Facebooks neuer Posteingang

von | 26. November 2010

Facebook plant die Einführung eines neuen Nachrichtensystems. Damit will das US-Unternehmen die Möglichkeit bieten, alle Textnachrichten in einem Postfach zu empfangen. Der Hamburger Datenschutzbeauftragte äußert jedoch Bedenken: Besteht eine ernsthafte Gefahr?

Mit einem neuen Angebot will Facebook-Gründer Mark Zuckerberg bisherige Textnachrichtenkanäle wie E-Mail, SMS und Instant Messaging in einem Postfach bündeln. Am 15. November 2010 stellte er die Pläne für das „Messages“ genannte Projekt vor. Sein Ziel: „die bisherigen Kommunikationsgewohnheiten der Internetnutzer revolutionieren“. Demnach soll es für den User bald möglich sein, mit dem Facebook-Konto alle Nachrichten zentral zu verwalten und zu archivieren. Der Hamburger Datenschutzbeauftragte und Facebook-Kritiker Prof. Dr. Johannes Caspar sieht diese Entwicklung skeptisch. Dem Nutzer müsse bewusst sein, dass dann „ein Anbieter für alle Daten verantwortlich ist, die beim Kommunikationsprozess anfallen“.

Neben der „nahtlosen Kommunikation“, wie Zuckerberg den Dienst beschreibt, ermöglicht das neue System dem Nutzer die Speicherung aller jemals geführten Gespräche – unabhängig vom Kanal. Der neue Facebook-Posteingang kann dann auch nach dem Beziehungsstatus des jeweiligen Kommunikationspartner sortiert werden – Nachrichten wichtiger Freunde erhalten eine hohe Priorität, Nachrichten von flüchtigen Bekanntschaften werden weiter unten im Posteingang einsortiert.

Der Kampf mit Google

Sollte dieses System so funktionell sein, wie Zuckerberg ankündigte, dann wird es ein Großangriff auf alle bisherigen Anbieter für E-Mails und Instant Messaging. Besonders das Angebot des Internetgiganten und Dauerkonkurrenten Google wird dabei ins Visier genommen. Bisher konnte kein Anbieter dessen Speicherplatzangebot, dem meist wichtigsten Kriterium für E-Mail-Kunden, übertrumpfen. Nun möchte Facebook ebenfalls soviel Platz für Daten bieten, dass der durchschnittliche Internetnutzer nie an die Grenzen der Kapazität stoßen wird. Als eine Alternative mit mehr Sicherheit sieht Prof. Dr. Johannes Caspar die deutschen E-Mail-Anbieter und empfiehlt das Nutzen eines Anbieters, der verschlüsselte Kommunikation anbietet.

Warum dieser großzügige, kostenlose Service? Ein Monopol beim Nachrichtenverkehr bietet dem Betreiber unzählige Möglichkeiten das Konsum- und Kommunikationsverhalten des Kunden zu verfolgen, für die Optimierung der eigenen Seite zu nutzen oder an Kunden weiterzugeben. Nun sind in den letzten Jahren weder Facebook noch Google durch eine herausragende Sicherheit beim Umgang mit persönlichen Daten der Nutzer aufgefallen. Geben die Facebook-Nutzer somit ihre persönlichen Nachrichten in Hände, für die Datenschutz und informationelle Selbstbestimmung Fremdworte sind? Die größte Gefahr des neuen Dienstes sieht Prof. Dr. Johannes Caspar darin, dass sich Facebook – aufgrund des Firmensitzes in den USA – der Kontrolle des deutschen Datenschutzes entzieht. Juristische Grauzonen öffnen den Betreibern dabei Möglichkeiten, um Einblicke in unser Privatleben zu erhalten.

Auch wenn Mark Zuckerberg die Sicherheit der Nutzerdaten und -nachrichten garantiert, wissen wir doch nicht genau, was sich hinter den Türen der Facebook-Zentrale abspielt. Experten haben schon jetzt große Bedenken, was die Sicherheit des neuen Systems betrifft.

Im Audiointerview erläutert Prof. Dr. Johannes Caspar seine Sicht auf die Datensicherheit und Gefahren bei der Nutzung von Facebook, Google und Co.

<h3>Martin Kisza</h3>

Martin Kisza