Im März diesen Jahres kündigte Elon Musk an, die Social-Media-Plattform Twitter kaufen zu wollen. Nach langen Verhandlungen zwischen Musk und Twitter kam es nun doch zu einer Einigung. Der Tesla- und SpaceX CEO hat die Plattform für 44 Milliarden US-Dollar übernommen. Als Grund dafür nennt er die zunehmend stärker werdende Spaltung zwischen links und rechts auf der Plattform und die Integration von Twitter in seine App für alles: „X”. Laut ihm sei Twitter der größte öffentliche „Marktplatz für Ideen”. Deshalb sei es wichtig, dass alle Meinungen, die nicht gegen das US-amerikanische Recht verstoßen, frei geäußert werden dürfen.
Hitzige Debatte um Redefreiheit
Twitter ist eine der wichtigsten Social-Media-Plattformen. Auf ihr äußern vor allem Politiker, globale Organisationen sowie wichtige Personen des öffentlichen Lebens ständig ihre Meinung. Außerdem kann jeder User an der Diskussion teilnehmen.
Kritiker von Musk befürchten, dass die Plattform durch die fehlende Moderation der Beiträge untergehen wird. Diese Kritik bezieht sich auf verschiedene Twitter-Alternativen wie Parler, GETTR oder Truth Social, welche ein Meer aus Falschinformationen und Hassbotschaften seien. Wenn Twitter die Schleusen für all jene, die schon einmal gebannt wurden, öffnet, so würde die Plattform schnell unbrauchbar werden.
Das kann auch bedeuten, dass Menschen, die von der Plattform gebannt wurden, wieder zurückkehren dürfen. So zum Beispiel der ehemalige US-Präsident Donald Trump. Deshalb kann es dazu kommen, dass viele derzeitige Nutzer den Kurznachrichtendienst boykottieren oder verlassen, da sie sich mit dem „neuen Twitter” nicht mehr sicher fühlen und deshalb andere soziale Netzwerke bevorzugen.
Musks Unterstützer
Auf der anderen Seite unterstützt ein großer Teil der Community die Übernahme durch Musk. Viele empfanden die Umsetzung der Twitter Guidelines als einseitig. Ihrer Meinung nach sollte Twitter nicht die Instanz sein, die über gut und böse, wahr oder falsch entscheidet, gerade bei Themen wie der Covid19-Pandemie.
Viele konservative User fühlten sich in den letzten Jahren zunehmend von der Plattform zensiert. So denkt auch Elon Musk: Laut ihm sei Twitter die wichtigste Social-Media-Plattform unserer Zeit. Ein digitaler Marktplatz, auf dem jeder öffentlich seine Ideen diskutieren könne. Dass dies friedlich und gewaltfrei passiert, sei der Grundpfeiler unserer Demokratie.
Fake News auf Twitter
Ein großes Thema ist auch das Teilen von Falschinformationen und unseriösen Links. Dieses Phänomen tritt hauptsächlich im rechten Flügel von Twitter auf. Laut einer unabhängigen Studie der Universität Massachusetts sei die Wahrscheinlichkeit, unseriöse Webseiten zu teilen, bei Republikanern, also vor allem rechts-konservativen Personen, um ein Vielfaches höher. Beiträge mit Falschinformationen werden von Twitter meist als solche gekennzeichnet. Ist ein Tweet beleidigend oder enthält gefährliche Falschinformationen, wird dieser gelöscht.
Auch Musk ist in den letzten Wochen ins Kreuzfeuer geraten. Er teilte einen Artikel des Santa Monica Observers, welcher in der Vergangenheit wegen Falschinformationen aufgefallen ist.
Doch auch bei der „Fake-News-Debatte” teilen sich die Meinungen. Nach deutschem Recht der Meinungsäußerungsfreiheit fällt das Teilen von offenkundig falschen Fakten nicht unter den Schutz des Gesetzes. Das bedeutet also, dass eine Falschinformation verboten oder zensiert werden darf. In den USA sieht man dies etwas lockerer. Das Recht der Redefreiheit in den USA schützt alle Meinungen und Fakten, welche die Konstitution der USA nicht verletzen. Es dürfen also auch Unwahrheiten und Aussagen, die in anderen Ländern als Volksverhetzung gelten, geäußert werden.
Wie die Zukunft für Twitter und das Internet an sich nun aussehen wird, bleibt abzuwarten. Klar ist, dass sich in naher Zukunft einiges ändern wird.
Bild: David G. Rand
Wie wird Twitter in Zukunft aussehen?
Musks erste Amtshandlung war, die Hälfte der Mitarbeiter zu entlassen. Ein Schritt, der ihm sehr viel Kritik einbrachte. Laut Musk verliere Twitter vier Millionen Dollar täglich. Die Personalkürzungen seien ein notwendiges Übel, um den Verlust der Firma zu minimieren.
Außerdem zeigt er sein feierliches Eintreffen in der Twitter-Zentrale mit einem viralen Video, auf dem er mit einem Waschbecken in das Twitter Hauptgebäude stolziert, betitelt: „Entering Twitter HQ – let that sink in!”(„Betrete das Twitter Hauptgebäude – lasst das auf euch wirken!”). Bis jetzt hat Musk noch nichts an den Guidelines oder Algorithmen geändert. Das wird aber nicht lange so bleiben. Der neue Twitter CEO hat schon rege Ideen für die Zukunft der Plattform verkündet.
Unter anderem plant er eine acht Dollar Gebühr für den blauen Haken einzuführen. Der blaue Haken gibt Auskunft über die Echtheit eines Accounts. Bisher wurde dieser von Twitter selbst an Politiker, Firmen und Influencer vergeben. Weiterhin schreibt er, dass Twitter nicht zu einem „Höllenloch” verkommen wird. Die Plattform soll weiterhin gut moderiert bleiben und für jeden User eine angenehme und warme Atmosphäre bieten. Damit versucht Musk, potenzielle Werbekunden der Plattform zu beruhigen.
Kommentar des Autors
Eine Gratwanderung
Niemand sollte das Recht haben zu entscheiden, was wahr oder falsch ist, auch bei Twitter nicht. Das Teilen von Falschinformationen ist für mich ein heikles Thema. Auf der einen Seite sehe ich, wie viel Schaden und Leid durch Fake News ausgelöst werden können. Doch meiner Meinung nach ist das “Monopol auf die Wahrheit” eine Macht, die zu groß ist, um nicht ausgenutzt zu werden. Dabei denke ich beispielsweise an die vielen Widersprüche in der Zeit der Corona-Pandemie, wo es zu bestimmten Zeiten erlaubt oder nicht erlaubt war, Aussagen über die Effektivität der Impfungen zu machen.
In unserer heutigen Zeit polarisieren die Extreme sehr. Die „stille Menge” scheint immer weiter zu schwinden. Gerade auf Social Media trenden extreme und emotional aufgeladene Ansichten viel häufiger als die moderaten Beiträge und Meinungen. Die Mitte, beziehungsweise der Weg des Kompromisses, welcher in Krisenfragen immer angestrebt werden sollte, geht dabei im Gedränge der Menschen unter. Das spaltet unsere Gesellschaft.
Die Moderation von Beiträgen auf Twitter ist eine sehr schmale Gratwanderung und man wird nie in der Lage sein, es jedem recht zu machen. Um einen möglichst breiten Diskurs zu führen, ist es wichtig, dass sich weder Meinungskorridore noch Bubbles bilden. Diese führen dazu, dass man keine anderen Meinung mehr wahrnimmt seine eigenen Ansichten nicht mehr hinterfragt. Content Moderation könnte im Extremfall nur noch eine Meinungen zulassen, während die Opposition sich auf ihrer eigenen Plattform ansiedelt. Das würde zu einer starken Bildung von Bubbles sowie zu einer Meinungsdiktatur auf der jeweiligen Plattform führen.
Natürlich kann man keine komplette Redefreiheit zulassen, da die Debatten sonst in niveaulose Beleidigungsorgien ausschweifen. Doch wenn jeder für seine Ansichten eine eigene Plattform schaffen muss, weil er mit der Meinung der Opposition nicht klarkommt, dann versiegt der konstruktive Diskurs endgültig.
Twitter war und wird auch in Zukunft Hauptplatz für wichtige Diskussionen im Internet sein. Elon Musk ist ein kluger Kopf und ich hoffe, dass er seine Vision von Twitter in die Realität umsetzen kann, damit sich unsere Gesellschaft in ihrer digitalen Zukunft weiterentwickelt.
Text, Titelbild: David Barsch