Theoretiker gehen an die Universität, Praktiker an die Fachhochschule – das denken viele. Früher wurde klar zwischen beiden Bildungsstätten unterschieden. An der Fachhochschule haftete das Vorurteil einer Bildungseinrichtung zweiter Klasse. Mittlerweile sind die Unterschiede nicht mehr so immens. Fachhochschule und Universität wurden durch den Bologna-Prozess, der den Grundstein für die Umstellung auf einheitliche Studienabschlüsse legte, immer ähnlicher. Jedoch besitzen beide unterschiedliche Rahmenbedingungen, die die Leistungsfähigkeit im Studium maßgeblich beeinflussen können.
Der feine Unterschied zwischen Anwenden und Forschen
Fachhochschulen und Universitäten haben verschiedene Bildungsaufträge. Universitäten legen ihren Fokus auf die Wissenschaft, dadurch ist das Studium in der Regel theoretischer. Die Studierenden arbeiten verstärkt selbstständig. Dies wird vor allem bei der eigenständigen Organisation des Stundenplans ersichtlich. Studierende einer Universität legen häufig selbst fest, in welchem Semester sie welchen Kurs belegen möchten. Das bedeutet ein hohes Maß an Selbstorganisation und Selbstverantwortung. Im Gegensatz dazu konzentrieren sich Fachhochschulen auf ein anwendungsorientiertes und praxisnahes Studium. Dabei gibt es klare Strukturen und einen festgelegten Stundenplan, allerdings lassen sich Inhalte leichter auf die Arbeitswelt übertragen.
Der etwas andere Professor
An einen Universitätsprofessor werden andere Anforderungen gestellt als an einen Fachhochschulprofessor. Ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal ist der Weg nach der Promotion. Die Professoren einer Fachhochschule sind automatisch praxisorientierter, denn sie müssen, laut sämtlichen Landeshochschulgesetzen, eine fünfjährige Berufspraxis in ihrem Fachgebiet vorweisen. In diesen steht außerdem, dass mindestens drei Jahre Beschäftigung außerhalb des Hochschulbereichs vorgeschrieben sind. Für Professoren einer Universität ist Berufserfahrung nicht erforderlich. Im Gegenzug benötigen sie aber eine zusätzliche wissenschaftliche Leistung. Aus diesem Grund sind Professoren an Universitäten stärker in die Forschung eingebunden. Ein weiterer signifikanter Unterschied zwischen Universitäts- und Fachhochschulprofessoren ist das Verhältnis zum Studierenden. An einer Fachhochschule haben Studierende durch kleinere Lerngruppen leichter die Möglichkeit, dem Professor persönliche Fragen zu stellen. Dadurch wird das Verhältnis zwischen beiden vergleichsweise eng. Universitätsprofessoren haben durch die meist höhere Anzahl an Studierenden in einer Vorlesung nicht die Möglichkeit, einen persönlichen Bezug aufzubauen.
Nach aktuellen Zahlen des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wissenschaftsforschung gab es im Wintersemester 2017/18 196.230 Studienanfänger an Universitäten und 151.691 Studienanfänger an Fachhochschulen.
Im gleichen Semester studierten 1.558.798 Personen an einer Universität und 911.597 Personen an einer Fachhochschule.
Die eigene Anonymität wahren
An Universitäten finden Vorlesungen in großen Hörsälen mit zum Teil mehreren hundert Studierenden statt. An einer Fachhochschule wird vor allem in Seminaren in Kleingruppen gearbeitet, dadurch entsteht eine stärkere Interaktion. Größtenteils bilden in jedem Semester die gleichen Studierenden eine Gruppe. Die Professoren kennen ihre Studierenden besser und es herrscht eine persönliche Lernatmosphäre. Aus diesem Grund kann eine individuelle Betreuung gewährleistet werden. An einer Universität ist die Präsenz eines einzelnen Studierenden nicht so hoch. Die Abwesenheit bei Vorlesungen Einzelner gegenüber Hunderten fällt nicht wirklich auf.
Wer darf überhaupt an einer Universität studieren?
Die grundlegende Zulassungsvoraussetzung für das Studium ist der Besitz einer Hochschulzugangsberechtigung. Dazu zählen die Allgemeine Hochschulreife, die Fachgebundene Hochschulreife, die Fachhochschulreife oder eine gleichwertig anerkannte Zulassungsberechtigung. Die Allgemeine Hochschulreife ermöglicht ein Studium an jeder Universität oder Fachhochschule. Mit der Fachgebundenen Hochschulreife entsteht die Entscheidungsfreiheit zwischen Fachhochschule oder einem Studiengang einer Universität in der Fachrichtung der schulischen Ausbildung. Mit der Fachhochschulreife gibt es meist nur einen Weg zum Studium: Die Fachhochschule. Allerdings gibt es auch seltene Ausnahmen.
Nach Zahlen des Gehaltsreports 2017 für Absolventen von StepStone verdienen Absolventen einer Universität rund 3,33% mehr als Absolventen einer staatlichen Fachhochschule.
Akademische Abschlüsse – vom Bachelor zur Promotion
Durch das Bachelor-Master-System sind die Abschlüsse beider Hochschulen absolut gleichwertig. Nach ihrem Master können Fachhochschul-Absolventen in Kooperation mit einer Universität theoretisch auch promovieren. Doch einfach ist dies nicht, da einige Universitäten keine Fachhochschul-Absolventen zulassen. Möglich ist dies durch Klauseln in der Promotionsordnung, wie zum Beispiel in der der TU Berlin. Diese schreiben vor, dass angehende Doktoranden mindestens sechs Semester an einer Universität studiert haben müssen. Teilweise ist der Weg zur Promotion durch hohe Zusatzanforderungen, wie einen exzellenten Studienabschluss, besondere Zusatzqualifikationen und spezielle Kurse und Prüfungen nicht einfach. Bisher haben ausschließlich Universitäten das Promotionsrecht. Das soll sich in Zukunft jedoch ändern.
Germanistik, Lehramt oder Medizin – exklusive Uni-Fächer
Fachhochschulen bieten nicht alle Fächer an. Universitäten hingegen haben eine größere Bandbreite an Fachrichtungen. Nur sie bieten beispielsweise Geistes- und Sprachwissenschaften und die Klassiker Lehramt, Jura und Medizin an. Fachrichtungen, wie Architektur, Soziale Arbeit, Medienmanagement und Naturwissenschaften in angewandter Form sind in Fachhochschulen stark vertreten. Klassische Naturwissenschaften werden nur an Universitäten unterrichtet.
Jeder muss für sich entscheiden
Ob nun ein Studium an einer Fachhochschule oder einer Universität passender ist, hängt von den Interessen, Zielen und Veranlagungen jedes Einzelnen ab. Fachhochschulen glänzen mit engerer Betreuung und klaren Strukturen in kleinen Lerngruppen. Sie haben aber auch weniger Zeit und Geld für die Forschung. Einen leichteren Zugang in die Forschung sowie mehr Freiraum und Eigenverantwortlichkeit gibt es für Studenten einer Universität. Am Ende werden nicht nur formal zwischen den Abschlüssen, sondern auch auf dem Arbeitsmarkt keine Unterschiede mehr gemacht.