass Studenten wie Michael Preißler nicht die Ausnahme sind, hofft Professor Hans-Werner Graf sehr. „Bildung“ bedeutet für ihn: „Ich mache mir ein Bild“. Und dazu müsse man sich inspirieren lassen. Darunter versteht er auch, eine solche Veranstaltung zu besuchen, ohne über deren direkten Nutzen nachzudenken. Gewöhnlich folgten diesem Aufruf etwa 15 Studierende, so Graf.

<h3>Laura Ziegler</h3>

Laura Ziegler