Schmeißt das Popcorn in die Mikrowelle und wärmt die Käsesoße auf. Es ist Nacho-Time und das bedeutet, wir haben wieder einige Filmhighlights für euch. Noch lassen uns die Streaming- Portale nicht im Stich und liefern einiges an Filmmaterial, mit dem man die Zeit zu Hause überbrücken kann. Bei uns sind dieses Mal dabei: „Die Känguru Chroniken“, „Der schwarze Diamant“ und unser dieswöchiger Hidden Gem (Geheimtipp) „Love Stories – Erste Lieben, zweite Chancen“. Ob die Filme sehenswert sind? Finden wir es heraus.
Frisch, frech und völlig absurd
Aus Marc-Uwe Klings „Die Känguru Chroniken“ hopste im März endlich das lebhafte Känguru aus dem Buch auf die große Leinwand und stand dabei, zumindest bei mir, viel anfänglicher Skepsis gegenüber. Wie soll eine Kurzgeschichtensammlung einen ganzen Film füllen? Eine Frage und zugleich Herausforderung, die von vornherein im Raum stand und leider nicht ganz bis zum Schluss gemeistert werden konnte.
Das Känguru (gesprochen von Marc-Uwe Kling) und der Kleinkünstler Marc-Uwe Kling (gespielt von Dimitrj Schaad) leben auch in der Verfilmung zusammen in einer WG, nachdem das Känguru spontan beschließt, bei Marc-Uwe einzuziehen. Von dort aus versuchen sie durch ihre sogenannten Anti-Terror-Anschläge das geplante Bauprojekt eines rechten Immobilienhais zu stoppen, das halb Kreuzberg durch Neubauten ersetzen soll.
Als Dauergast in den Bestsellerlisten lagen die Erwartungen an die Verfilmung dieser Reihe sehr hoch. Erst ab dem zweiten Teil der Trilogie, welcher „Das Känguru Manifest“ lautet, beginnt sich ein roter Faden durch die Kurzgeschichten zu ziehen. Dies stellt die Umsetzung des ersten Bands in eine Filmadaption direkt vor eine große Herausforderung. Wo soll man anfangen und wie schafft man Zusammenhänge, wo in der Vorlage noch keine existieren? Wie es im Voice-Over zu Beginn so schön gesagt wurde: Sie fangen ganz am Anfang an, nämlich mit der Begegnung vom Känguru und Marc-Uwe. Im Laufe der Handlung werden vor allem Kurzgeschichten der ersten beiden Bücher aufgegriffen und eine neue übergeordnete Geschichte hinzugefügt, um einen typisch dramaturgischen Aufbau zu gewährleisten. Das Neubauprojekt basiert dabei auch auf einer der Kurzgeschichten, lässt jedoch an vielen Stellen den typischen Charme der Geschichte missen. Der Anti-Terror-Anschlag, der das Finale kürt, ist zu durchdacht, zu erfolgreich und nicht halb so chaotisch und witzig wie in der Vorlage.
Zumindest gespart wurde an dem Film aber nicht, denn die Animationen sind insgesamt sehr gut gelungen. Auch der Charakter des Kängurus bleibt gut getroffen, frech und rebellisch, wenn es auch in Auseinandersetzungen oftmals nicht ganz so schlagfertig und clever ist. Marc-Uwe Kling hingegen kommt noch depressiver als in den Büchern daher und verliert einiges an seinem sarkastisch-trockenem Humor, der ihn in der Vorlage so sympathisch machte. Trotz der guten schauspielerischen Leistung von Dimitrj Schaad, kann dieser die Mängel des Drehbuchs nicht ausgleichen. Ihm werden weder aussagekräftige Plotlines gegeben noch wird zugelassen, dass er mehr Ausdrucksstärke durch seine philosophischen und systemkritischen Gedankengänge bekommt, die Marc-Uwe in den Büchern so interessant machen.
Man sollte sicherlich Verständnis für die Anpassungen zeigen, die gemacht werden mussten, um eine Filmumsetzung zu ermöglichen. Doch zu Ende zwingt sich der Film regelrecht, den Ansprüchen des klassischen Kinos zu genügen, anstatt seiner Vorlage selbst treu zu bleiben und auf das zu setzen, was die Leser und Hörer ursprünglich so an der Reihe liebten: Den Witz, die clever geschrieben Dialoge, die Sozialkritik und die Chemie zwischen den beiden Hauptcharakteren.
Von schwarzen Herzen und Diamanten
Adam Sandler steht in Hollywood schon lange nicht mehr für Qualitätskino. Er hält bis heute den unehrenhaften Rekord für die meisten Auszeichnungen mit der „Goldenen Himbeere“. Das Netflix Original „Der schwarze Diamant“ könnte seine Chance sein, seinen schauspielerischen Ruf wiederherzustellen. Im Februar erhielt er für seine Rolle als Howard Ratner bereits eine Nominierung für den „Redeemer Award“ (zu dt. Rehabilitation). Ratner betreibt im New Yorker Diamantenviertel ein Schmuckgeschäft, besucht von Prominenz aus Sport, Film und Musik. Doch Howard weiß mit seinem Geld nicht umzugehen. Er ist spielsüchtig und verpfändet regelmäßig Schmuckstücke von Kunden, um Wetten auf Basketballspiele abzuschließen. So steht er schließlich vor einem riesigen Schuldenberg und wird von Schuldeneintreibern gejagt, die er nicht weiter hinhalten kann. Ein seltener Opal aus Äthiopien scheint seine letzte Hoffnung zu sein. Doch dafür muss er es schaffen, ihn für teures Geld auf einer Auktion zu verkaufen. Das ist schwerer als gedacht.
Adam Sandler und die Goldene Himbeere
Die Goldene Himbeere ist ein Negativpreis, der seit 1980 jedes Jahr kurz von den Oscars an die schlechtesten Filme und Schauspieler vergeben wird. Im Jahr 2012 wurde Adam Sandler für seine Rolle in dem Film „Jack und Jill“ in 10 Kategorien mit dem Award ausgezeichnet und stellte damit direkt einen neuen Rekord auf. Auch die Schauspiel-Legende Al Pacino, der sich in dem Film selbst spielte, blieb nicht verschont. Er gewann den sogenannten „Razzie“ als schlechtester Nebendarsteller.
So gut Adam Sandlers schauspielerische Leistung auch ist, der Charakter, den er spielt, ist unsympathisch und selbstverliebt. Im Großen und Ganzen also, wie es seine Ex-Frau so schön ausdrückt, „der nervigste Mensch, den ich je erlebt habe“. Es ist regelrecht eine Qual, ihm dabei zuzusehen, wie er sich mit seinen schlechten Entscheidungen immer tiefer und tiefer in sein eigenes Verderben hineinreitet. Bis zum Schluss lernt er aber nicht aus seinen Fehlern und zieht auch noch andere in seine Probleme mit hinein. Und wenn ich einen Euro für jedes Mal bekommen würde, wenn Howard während des Films „verfickt“ und „scheiße“ sagt, hätte ich mir nach dem Sehen seinen Opal auch leisten können. Er betrügt seine Frau, beschimpft seine Freundin als Hure und benimmt sich, als könne er sich alles erlauben. Natürlich ist es legitim, einen Protagonisten zu wählen, der den Zuschauern unsympathisch ist, aber der Film gibt uns auch keine Nebencharaktere, die diesen Fakt wiedergutmachen könnten. Davon abgesehen wird es im Verlauf der Handlung so dargestellt, als würden viele seiner Mitmenschen Howard lieben und als Person ehrlich schätzen. Doch man fragt sich warum, denn von seinem angeblichen Charme bekommen wir nichts zu sehen. Das nimmt der Dynamik zwischen einzelnen Figuren die Glaubwürdigkeit genauso wie Howard selbst.
Die Atmosphäre, die durch Musik und Kulissenwahl geschaffen wird, sowie die sehr raue Art der Kameraführung sind die einzigen Elemente, die den Film retten. Sie geben ihm einen qualitativ hochwertigen und kunstvollen Look, mit langen Shots und geladener Musik, die sich durch den gesamten Film zieht und die Spannungskurve zu keinem Zeitpunkt einknicken lässt. Dieses offensichtliche Geschick im filmischen Handwerk ist es auch, was den beiden Regisseuren, den Safdie Brüdern, in der Vergangenheit bereits so viele Preise auf zahlreichen Filmfestivals einbrachte. Doch was andere Kritiker an diesem Film lieben und loben, brachte mich zur Verzweiflung. Die ständige Hektik, die Anspannung, die einfach nicht nachlässt, die szenischen Sprünge von einer katastrophalen Anbahnung zur nächsten. Das Alles macht es unfassbar anstrengend, weiterzuschauen.
Weiterempfehlen würde ich „Der schwarze Diamant“ daher wirklich nur denjenigen, die sich für die cineastische (film-künstlerische, Anm. d. Red.) Seite des Films interessieren. Denn über 145 Minuten ist die Länge deutlich zu spüren . Die Handlung und Charaktere zehren dabei an den Nerven und das nicht im guten Sinne. Man möchte nicht wissen, wie es ausgeht, sondern einfach, dass es endlich vorbei ist.
Hidden Gem: Liebe heißt Veränderung
„Love Stories – Erste Lieben, zweite Chancen“ erschien im Jahr 2012 in den deutschen Kinos, ist derzeit auf Amazon Prime verfügbar und findet trotz namhafter Besetzung kaum noch Beachtung. Die Autorenfamilie Borgens steht hier im Vordergrund, mit dem Vater Bill (Greg Kinnear), der immer noch an seiner Ex-Frau hängt, der Tochter Samantha (Lily Collins), die schon lange nicht mehr an die wahre Liebe glaubt und dem Sohn Rusty (Nat Wolff), ein hoffnungsloser Romantiker, der bis über beide Ohren in seine Mitschülerin verliebt ist. In diesem Drama durchleben die Protagonisten Beziehung und Herzschmerz gleichermaßen und wachsen dabei nicht nur als Familie näher zusammen, sondern auch als Charaktere über sich hinaus.
Was „Love Stories“ so besonders macht, sind hauptsächlich die fantastisch geschriebenen Dialoge. Josh Boone, unter anderem auch Drehbuchautor von „Das Schicksal ist ein mieser Verräter“, ist ein Meister darin, seine Figuren sehr menschlich und glaubwürdig darzustellen. Niemand ist perfekt, jeder der Protagonisten hat seine Schwächen und Fehler. Genau das macht sie jedoch so sympathisch und lässt uns als Zuschauer mit ihnen mitfühlen. Manchmal sind die Interaktionen etwas holprig oder befangen, manchmal aber auch voller Witz und Feingefühl. Natürlich sind hier die Hauptfiguren in ihren Charaktereigenschaften sehr überzogen dargestellt. Sam ist oft extrem zynisch, Rusty extrem unschuldig und naiv und ihr Vater schleicht sich Abends sogar vor das Fenster seiner Ex-Frau, um diese beim Zusammenleben mit ihrem neuen Partner zu beobachten. Dennoch kann jeder Eigenschaften in diesen Figuren finden, mit denen man sich selbst identifizieren kann.
Das Leben läuft nicht immer rund und das spiegelt sich auch in diesem Film wider. Jede Beziehung, die hier thematisiert wird, erlebt im Laufe der Handlung einen eigenen Konflikt. Die Spannungskurve ergibt sich komplett aus dem Wunsch, erfahren zu wollen, wohin sich die einzelnen Charaktere entwickeln werden und ob sie schließlich ihr Glück finden können. Obwohl Liebesfilme schnell auf das Problem stoßen, zu kitschig und emotional zu wirken, wird hier die Stimmung immer wieder mit viel Humor aufgelockert, auf eine sehr intelligente, oft ironische Art und Weise. Mit dem Autoren-Dasein, das die Familienmitglieder untereinander verbindet, wird ein roter Faden geschaffen, der uns durch die Handlung trägt und viele fantastische Plotlines und Voice-Overs mit sich bringt.
Auch nach mehrmaligem Schauen schafft es „Love Stories – Erste Lieben, zweite Chancen“ immer noch, mich für sich zu gewinnen. Sowohl cineastisch als auch schauspielerisch ist der Film authentisch und wunderschön, dennoch wird er häufig übersehen. Daher will ich ihn jedem ans Herz legen, der offen ist für Liebesgeschichten mit viel Herz und Verstand. Manch einen mag der Film vielleicht sogar zu Tränen rühren.
Filmweisheit der Woche
„Ja, das wird das Schreiben wohl sein, das Horchen, nach dem pochendem Herzen. Und wenn wir es hören, ist es unsere Aufgabe, es zu entschlüsseln.“
Bill Borgens („Love Stories – Erste Lieben, zweite Chancen“)
Text: Clara S. Eckhardt, Titelbild: Anton Baranenko, Videos: YouTube/KinoCheck, YouTube/Netlix Deutschland, Österreich und Schweiz, YouTube/Trailer auf Deutsch