Lange Zeit galt Facebook als Jugenddomäne. Doch immer mehr Eltern folgen ihren Kindern in die virtuelle der sozialen Welten. Gerade Kinder und Jugendliche können sich vermehrt von ihren Eltern im Internet genervt fühlen, denn für sie ist es Teil ihrer sozialen Identität.
Soziale Plattformen haben sich fest in den Alltag vieler Menschen integriert. Ständig teilen wir uns mit, posten Bilder und verlinken uns an unseren Lieblingsorten. Vor allem Jugendliche nutzen diese Möglichkeiten, um ihr großes Austausch- und Mitteilungsbedürfnis zu befriedigen. Sie schaffen sich einen virtuellen Treffpunkt, der ihnen hilft, trotz knapper Zeit soziale Kontakte aufrecht zu erhalten.
Doch während der Schulhof oder Unicampus elternfreie Zone ist, bleibt es das Internet immer weniger. Aktuell griff der Stern sogar den Begriff „elternverseucht“ im Zusammenhang mit Facebook auf. Verständlich, dass ein „räum‘ dein Zimmer auf“ und „zieh dir eine Jacke an. Draußen ist es kalt“ via Internet einfach nervt.
„Ich will gar nicht alles von meiner Tochter mitbekommen“
Wie so oft gilt aber auch in diesem Fall: Ausnahmen bestätigen die Regel. Bei Mutter Ilka und Tochter Jule geht es im Internet harmonisch zu. Beide sind begeisterte Blogger und twittern regelmäßig. Dabei gehen sich die beiden nicht zwanghaft aus dem Weg: „Ich erfahre ständig Sachen von meiner Tochter via Internet. Das liegt aber daran, dass wir das Medium auch ganz bewusst nutzen“, erzählt Ilka, sie respektiere die Privatsphäre ihrer Tochter. „Getwittert hätte ich schon gerne früher, aber ich habe Jules Wunsch respektiert, dort nicht reinzuschauen“, erklärt Ilka.
Eltern überwachen ihre Kinder via Facebook
Nicht alle Eltern mit Facebook-Account nehmen die Privatsphäre ihres Nachwuchses ebenso ernst. Rund 44 Prozent kontrollieren ihre Kinder sogar über das soziale Netzwerk, legt eine Studie des Software-Herstellers AVG offen. Sollte das nicht genügen, unterstützen Software-Firmen mit spezieller Spyware gezielte Schnüffeleien.
Die Internet-Spionage begründen Eltern oft damit, nur so etwas über den Umgang und die Aktivitäten ihrer Sprösslinge im Web erfahren zu können. „Es kann allerdings Probleme geben, wenn sich Eltern nur registrieren, um ihre Kinder zu kontrollieren oder zu überwachen“, meint Medienpädagoge Thomas Feig. Die starke Kontrolle bedroht das Vertrauensverhältnis zwischen Eltern und Kind.
Früher Dauertelefonate – heute soziale Netzwerke
Dabei ist die (eltern-) freie Entfaltung wichtig für Jugendliche. „Pubertierende Teenager brauchen und suchen Räume, in denen sie sich von der Elterngeneration abgrenzen und ‚ungestört‘ sein können“, macht Feig deutlich. In sozialen Plattformen geht es für junge Menschen um Sozialisation und darum, die eigene Persönlichkeit zu finden. Lediglich die Form des Austausches mit Anderen im privaten Raum hat sich zu früheren Zeiten geändert. Damals waren es Dauertelefonate mit der besten Freundin, heute ist es der Chat mit drei Freunden gleichzeitig.
Social-Network-Regeln
Für einen gelungenen Internet-Umgang zwischen Eltern und Kind ist nicht nur der gegenseitige Respekt der Privatsphäre wichtig. „Ich schnüffele nicht und stalke sie nicht – und sie tut das nicht bei mir“, stellt Ilka klar. Wichtig ist jedoch, das vor allem bei jüngeren Nutzern Profil- und Sicherheitseinstellungen gemeinsam mit den Eltern festgelegt werden sollten, rät Medienpädagoge Feig. Denn Eltern nutzen das Internet ganz anders als ihre Kinder und auch soziale Netzwerke haben einen geringere Priorität. Darum müssen sie die Bedeutung des Internets im Leben ihrer Kinder erst verstehen lernen. „Insgesamt gehören das Netz und die internetfähigen Handys bei den meisten Kindern und Jugendlichen zur eigenen Identität dazu“, fasst Feig zusammen.
Konflikte in virtuellen Welten spiegeln reale Konflikte wieder
Der Medienpädagoge folgert, wie auch andere intergenerationelle Konfliktfelder immer wieder neu aufbrechen, so werde es auch trotz aller Bemühungen keinen reibungslosen Umgang im Internet geben. Mutter Ilka sieht das Internet jedoch für sich und ihre Tochter als Gewinn: „Aus meiner Sicht hat der zusätzliche Kontakt über soziale Netzwerke unser Leben bereichert und erleichtert. Es hat uns eher noch näher zusammengebracht als eine zusätzliche Streitquelle zu bieten. Ich denke, wer sich analog gut versteht, kann das auch digital.“
Text: Michelle Mucha. Bild: David Mönch.