Faxen statt Surfen

von | 2. Juli 2010

Noch immer wird in vereinzelten Gebieten Deutschlands kein flächendeckendes DSL-Netz angeboten. Um ihrer Arbeit dennoch nachgehen zu können müssen zahlreiche Betriebe eine alternative Lösung finden, die meist um ein Vielfaches teurer ist.

11.35 Uhr – Zeit für die Post. Es gibt Momente, da ist die Freude über den Inhalt des Briefkastens groß. Beispielsweise wenn es Urlaubspost des besten Freundes gibt, der vorschwärmt, wie toll das Wetter, die Unterkunft, das Essen ist. Matthias Linke verlässt sein Büro um den Briefkasten zu entleeren. Eine Rechnung. Auf Post wie diese kann er gut und gern verzichten: Besonders, wenn sich die Rechnung auf hohe Kosten beläuft.

Mit diesem Problem hat Linke schon eine Weile zu kämpfen. Er ist beruflich und privat auf das Internet angewiesen, doch Monat für Monat belaufen sich seine Internetkosten auf rund 100 bis 150 Euro. Grund dafür ist das nicht flächendeckend ausgebaute DSL-Netz in Deutschland. Matthias Linke ist Inhaber eines Großhandels, der insbesondere Schornsteinsysteme aus Edelstahl verkauft. Sitz der Firma ist Königshain-Wiederau, eine Gemeinde im Landkreis Mittelsachen, die Produktionsstätte liegt allerdings rund 60 Kilometer südöstlich von Berlin, in Storkow. Der Produktionsstandort ist damit außerhalb des Stadtzentrums und verfügt über keinen DSL-, sondern maximal einen ISDN-Anschluss.

ISDN statt DSL. Langsam statt schnell. Teuer statt kostengünstig.

Matthias Linke muss auf Grund des fehlenden DSL-Empfangs erhebliche Schwierigkeiten überwinden, um im modernen Kommunikationszeitalter seiner Arbeit nachgehen zu können. Triviale Dinge, wie der Versand von E-Mails werden zu einer langwierigen, komplizierten Prozedur. Zudem benötigt die Firma das Internet zur Datenübertragung von Zeichnungen und Bildern, Angeboten, Aufträgen und Lieferscheinen. Bis zum jetzigen Zeitpunkt laufen alle Datenübertragungen über ISDN. Neben der langsamen Geschwindigkeit hat dies den Nachteil, dass der Preis pro Minute abgerechnet wird. Monatlich entstehen somit kosten bis zu 150 Euro. Zum Vergleich: Bei einer DSL-Flatrate würden sich die Kosten wahrscheinlich auf etwa 40 Euro pro Monat beschränken.

Das Faxgerät im Büro von Linke klingelt, die Papiereinzugswalze zieht mit Mühe das Blatt ein, der Toner heizt sich auf und bedruckt das Papier. Beim Gang zum Fax befürchtet Linke bereits, dass ein Kunde auf diese umständliche, fast schon veraltete Weise seine Bestellung aufgibt. Die Vermutung bestätigt sich beim Blick auf das Papier. Matthias Linke begibt sich zurück zu seinem Schreibtisch und fährt seinen Computer hoch. Per Hand übernimmt er die Bestellung in einen Auftrag. Ein Prozess, der gewöhnlich automatisiert und papierlos via elektronischer Post erledigt wird und somit erhebliche Kosten und Zeit einsparen kann.

Keine Besserung in Sicht

Eine alternative Lösung wäre eine Anbindung der Produktionsstätte per UMTS. Die Entfernung zum nächsten Versorgungsmast ist allerdings zu groß, die Verbindung somit nicht sehr stabil. Bislang gab es keine Hilfe von den in der Region ansässigen Netzanbietern. Die Betreiber haben Linke lediglich eine Standleitung angeboten, die zwar funktionieren, aber mit monatlich 300 bis 350 Euro zu Buche schlagen würde. Eine Alternative, die aus Kostengründen nicht umsetzbar ist.

In einer Pressemitteilung der Deutschen Telekom heißt es, dass der Netzausbau im Sommer 2010 im Mobilfunk mit der neuen Mobilfunktechnologie LTE (Long Term Evolution) ausgebaut wird. Dem Kunden soll somit eine bessere Breitbandversorgung ermöglicht werden. In mehr als eintausend Orten, in denen es bislang noch keinen Zugriff auf das schnelle Internet gibt, soll der Standard bis Jahresende ausgebaut werden. Die Telekom verschafft 500 unterversorgten Gemeinden Zugang zu LTE –  der Netzausbau startet im Osten der Bundesrepublik. „Wir wollen so vielen Bürgern wie möglich einen schnellen Zugang zum Internet bieten. Es geht um die Eintrittskarten für die Gigabit-Gesellschaft. Das tägliche Miteinander basiert immer mehr auf dem Netz und schnellen Verbindungen“, sagt Telekom Vorstandsvorsitzender René Obermann in der Pressemitteilung vom 14. Juni. Eine Anfrage bei der Pressestelle der Telekom ergab, dass es für Storkow bislang keine konkreten Pläne gibt.

Auch die übrigen LTE-Rechteinhaber, wie O2 und Vodafone kündigten kurz nach der Frequenzauktion an, dass sie bist Ende des Jahres 2010 erste regionale LTE-Netze aufbauen. Jedoch hat bis jetzt kein Unternehmen einen Plan für die Anbindung Storkows. Eine Lösung des Problems ist nicht in Sicht. Für Matthias Linke und sein Unternehmen wird der „Eintritt in die Gigabit-Gesellschaft“ noch verwehrt. Der Briefträger bringt auch in Zukunft Rechnungen und die Warenbestellungen fordern weiterhin das Faxgerät heraus.

<h3>Christina Walther</h3>

Christina Walther