Erstaunen über eine Wochenzeitung

von | 10. Oktober 2011

Die Entscheidung über den richtigen Studiengang gehört zu den wichtigsten überhaupt. Um Studieninteressenten eine ansatzweise Orientierung zu bieten, veranstaltete die Hochschule Mittweida am vergangenen Samstag wieder einen Tag der offenen Hochschultür.

Untypisch für einen Samstag – die Regionalbahn von Chemnitz nach Mittweida ist gut gefüllt, nahezu alle Sitzplätze sind belegt. Auch an der Mensa der Hochschule ist ungewöhnlich viel Andrang. Gerade drängt eine ganze Reisegruppe Neuntklässler aus Borna um den Infostand der Fakultät Medien. Die Aussicht auf Führungen durch den Radiosender und das Fernsehstudio wecken reges Interesse bei den Schülern.

Helmut Hammer, Studienberater und Direktor des Medieninstituts Mittweida, erzählt in seinem Vortrag von seinem ersten Computer: „Dieser hatte eine 40-Megabyte-Festplatte.“ Gelächter breitet sich im Raum aus. Da heute ein MP3-Player ein Vielfaches an Speicherplatz bietet, ist dies für die Schüler kaum vorstellbar. Als Hammer die Studiengänge und das Auswahlverfahren erklärt, geht er auf die Möglichkeit eines Schnupperstudiums ein. Dabei können sich angehende Studenten ausprobieren und die eigenen Möglichkeiten und Interessen abschätzen.

Führungen durch die Studios

Obwohl die Gruppe der 54 Bornaer Schüler nach dem Vortrag in zwei Gruppen aufgeteilt wird, stehen die Schüler dichtgedrängt im Printpool des Medienzentrums. Die meisten denken beim Begriff „Medien“ in erster Linie an Fernsehen und Radio. Einige sind offenbar erstaunt, dass die Studenten der Hochschule Mittweida eine „richtige“ Wochenzeitung veröffentlichen. „‚Die Novum‘ wird in ihrem Verbreitungsgebiet sogar häufiger gelesen als die ‚Freie Presse'“, erklärt Jan Schulze, Ressortleiter für Lokales.

Als nächstes schlängelt sich die Gruppe der Schüler wie an einer Perlenkette aufgereiht ins benachbarte Fernsehstudio. Im Regieraum führt die Dozentin Rika Fleck den Kurzfilm „Hey Yvonne“ vor, der von Mittweidaer Medienstudenten produziert wurde. „Der Film hat schon mehrere Preise gewonnen. Die Studenten haben sich um wirklich alles komplett selbst gekümmert“, sagt sie. Der Film ist ein Remake des Videoclips zum gleichnamigen Song von Gunter Gabriel von 1974. „Die Studenten haben sich deshalb mit Gunter Gabriel persönlich getroffen, um die Nutzungsrechte für seinen Titel zu erhalten“, fährt Rika Fleck fort. Trotz des lockeren Tom-Astor-Trucker-Stils merken die Schüler nun, wie komplex die Medienproduktionen sind, die sie täglich wie selbstverständlich konsumieren.

Vom Regieraum geht es hinunter ins Fernsehstudio. Es stehen noch die Kulissen von der letzten „Propeller TV“-Produktion. Diese Sendung wird monatlich von Mittweidaer Medienstudenten produziert und in drei Bundesländern im Lokalfernsehen ausgestrahlt. Die Mienen der Schüler haben sich inzwischen verändert. Auch die anfängliche Unsicherheit ist mittlerweile dem Interesse gewichen. Alle sind sichtlich beeindruckt von der Technik. Als sich die Jugendlichen schließlich auf den Studiomonitoren sehen, winken sie eifrig in die Kamera. Anastasia (15) setzt sich mit dem Mikrofon vor den Teleprompter und übt sich im Verlesen eines Textes. „Das ist gar nicht so einfach, wenn der so langsam läuft“, sagt sie. Rika Fleck beruhigt sie: „Der Prompter lässt sich auf jeden Sprecher individuell einstellen.“

„Das ist mein Job und den mach ich gerne“

Mittlerweile regnet es draußen. Trotzdem führt Jan Böhnstedt die Gruppe den kurzen Weg hinüber in in die Medienvilla. Holger Klose, Chef vom Dienst bei „99drei Radio Mittweida“, hat die Sommerferien bei 99drei Radio Mittweida verbracht. „Auch wenn ich früh um sechs noch so müde zum Frühflieger hier reinkomme – sobald die rote Lampe an ist, bin ich wach. Und ich mache die Leute wach. Das ist mein Job und den mache ich gerne“, sagt er. Trotzdem meint er es ernst, wenn er den Schülern sagt, sie sollen das Studieren nicht vergessen, wenn sie sich für die Hochschule Mittweida entscheiden. Schließlich haben auch Medienstudiengänge einen nicht unbeträchtlichen Theorieanteil. Anastasia ist trotzdem begeistert. Auf die Frage, ob sie sich ein Studium in Mittweida vorstellen könne, antwortet sie: „Auf jeden Fall. Bis jetzt habe ich allerdings eher in Richtung Werbedesign geschaut.“

Langsam knurrt bei den Schülern der Magen, die Mensa ist allerdings heute geschlossen. Jan Böhnstedt empfiehlt den Jugendlichen deshalb, zu einem Döner-Imbiss auf der Rochlitzer Straße zu gehen. Sein Vorschlag kommt an. Während der Nieselregen weiter anhält, gehen die Jugendlichen vorbei an der Mensa, deren Vorplatz sich mittlerweile geleert hat.

<h3>Tobias Weiß</h3>

Tobias Weiß