Fliegen – ob mit oder ohne Motor

von | 19. September 2010

Wie ein Vogel durch die Lüfte gleiten – über Jahrtausende blieb dieser Menschheitstraum unerfüllt, doch Anfang des 20. Jahrhunderts wurde er Realität: Karl Oskar Ursinus begründete den Segelflugsport und förderte dessen Popularität.

Schon als Kind entdeckte der in Weißenfels an der Saale geborene Ursinus seine Leidenschaft für Fluggeräte aller Art und baute bereits als Zehnjähriger in der väterlichen Werkstatt an einem Gleitflugzeug. Als logische Konsequenz trat der technikbegeisterte Ursinus ein Studium an der Hochschule Mittweida in den Studienrichtungen Maschinenbau und Elektrotechnik an. In seiner Studentenzeit erwarb er mit seinem angeeigneten Wissen Patente für den Tiefbau, unter anderem das des Diamantbohrers für Tiefbohrungen.

In seiner Freizeit widmete er sich weiterhin der Fliegerei. Als Ursinus 1908 eine Flugvorführung der Gebrüder Wright besuchte, stellte dies einen Wendepunkt in seinem Leben dar. Fortan war er fest dazu entschlossen, sich noch intensiver der Flugkunst zu widmen. Da sich in Deutschland aber zu dieser Zeit nicht viel auf diesem Gebiet tat, gründete Ursinus 1908 die weltweit erste Flugsportzeitschrift für ballonfreie Flugmaschinen namens „Flugsport“.

Die Anfänge des Segelflugsports

In den folgenden Jahren gründete Ursinus den „Frankfurter Flugtechnischen Verein“, sowie den „Verband Deutscher Modell- und Segelflugvereine“. Durch Studenten der Technischen Hochschule Darmstadt, mit denen er zusammen an Flugkonstruktionen arbeitete, kam in dieser Zeit der Kontakt zu seiner späteren Wirkungsstätte, der Wasserkuppe an der Rhön zustande. Dort führte Ursinus im selben Jahr seine ersten Gleitversuche durch, die bereits eine Weite von bis zu 150 Metern erreichten. Er setzte sich auch vermehrt für den Bau von Wasserflugzeugen ein und organisierte Treffen in Warnemünde. Als 1914 der Erste Weltkrieg ausbrach, wurde Ursinus zum Aufbau der Luftwaffe verpflichtet. Daraufhin entwickelte er einen der ersten Bomber, den „Gotha G. I“, sowie verschiedene Jagdflugzeuge.

Als die Siegermächte am Ende des Krieges ein allgemeines Flugverbot für motorisierte Flugzeuge in Deutschland verhängten, war dies ein herber Rückschlag für das Flugwesen und besonders für Ursinus. Doch es stellte auch eine Chance für den, damals zumeist als Spielerei betrachteten, Segelflug dar. Getreu dem Motto: „Wenn wir nicht Motorfliegen dürfen, dann fliegen wir eben ohne Motor“ erkor Ursinus die Wasserkuppe zum Segelsportzentrum aus. 1920 organisierte Ursinus den ersten Rhön-Wettbewerb und etablierte den Gleitflug in der Region. Dies brachte ihm neben der Anerkennung der Presse als „Förderer der Fliegerei“ auch seinen Spitznamen „Rhönvater“ ein. Mit Hilfe des noch immer von ihm geführten Magazins „Flugsport“ mauserte sich der Rhön-Wettbewerb in den folgenden Jahren zu einem internationalen Großereignis, was auch dazu führte, dass Ursinus bald weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt war.

Zwischen Unterdrückung und Entwicklung

Im Jahr 1933 lehnte er ein Angebot der NSDAP-Führung ab, die ihn als Flugoffizier in ihre Dienste stellen wollte. Auch wollte er den „Flugsport“ nicht den Nazis unterstellen. Bis 1945 fielen zwei seiner drei Söhne und seine einzige Tochter wurde interniert. 1944 wurden viele seiner Unterlagen zerstört und er musste die Herausgabe des „Flugsports“, die er 36 Jahre lang aufrechterhalten hatte, einstellen. Die Fliegerei wurde nach dem Krieg erneut verboten und die durchgeführte Währungsreform brachte ihn zudem um seine Ersparnisse, woraufhin er gezwungen war, zusammen mit seinem Sohn Hand- und Buffetwagen zu konstruieren.

Bevor er 1952 im Alter von 74 Jahren verstarb, konnte er allerdings noch den Wiederaufstieg seines Segelsports miterleben. Viele Flugvereine tragen heute noch seinen Namen, um ihn in Ehren zu halten. 1968 wurde die Oskar-Ursinus-Vereinigung gegründet, die sich zum Ziel gesetzt hat, den Eigenbau von Flugzeugen ganz in seinem Sinne zu fördern.

<h3>David Maerkisch</h3>

David Maerkisch