„Google“ bedroht Netzfreiheit

von | 4. April 2012

Durch die Omnipräsenz von „Google“ sieht Suchmaschinen-Experte Dr. Sander-Beuermann die Entwicklung des Internets bedroht. Er fordert Reglementierungen und eine Kontrollkommission.

Der Suchmaschinen-Experte Dr. Wolfgang Sander-Beuermann von der Universität Hannover kritisiert, dass „Google“ seine Monopolstellung weiter ausbaut. Die Folgen könnten fatal sein: Durch die Verwendung nur einer Suchmaschine sei in Europa ein technologischer Rückstand gegenüber der USA zu befürchten. „Wenn nur noch ein Netzgigant den Markt beherrscht, gehen Vielfalt, Pluralismus und Grundlagen des demokratischen Denkens verloren“, ist der Wissenschaftler überzeugt. Außerdem könne den Verbrauchern durch das „Google“-Monopol bestimmte Teile des Netzes vorenthalten werden. Daher seien jetzt Regulierungen für Suchmaschinen nötig.

Europäische Suchalternativen fehlen

Der promovierte Ingenieur und Gründer des Suchmaschinenlabors an der Universität Hannover kämpft seit Jahren für mehr Alternativen im Internet. Der „Google“-Gegner warnt, „dass man die Vielfalt des Internets nur noch aus einer Sichtweise wahr nimmt – und zwar die des Betreibers.“ Die Verbraucher müssten mehr Alternativen haben. Vor allem in Europa seien mehr Suchmaschinen nötig, denn hier fehle es an Innovationen und Regulierungen von Suchmaschinen: „Nur wenn es andere europäische und konkurrenzfähige Suchmaschinen gibt, können andere Sichtweisen und Prioritäten gesetzt und Inhalte sowie Ergebnisse von Suchanfragen anders bewertet werden.“

Forschungsgelder fehlen

Europa habe den Anschluss an den Suchmaschinen-Markt schon lange verpasst, kritisiert Dr. Sander-Beuermann: „Auf diesem Feld ist fast keine Forschung vorhanden, da es einfach nicht genügend Geld gibt. Die europäische Forschungspolitik hat noch immer nicht die Bedeutung des Internet und der Suchmaschinen als wesentliche Steuerelemente verstanden.“ Das Motto der zuständigen Stellen sei stets: „Warum Forschungsgelder? Wir haben doch ‚Google‘!“ Dabei werde der Vorsprung von „Google “ immer beängstigender, schließlich wird jeder Nutzerklick zur gezielten Optimierung der Suchmaschine genutzt. Außerdem leistet sich das Unternehmen aus Mountain View jährlich Milliarden für Forschungsprojekte. „Ein sich selbst verstärkender Regelkreis“, so Sander-Beuermann.

Kommission für faires Such-Ranking gefordert

Um diese Entwicklung zu bremsen, bleibe Europa nur das Regulieren der Netz-Monopolisten. So fordert Dr. Sander-Beuermann eine sogenannte Clearingstelle, also eine Art Kommission für das Konzentrationsgefälle im Internet. Diese soll zum Beispiel ein faires Ranking von Suchergenissen garantieren. „Eine weitere Möglichkeit ist das Verbot, Suchmaschinen im Browser oder in Portalen voreingestellt einzubauen. Alternativ könnten dominante Suchmaschinen nur 60 bis 70 Prozent der gesamt gestellten Suchanfragen bearbeiten dürfen. Der Rest der Suchanfragen würde dann an die Mitbewerber verteilt werden“, schlägt der Wissenschaftler vor. Er erhofft sich eine aktive Diskussion, wie gemeinsam eine demokratische Struktur im Internet zu garantieren sei.

<h3>Anja Wanger</h3>

Anja Wanger