Gesundheit

Die „ePA für alle“ kommt

von | 13. Dezember 2024

Im Januar 2025 kommt die elektronische Patientenakte für alle. Doch wie funktioniert sie und was gibt es zu beachten?

Die Digitalisierung schreitet auch im Gesundheitswesen unaufhaltsam voran und bringt zahlreiche Neuerungen mit sich. Eine der zentralen Innovationen in diesem Kontext ist die elektronische Patientenakte (ePA). Sie verspricht eine effizientere Verwaltung von Gesundheitsdaten und eine verbesserte Kommunikation zwischen den Beteiligten. Doch was bedeutet die Einführung der ePA konkret für die Patienten? Welche Fragen tauchen häufig auf? 

Allgemeines

Was ist die ePA überhaupt?

Ab dem 15. Januar 2025 sollen alle gesetzlich Krankenversicherten eine elektronische Patientenakte (ePA) erhalten. Die ePA fungiert als persönlicher, digitaler Aktenordner für die eigenen Gesundheitsdaten. Ärzte und Ärztinnen, Krankenhäuser oder Therapeuten und Therapeutinnen stellen dort medizinische Unterlagen ein. Auch Versicherte selbst können Daten speichern. Die ePA ist eine versichertengeführte Akte – unterliegt also der Kontrolle der Versicherten. Sie sollen selbst bestimmen, welche Informationen in der Akte gespeichert werden und wer Zugriff auf diese Daten erhält.

Wann wird die ePA eingeführt?

Die elektronische Patientenakte gibt es bereits seit Januar 2021, war jedoch bisher nur auf Antrag bei der Krankenkasse erhältlich. Ab dem 15. Januar 2025 beginnt die automatische Einführung der ePA in ausgewählten Modellregionen wie Hamburg und Teilen Frankens. Nach dieser fast vierwöchigen Pilotphase“ soll die ePA laut Bundesgesundheitsministerium Mitte Februar 2025 bundesweit verfügbar sein. Alle gesetzlich Versicherten erhalten dann standardmäßig eine ePA, sofern sie nicht aktiv widersprechen. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft klagte, laut Pharmazeutischer Zeitung, über die unzureichende Vorbereitung der Kliniken. Der Krankenhausverband fordere sogar eine Verlängerung der Pilotphase.

Bekommen Privatversicherte auch eine ePA?

Privat Versicherte können eine elektronische Patientenakte nutzen, sofern ihre private Krankenversicherung dieses Angebot bereitstellt. Dies ist jedoch nicht verpflichtend. Mehr Informationen dazu sind auf der Seite des PKV-Verbandes zu finden: hier ist der Link.

Was bedeutet die ePA und wozu soll sie dienen?

Die elektronische Patientenakte zielt darauf ab, Prozesse im Gesundheitswesen effizienter, schneller und unbürokratischer zu gestalten. Sie soll Ärzten und Ärztinnen einen zentralen Zugang zu Gesundheitsdaten geben und einen schnellen Überblick über die Krankengeschichte eines Patienten oder einer Patientin ermöglichen. Dies kann Probleme durch fehlende oder unvollständige Unterlagen bei Behandlungen verringern und zeitaufwändige Prozesse, wie das Einscannen alter Befunde, vermeiden. Die ePA soll laut Bundesgesundheitsministerium Versicherte mit Ärzten und Ärztinnen, Apotheken und Krankenhäusern vernetzen. Durch die Digitalisierung bisher analoger Arbeitsschritte soll der Versorgungsalltag für alle Beteiligten vereinfacht und mehr Zeit für Behandlungen geschaffen werden.

Gibt es eine Widerspruchsmöglichkeit?

Die Krankenkassen sind gesetzlich verpflichtet, ihre Versicherten ausführlich über die elektronische Patientenakte zu informieren. Nach Angaben der Bundesregierung können Versicherte der ePA jederzeit widersprechen – in diesem Fall muss die Krankenkasse die elektronische Patientenakte und sämtliche darin gespeicherten Daten löschen. 

Sollten Versicherte ihre Entscheidung später überdenken, können sie eine neue ePA beantragen. Es besteht laut Aidshilfe generell die Möglichkeit, entweder der kompletten elektronischen Patientenakte oder nur einzelnen Funktionen zu widersprechen. Widerspruchsmöglichkeiten bestünden über die ePA-App, direkt bei der Krankenkasse oder bei deren Ombudsstellen, die eingerichtet werden. Viele Krankenkassen bieten Online-Formulare für den Widerspruch an, alternativ ist dieser beispielsweise bei der Techniker Krankenkasse auch postalisch oder persönlich möglich.

Beeinflusst mein Widerspruch gegen die ePA die Qualität meiner medizinischen Versorgung?

Ob Sie die ePA nutzen oder nicht, darf keine negativen Auswirkungen auf Ihre Gesundheitsversorgung haben“, erklärt die Verbraucherzentrale. Allerdings seien mit der Ablehnung des digitalen Dienstes auch die Vorteile der ePA nicht gegeben. Nach Angaben der AOK seien Informationen über frühere Behandlungen, Diagnosen oder Allergien ohne ePA nicht so schnell verfügbar, was in einem Notfall zu Verzögerungen führen könne. 

Wie funktioniert die ePA für Patienten und Patientinnen?

Damit Patienten und Patientinnen ihre Daten in der ePA selbst einsehen können, benötigen sie die ePA-App ihrer Krankenkasse. Für die Erstanmeldung in dieser App ist eine Authentifizierung mittels elektronischem Personalausweis und PIN oder elektronischer Gesundheitskarte (eGK) und dazugehöriger PIN erforderlich. Laut Bundesgesundheitsministerium wird diese Erstauthentifizierung auch in der Apotheke möglich sein. Die PIN für die elektronische Gesundheitskarte können Patienten und Patientinnen nach Beantragen bei ihrer Krankenkasse über das Postident-Verfahren. Um sicherzustellen, dass die Zustellung ausschließlich an die berechtigte Person erfolgt, muss in der Postfiliale die Identität mit einem Personalausweis oder Reisepass nachgewiesen werden. In Zukunft wird es zudem nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums möglich sein, diesen Identitätsnachweis auch in einer Apotheke zu erbringen. Laut Verbraucherzentrale können die einzelnen Schritte aber je nach Krankenkasse unterschiedlich sein. 

Ärzte und Ärztinnen werden die ePA mit relevanten medizinischen Informationen befüllen, wobei Patienten und Patientinnen dem jederzeit widersprechen können. Zudem können Nutzer und Nutzerinnen laut Bundesgesundheitsministerium und Verbraucherzentrale die Zugriffsberechtigungen und -dauer für Ärzte und Ärztinnen und Apotheker und Apothekerinnen individuell festlegen. Eine weitere Option sei die Bevollmächtigung einer Person zur Datenverwaltung. Die App erlaubt es auch, die ePA-Nutzung zu beenden und sämtliche gespeicherten Informationen zu löschen. Bei einem Krankenkassenwechsel werden die ePA-Daten automatisch übernommen.

Was genau wird in der ePA gespeichert?

Die elektronische Patientenakte (ePA) bietet, laut Bundesgesundheitsministerium, die Möglichkeit, eine Vielzahl medizinischer Informationen zentral festzuhalten. Dazu gehören Daten, die Ärzte und Ärztinnen hochladen müssen – wie Medikationspläne, Arztbriefe, Labor- und Bildbefunde, Röntgen-, CT- oder MRT-Bilder sowie elektronische Entlassungsbriefe von Krankenhäusern. Außerdem müssen Ärzte und Ärztinnen die Patienten und Patientinnen darüber informieren, welche Daten gespeichert werden.

Apotheken können bestimmte Dokumente wie den elektronischen Medikationsplan, Impfdokumentation sowie Verordnungs- und Dispensierdaten in der ePA anlegen und aktualisieren, während sie bei allen anderen Dokumenten nur Leserechte besitzen. Zusätzlich ist es nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums möglich, dass Patienten und Patientinnen selbst erfasste Gesundheitsdaten, wie beispielsweise ein Tagebuch zur Dokumentation von Blutzuckermessungen, in die ePA einfügen. Die Krankenkasse wird, insofern kein Widerspruch gegeben ist, auch Abrechnungsdaten einstellen. Zukünftig werden auch Daten wie der Impfpass oder der Mutterpass in die ePA eingepflegt werden.

Detaillierte Informationen zum geplanten Inhalt der ePA sind bei der Verbraucherzentrale verfügbar. Hier ist der Link.

Was ist mit Menschen, die keine ePA-App und/oder kein Endgerät nutzen?

Die elektronische Patientenakte (ePA) kann laut Bundesgesundheitsministerium auch ohne Smartphone oder einem anderen Endgerät genutzt werden – allerdings mit einigen Einschränkungen. Laut der Verbraucherzentrale nutzen Arztpraxen und Krankenhäuser die ePA ganz normal im Behandlungskontext und können Daten hochladen. Ohne die ePA-App können Nutzer und Nutzerinnen jedoch ihre eigenen Daten weder einsehen, hochladen noch verwalten. Widersprüche müssen über die Ombudsstelle der Krankenkasse geklärt werden. Diese sollen von Krankenkassen eingerichtet werden, um Patienten und Patientinnen bei der Nutzung zu helfen. Ebenfalls kann eine Vertretungsperson benannt werden, welche Zugriff auf die ePA erhält und diese verwalten kann. In Zukunft wird zudem laut Bundesregierung eine Einsichtnahme der ePA in ausgewählten Apotheken möglich sein.

Alles rund ums Thema Daten

Wer hat Zugriff auf meine Daten?

Patienten und Patientinnen haben die volle Kontrolle über ihre Daten in der elektronischen Patientenakte. Bei Zustimmung zur ePA und Einstecken der elektronischen Gesundheitskarte erhalten Arztpraxen automatisch einen 90-tägigen Zugriff, Apotheken für drei Tage – es sei denn, Nutzer und Nutzerinnen haben Daten gelöscht oder verborgen. Es gibt die Möglichkeit, einzelnen Ärzten und Ärztinnen den Zugriff zu verweigern oder ihnen nur Schreibrechte ohne Leserechte zu erteilen. All diese Einstellungen lassen sich laut Bundesgesundheitsministerium über die ePA-App verwalten.

Alle ePA-Nutzende können selbst entscheiden, wer Daten einsehen oder darauf zugreifen darf. Zugriffsrechte würden nach Belieben erteilt, zeitlich oder inhaltlich eingeschränkt oder gänzlich verweigert werden können. Zudem sei es möglich, als Patient oder Patientin jederzeit Inhalte aus der ePA zu löschen oder zu verbergen. Die Krankenkasse hat laut Verbraucherzentrale nur Zugriff auf die Abrechnungsdaten in der ePA.

Können meine Daten von Pharmafirmen verwendet werden?

Ab Juli 2025 werden, laut Bundesgesundheitsministerium, Daten aus der elektronischen Patientenakte an das Forschungsdatenzentrum Gesundheit im Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte weitergeleitet. Diese werden jedoch pseudonymisiert sein – sind also dem Patienten oder der Patientin nicht mehr direkt zuordenbar. Versicherte haben jedoch die Möglichkeit zu widersprechen. An den Daten Interessierte, einschließlich Pharmaunternehmen, müssen einen Antrag beim Forschungsdatenzentrum stellen, das über die Herausgabe der Daten entscheidet. Voraussetzung dafür ist, dass die Forschung einem klar definierten „Gemeinwohl“ dient. 

Wie sicher sind meine Daten?

Laut dem Bundesgesundheitsministerium erfolgt die Umsetzung der elektronischen Patientenakte datenschutzkonform und unterliegt strengen Sicherheitsstandards, um den Schutz persönlicher Gesundheitsdaten zu gewährleisten. Die Daten werden verschlüsselt auf Servern innerhalb der Telematikinfrastruktur, einem geschlossenen Netzwerk zur Vernetzung zwischen Akteuren im deutschen Gesundheitssystem, gespeichert. Nur Versicherte und von ihnen autorisierte Personen haben Zugriff auf ihre Daten. Zudem ist die Kommunikation zwischen den ePA-Komponenten durchgehend Ende-zu-Ende-verschlüsselt. Nach Angaben der Verbraucherzentrale müssen alle ePA-Apps ein Zulassungsverfahren der gematik durchlaufen und die Sicherheitsvorgaben des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnologie umsetzen. Sämtliche Aktivitäten in der ePA werden protokolliert und sind für Versicherte einsehbar, während die Datenverarbeitung in einer zusätzlich abgesicherten Ausführungsumgebung erfolgt.

Der Ausblick

Welche Vorteile kann die ePA mit sich bringen?

Die elektronische Patientenakte verspricht eine Reihe von Vorteilen für das deutsche Gesundheitssystem. Sie kann einen schnellen und umfassenden Überblick über die Krankengeschichte der Patienten ermöglichen, was zu einer effizienteren Behandlung führen kann. Durch die zentrale Speicherung von Gesundheitsdaten können unnötige Doppeluntersuchungen vermieden und der Informationsaustausch zwischen Arztpraxen, Apotheken und Krankenhäusern erleichtert werden. Besonders in Notfallsituationen könnten wichtige medizinische Informationen sofort verfügbar sein. 

Für die medizinische Forschung bietet die ePA neue Möglichkeiten, indem sie den Zugang zu umfassenden Gesundheitsdaten erleichtert und die Rekrutierung von Teilnehmern für klinische Studien verbessern könnte. Durch die Integration eines digitalen Medikamentenplans könnten durch die ePA künftig Medikamentenwechselwirkungen vermieden werden, da Ärzte und Ärztinnen bereits verordnete Medikamente im Blick hätten. Durch Informationen, die Patienten selbst einpflegen, könnte laut gematik „der Entscheidungsprozess der Medikamentenvergabe oder -absetzung unterstützt“ werden. Insgesamt soll eine „vernetzte Gesundheitsversorgung“ geschaffen werden.

Was sind Bedenken an der ePA?

Trotz dieser Vorkehrungen gibt es Bedenken seitens Forschender. Eine Sicherheitsanalyse des Fraunhofer SIT identifizierte 21 Schwachstellen, wobei Experten und Expertinnen die Sicherheitsarchitektur als insgesamt angemessen, aber verbesserungsfähig eingestuft haben. Die Verbraucherzentrale warnt, dass Datenlecks und Cyberangriffe nie vollständig ausgeschlossen werden können. Diese Bedenken wurden auch auf dem Jahreskongress der Freien Ärzteschaft von Forschungsexperten und -expertinnen und Datenschützern und -schützerinnen geäußert, wie die Pharmazeutische Zeitung berichtet. 

Weiterhin gibt es Datenschutz- und Diskriminierungsbedenken. Das Bundesgesundheitsministerium weist darauf hin, dass Ärzte und Ärztinnen verpflichtet sind, Patienten und Patientinnen explizit auf ihr Widerspruchsrecht hinzuweisen, bevor potenziell diskriminierende oder stigmatisierende Daten in die ePA eingestellt werden. Dies betrifft besonders sensible Informationen wie sexuell übertragbare Krankheiten, psychische Erkrankungen oder Abtreibungen. Die Deutsche Aidshilfe warnt vor möglicher Diskriminierung, da solche sensiblen Daten ohne Widerspruch automatisch gespeichert und für Ärzte und Ärztinnen zugänglich gemacht werden. Angesichts der Gefahr von Stigmatisierung und Benachteiligung im Gesundheitswesen fordert sie eine Einschränkung der gespeicherten Inhalte.

Bei der Nutzung der ePA können auch praktische Probleme auftreten. Die Verbraucherzentrale weist darauf hin, dass Systemausfälle oder langsame Internetverbindungen den Zugang zur ePA erschweren können. Zudem könnte die komplexe Anmeldung und Nutzung besonders für ältere Menschen eine Hürde darstellen.

Welche Schlussfolgerung lässt sich daraus ziehen?

Zusammenfassend ist der Schutz von Gesundheitsdaten von großer Bedeutung, da sie zu den sensibelsten personenbezogenen Informationen zählen. Jeder kann sich gründlich über die elektronische Patientenakte (ePA) informieren und abwägen, ob ihre Nutzung für die individuellen Bedürfnisse sinnvoll ist. Eine bewusste Entscheidung ist ausschlaggebend, um die Vorteile der ePA in einem verantwortungsvollen Rahmen zu nutzen.

Text, Titelbild: Merle Baumgärtel

<h3>Merle Baumgärtel</h3>

Merle Baumgärtel

ist 20 Jahre alt und studiert derzeit im 5. Semester Medienmanagement an der Hochschule Mittweida. Bei medienMITTWEIDA engagiert sie sich als Mitarbeiterin des Gesellschaftsressort seit dem Sommersemester 2024.