Die Auswahl an verfügbaren Internetadressen nimmt stetig ab. Aber das soll sich jetzt ändern. Die Einführung der neuen Top-Level-Domains bietet eine bis dato unbekannte Vielfalt an individuellen Kombinationsmöglichkeiten bei der Namensgebung einer Internet-Adresse. So ist es beispielsweise möglich, dass sich Experten unter anderem die Endung .guru statt .de geben können.
Die Auswahl an verfügbaren Internetadressen ist mittlerweile ziemlich ausgeschöpft. Meist ist die Wunschdomain schon vergeben und es müssen Abstriche bei der Namensgebung gemacht werden, was wiederum die Vermarktung der Webpräsenz erschwert. Die Lösung liegt in den sogenannten neuen generischen Top-Level-Domains. Als Top-Level-Domain (TLD) wird die Endung einer Web-Adresse bezeichnet. Generell werden Domains in länderbezogene TLDs (ccTLD für country code), wie .de, .uk oder .ru, und in generische TLDs (gTLD), wie beispielsweise .com, .net oder .org, eingeteilt. Im Gegensatz zu den ccTLDs haben die generischen TLDs keinen geographischen, sondern eher einen inhaltlichen Bezug.
Geld regiert die Welt
Für die Vergabe und Koordination der TLDs ist die amerikanische Organisation „Internet Corporation for Assigned Names and Numbers“, kurz ICANN zuständig. Auf das Drängen verschiedenster Interessengemeinschaften wurde im Juli 2008 die Regelung für die Zulassung neuer Domains extrem gelockert. Das hat es ermöglicht, jeden erdenklichen Begriff als TLD zu verwenden, der nicht gegen die Richtlinien der ICANN verstößt. Daraufhin wurde Anfang 2012 eine Bewerbungsphase gestartet, bei der Unternehmen und Organisationen aus der ganzen Welt insgesamt 1930 Anträge auf noch nicht existierende TLDs einreichten. Die Gebühr für einen Antrag betrug dabei 180.000 US-Dollar. Hat eine TLD den Bewerbungsprozess durchlaufen und wird freigegeben, entsteht für den Antragsteller noch eine zusätzliche Gebühr von 25.000 US-Dollar. Allein die Firma Google beantragte über 100 neue TLDs.
Seit Februar 2014 führt die ICANN nun sukzessive neue generische TLDs ein. Im Laufe des Jahres werden viele neue Kürzel möglich sein. Insgesamt werden über 1.000 neue Endungen erwartet. Das stellt eine deutliche Steigerung dar, wenn man bedenkt, dass bisher nur 23 gTLDs und knapp 300 ccTLDs zur Verfügung standen. Unter den neuen TLDs befinden sich zum einen markenspezifische, die auf Unternehmen ausgerichtet sind, beispielsweise .amazon, .apple oder .audi, und zum anderen Endungen aus den verschiedensten Bereichen, beispielsweise .music, .sport oder .berlin, die für jeden zur Verfügung stehen. Domainendungen mit Bundesländern, Branchen, Sportarten oder einfach nur mit den skurrilsten Endungen wie .wtf werden in den nächsten Jahren im Internet präsent sein. Die neuen TLDs bieten eine bis dato unbekannte Vielfalt an individuellen Kombinationsmöglichkeiten. Wer sich informieren will, welche Domains derzeitig verfügbar sind, für den führt ICANN eine täglich aktualisierte Liste mit den weltweit genutzten TLDs.
Zielgruppenspezifischere Inhalte
Gerade lokale Unternehmen und Dienstleister werden von den neuen TLDs profitieren. Die neuen Endungen bieten die Möglichkeit, einen lokalen Bezug – durch die Ergänzung des Ortes – oder eine branchenspezifische Erweiterung – durch die Ergänzung eines Fachgebietes oder einer Dienstleistung – mit der Webadresse zu verbinden. Aber auch große Unternehmen werden einen gesteigerten Nutzen von den neuen TLDs ziehen. So hat sich beispielsweise Google die Endung .youtube und Microsoft die Endung .xbox sichern lassen, um ihre Geschäftsfelder von anderen zu separieren. Die Unternehmen können so ihre Produkte in einem nahezu konkurrenzfreien Raum anbieten. Des Weiteren bieten firmeneigene TLDs die Möglichkeit, Inhalte speziell auf Zielgruppen anzupassen und diese gezielt zu generieren.
Der frühe Vogel fängt den Wurm
Derzeitig ist es möglich, sich die noch nicht verfügbaren TLDs bei den Domainanbietern unverbindlich vorzubestellen, da der genaue Einführungszeitpunkt sowie die monatlichen Kosten für viele TLDs noch nicht bekannt sind. Wer jetzt schnell reagiert, kann sich mit Sicherheit zukünftig Wettbewerbsvorteile sichern, da kurze und prägnante Adressen gewiss auch unter den neuen TLDs schnell vergriffen sein werden. Im Gegensatz zu den konventionellen TLDs werden die neuen im Schnitt etwas teurer werden. Wie überall wird auch hier die Nachfrage den Preis bestimmen.
Fest steht: Die neuen TLDs schaffen mehr Platz im Internet und bieten eine noch nie dagewesene Vielfalt bei der Namensgebung. Die angebotenen Inhalte können zielgruppengerichteter generiert werden, die Internet-Adressen werden einprägsamer und die Branchenzugehörigkeit symbolischer.
Text: Peter Bauch. Grafik: Thomas Kraftschenko.