Youthvision Song Contest

Franziska singt für Deutschland

von | 15. Juni 2018

Youthvision: Unsere Hochschule war dieses Jahr ein Teil davon. Ein Interview über den Contest, die Stadt und verschiedene Mentalitäten.

Gestern noch in Baku, heute wieder in Mittweida: Franziska Hellriegel kommt momentan nicht zur Ruhe. Neben ihrem Medienmanagement-Studium und Hochschulprojekten hat sie noch eine große Leidenschaft: die Musik. Von klein auf liegt ihr das Singen am Herzen. Bis heute hat sich daran nichts geändert. Egal, ob zu Hause vor dem Spiegel, in Musikvideos oder beim Hochschul-Musical „Dracula“ – Franziska nutzt jede Gelegenheit, um mit Ihrer Stimme zu verzaubern. Beim Youthvision in Baku vetrat die Mittweidaer Studentin Deutschland.

Youthvision  – Das ist ein internationaler Gesangswettbewerb für Studenten nach Prinzip des Eurovision Song Contests. Er findet jedes Jahr in Baku statt. Sein Ziel ist es,  junge Talente zu entdecken, zu unterstützen, und gleichzeitig internationale Beziehungen zu fördern. Unter den 23 Talenten durfte in diesem Jahr Franziska mit dem Song „Friends“ von Marshmello & Anne-Marie am 25. Mai für Deutschland starten. Zurück in Mittweida berichtet sie vom Contest, von Aserbaidschan und den Menschen, die sie in Baku traf.

Franziska, wie liefen deine sechs Tage in Baku ab?

Ich habe viel erlebt  –  besonders mit den anderen Teilnehmern. Die Tage waren insgesamt sehr lang und vollgepackt. So hatten wir am ersten Tag direkt ein „Recording“ – eine Aufnahme von der Hymne Aserbaidschans, die so geschnitten wurde, dass jeder Künstler einen Satz singt. Das war das erste Mal, dass ich die anderen Beteiligten kennenlernte. Es hat mir großen Spaß gemacht und viel gebracht, da ich mir ein Bild von ihnen machen konnte.

Was war dein Eindruck vom Youthvision in Baku und wie zufrieden bist du mit dem Ergebnis?

Wenn ich zurückblicke finde ich, dass es jeder der Teilnehmer verdient gehabt hätte, zu gewinnen. Aber das geht ja nicht. Den ersten Platz hat dann Uganda bekommen – ein Mädchen namens Esther, der ich es sehr gönne, weil sie neben ihrer tollen Musik auch eine unglaublich nette Ausstrahlung hat. Ich habe leider nur den 18. Platz belegt. Natürlich habe ich vorher schon darüber nachgedacht, wie der Wettbewerb ausgehen und wie weit vorne ich landen könnte. Ich bin erst einmal froh, nicht auf den letzten Platz gelandet zu sein. Das war dann Ungarn. Aber eigentlich war das aufgrund der Leistung auch gar nicht gerechtfertigt.

Wie kam die Hochschule zum Youthvision?

Die Hochschule Mittweida pflegt seit Längerem Partnerschaften zu anderen Universitäten und Hochschulen in osteuropäischen Ländern. Dadurch konnte der Studentenrat Kontakt zu den Veranstaltern des Youthvision herstellen und die Teilnahme am Contest ermöglichen.
Wie uns der Studentenrat mitteilte, möchte die Hochschule die Gelegenheit des Austausches zu anderen Teilnehmern nutzen. Es ist eine Chance, ein Umdenken bezüglich politischer und gesellschaftlicher Prozesse in Ländern wie Aserbaidschan anzuregen, in denen demokratische Strukturen nicht immer gegeben sind.

In diesem Jahr gewann Esther Ariho aus Uganda mit „We found love“ von Rihanna den Youthvision. Foto: Franziska Hellriegel
Was hast du in dem Moment gefühlt, als du dein Lied auf der Bühne gesungen hast?

Es war ein überwältigendes Gefühl. Als ich angefangen habe zu singen, haben die Leute gejubelt und sich gefreut, dass ich da bin. Diese Stimmung habe ich noch nie erlebt. In diesem Moment war ich die Verbindung zwischen den anderen Menschen und der Musik. Das habe ich sehr genossen. Das Publikum, mit vielleicht 2.000 Leuten, war eine große Unterstützung und ich war während des Auftrittes komischerweise viel weniger aufgeregt als bei den Proben. Obwohl mein größtes Publikum zuvor nur halb so groß war. Was mir auch sehr geholfen hat: Meine Eltern waren in Baku dabei und haben mich unterstützt.

Welche Kontakte konntest du in Baku knüpfen?

Ich habe viele Sänger und Musiker, aber auch ganz normale Aserbaidschaner kennengelernt. Unter den 23 Nationen waren viele Künstler aus dem arabischen und osteuropäischen Raum – das war wirklich spannend. Ich würde nicht einfach so in diese Länder reisen, gerade wegen der politischen Lage. Deshalb fand ich es umso interessanter, Menschen aus diesen Ländern kennenzulernen. In Baku waren alle sehr nett und hilfsbereit. Ich konnte für mich die Erfahrung machen, dass das ganz normale Leute sind, die nur aus einem, für uns vielleicht schwierigen, Land kommen. Der Zusammenhalt bei einem solchen Wettbewerb kann sehr groß sein, auch wenn die Nationen komplett unterschiedlich sind. Und wer weiß, vielleicht ergeben sich durch die ganze Zeit auch neue Projekte.

Wer war der spannendste Mensch, den du in Baku getroffen hast?

Das war die italienische Sängerin. Nach außen hin wirkte sie sehr gelassen und hat sich durch nichts aus der Ruhe bringen lassen. Als ich aber mit ihr ins Gespräch kam, habe ich festgestellt, dass sie auch Selbstzweifel hat. Sie hat mir erzählt, dass sie eigentlich nicht so kalt und locker, sondern lieber herzlicher und offener wäre.

Wenn du auf deine Reise nach Aserbaidschan zurückblickst – wie beschreibst du das Land in drei Worten?

Architektur: Baku ist architektonisch eine schöne Stadt und hat mich sehr begeistert.

Hilfsbereit: Die Aserbaidschaner sind immer sehr freundlich, zuvorkommend und fürsorglich.

Positiv: Baku ist für Touristen sehr schön. Ihr ganzes Wesen, die Architektur und die Menschen, denen man auf der Straße begegnet, strahlen eine positive Aura aus. Leider ist das Land hinsichtlich der politischen Lage nicht immer positiv.

Aserbaidschan ist längst nicht so demokratisch wie Deutschland. Inwieweit hast du davon etwas mitbekommen?

Ich habe im Hintergrund mitbekommen, dass in Aserbaidschan vieles mit Beziehungen zusammenhängt und auch einiges davon abhängt, welche Position du in einer Organisation hast. Mehr Informationen habe ich leider nicht bekommen. Wir hatten auch nur einmal ein paar Stunden Zeit für Sightseeing in der Stadt.

Was war das Witzigste, das du erlebt hast?

Wir mussten oft über die Art der Aserbaidschaner lachen. Die Organisatoren waren richtig nett, hilfsbereit und witzig. Aber sie haben kein Zeitgefühl. In der einen Nacht hatten sie uns geschrieben, dass wir am nächsten Morgen bitte pünktlich um 11 Uhr am Hotel abfahren wollen. Wir Deutschen haben rechtzeitig gefrühstückt und waren pünktlich da. Gegen 11.45 Uhr kamen die ersten und mussten noch etwas essen, sodass wir erst um 12 Uhr losfahren konnten. Dann ging die Hektik los, alle machten Stress. Wir dachten uns aber, dass es nun egal ist, da wir sowieso zu spät sind. Das war am Ende ein Running Gag.

Du hast sicher viele Erfahrungen gesammelt: Wie prägend wird die Reise für deine Zukunft sein?

Zum einen habe ich mehr Mut bekommen. Andere machen genau dasselbe wie ich, trauen sich aber mehr und stehen häufiger in der Öffentlichkeit. Und ich konnte auch wieder näher zur Musik kommen. Ich habe mehr Lust bekommen, etwas Eigenes zu machen, auch wenn es erst einmal nur für mich ist. Mit einem Freund zusammen produziere ich öfter Musik. Ich würde gerne mehr Kraft hinein stecken und mehr Projekte machen.

Nach Baku Lust auf mehr: Franziska möchte in Zukunft noch stärker an ihrer Musik arbeiten. Foto: Franziska Hellriegel
Text: Annegret Pollack, Fotos: Franziska Hellriegel, Sara Eidt
<h3>Annegret Pollack</h3>

Annegret Pollack