Fernsehsendern droht Streit um Titelmelodien

von | 26. Mai 2011

Jede Fernsehsendung hat eine eigene Titelmelodie. Oft sind es nur ein paar Takte, die eine Sendung unverkennbar machen und diese somit hervorheben. Welcher Künstler die Musik jedoch geschrieben hat, ist meist unbekannt. Ein Streit um die Rechte der Komponisten an ihren eigenen Werken ist im Moment am Laufen.

Der Composers Club lässt aktuell prüfen, ob die deutschen Fernsehsender mit den Rechten an ihren Titelmelodien gesetzkonform umgehen. „Wir haben über viele Jahre hinweg beobachtet, dass die Mitglieder vom Composers Club häufig nur einen Auftrag bekommen, wenn sie alle Verlagsrechte abgeben“, sagt der Vorsitzende des Composers Club, John Groves, gegenüber medienMITTWEIDA.

Derzeit ist die gängige Praxis, dass die Komponisten die Rechte an ihren Melodien komplett an die Produktionsfirmen übertragen müssen. Dadurch erhalten sie nur einmal eine Zahlung für ihre Kompositionen – egal, wie oft diese Melodien später benutzt werden. Diese sogenannte Coercion-Praktiken hält der Composers Club für wettbewerbswidrig. „Natürlich können die Sender einen Komponisten nicht zwingen, aber es besteht so eine Art sanfter Zwang, denn das nächste Mal bekommt dann einfach ein anderer den Auftrag. Das ist ein unhaltbarer Zustand“, sagt Groves.

Dieses Problem haben die Künstler allerdings nicht nur in Deutschland. In ganz Europa werden Komponisten dazu aufgefordert, ihre Musikrechte abzugeben. Bei einem Treffen 2010 mit Joaquin Almunia, dem Wettbewerbskommissar der Europäischen Union, hatte John Groves schon einmal auf das Thema aufmerksam gemacht. Bei dem Gespräch wurde über die sogenannte „Zwangsinverlagnahme“ und die damit verbundene Ausbootung der Musikschreiber bei der Filmmusik-Auftragsvergabe in Deutschland und Europa gesprochen. In einem Dossier des Composers Club zeigte John Groves, dass bereits bei 75 Prozent der in Deutschland abgewickelten Fernsehproduktionen die Coercion-Praxis angewendet wird.

„Es wird etwas passieren“

Ohne die abgeschlossenen Verträge im Detail zu kennen, kann über die rechtlichen Konsequenzen, welche die Fernsehsender zu erwarten haben nichts genaueres gesagt werden. Sollte das Urteil des Gerichts jedoch zu Gunsten des Composers Clubs ausfallen, so könnten die Sender bei einem weiteren Verstoß mit Vertragsstrafen bis hin zu Schadensersatzforderungen und Unterlassungsklagen rechnen. Für John Groves ist nur eine Änderung der vertragliche Rahmenbedingungen wichtig. „Ich möchte nur, dass die Sender aufhören. Ich möchte niemanden bestrafen“, betont er gegenüber medienMITTWEIDA.

Die Komponisten sollten nach Groves Ansicht einfach frei wählen können, wer die Vertragsrechte ihrer Werke bekommt. Das ARD-Tochterunternehmen „Bavaria Sonor“ ist derzeit der größte Musikrechteinhaber und steht ebenfalls in der Kritik des Composers Club. Kein Vertreter des Unternehmens wollte sich gegenüber medienMITTWEIDA zu den Vorwürfen des Composers Club äußern. Gegenüber dem Spiegel wies Geschäftsführer Rolf Moser jedoch alle Vorwürfe von sich. Wie die Prüfung des Gerichts ausfallen wird, ist noch ungewissen. „Es muss abgewartet werden was in Europa passiert“, sagt John Groves. „Sicher ist aber, dass etwas passieren wird.“

<h3>Jonna Hoffmann</h3>

Jonna Hoffmann