Eine Frau zu sein, ist teuer – nur weil Produkte für Frauen pink, anstatt blau verpackt sind. Der Inhalt ist so gut wie identisch. „Pink Tax“ findet man beispielsweise bei Frisierangeboten und Textilreinigungen. Aber nirgendwo zahlen Frauen mehr drauf, als bei Hygieneartikel.
Dies ist oftmals unvermeidbar und kann vor allem kostspielig werden.
Der Überbegriff hierfür ist: „Gender Pricing“, was grundsätzlich bedeutet, dass der Preis abhängig vom Geschlecht gesetzt wird. Das Resultat dieser Preisdifferenzierung, dass Frauen mehr zahlen müssen als Männer, nennt sich „Pink Tax”.
Meist heranwachsende Frauen sind von der „Pink Tax“ betroffen. Sie sind anfangs oft ahnungslos darüber, dass sie wohlmöglich unnötig mehr bezahlen. Eine von ihnen ist Anna (20). Ihr ist erst seit zwei Jahren aufgefallen, dass viele Frauenprodukte teurer sind, als das Äquivalent für Männer. Besonders wenn man als werdende Frau, das Bedürfnis hat sich zu rasieren und beginnt Rasierer zu kaufen, hat Anna wie selbstverständlich zuerst zum „pinken“ Produkt gegriffen. Vor allem durch Werbung wurde ihr suggeriert, dass es für Frauen spezielle Rasierer gibt, die ganz genau auf ihre Bedürfnisse angepasst sind. „Man wird als Konsumentin oft mit super weichen Rasiergelkissen mit besonderen Extrakten, die gut für Haut sein sollen, angelockt. Auch damit, dass es mit einer speziellen Innovation oder Technologie fast unmöglich ist sich zu schneiden. Was meiner Meinung nach Irrsinn ist.“ Als Jugendliche, die nicht alles hinterfragt, hat Anna es natürlich geglaubt und ist nicht davon ausgegangen, dass es wahrscheinlich zwischen Frauen- und Männerrasierer kaum Unterschiede gibt.
Wie unser Geschlecht den Preis bestimmt
Die bundesweit erste Studie der Antidiskrimierungsstelle des Bundes zur „Preisdifferenzierung nach Geschlecht“ aus dem Jahr 2017, bestätigte, dass es bei Dienstleistungen für Frauen Preisunterschiede gibt. Es wurden dabei 381 Dienstleistungen untersucht. Bei knapp 59 Prozent konnte ein Preisunterschied mit der Beanspruchung dieser, bei Frauen und Männern festgestellt werden. Hierbei wurden vor allem Preisdifferenzierungen im Reinigungs- und Friseurgewerbe untersucht. Bei Kurzhaarfrisuren müssen Frauen im Durchschnitt 12,50 Euro mehr bezahlen, als Männer. Bei Standard-Kurzhaarfisuren bieten rund 90 Prozent der untersuchten Friseure und Friseurinnen grundsätzlich unterschiedliche Preise für Frauen und Männer an. Genau so verlangen ein Drittel der Reinigungen abweichende Preise für Frauenblusen und Herrenhemden. Im Durchschnitt bezahlen Frauen sogar 1,80 Euro drauf.
Laut der Verbraucherzentrale Hamburg sollten Frauen beim Kauf von Deo, Parfüm, Rasierer und Rasiergel in der Drogerie genauer hinsehen. Deren Recherche ergab, dass Produkte einer selben Marke für Frauen teurer sind als für Männer. Durchschnittlich müssen Frauen für Duschschaum bis zu 90,8 Prozent und bei Einwegrasierern 27,3 Prozent mehr zahlen. Denn beispielsweise bei Parfüm beträgt der Preisaufschlag 54,8 Prozent. In der PULS Reportage: „Pink Tax: Zahlen Frauen mehr als Männer?” meinte Armin Valet von der Verbraucherzentrale Hamburg: „Man weiß[…], dass Frauen bereit sind mehr zu bezahlen und es ist die Kunst eines Händlers, den Preis, der bereit ist bezahlt zu werden, aufzurufen.
Durchdachte Marketingstrategie
Die Händler sorgten dafür, dass den Verbraucherinnen und Verbrauchern der Preisunterschied gar nicht auffällt. In Drogerien sind meist getrennte Regale für beide Geschlechter aufgebaut. So vergleichen die Käuferin oder der Käufer nur die Produkte in „ihrem“ beziehungsweise „seinem” Regal.
Meist erscheinen Männerprodukte auf den ersten Blick sogar teurer. Der unterschiedliche Preis fällt erst auf, wenn man sich den Preis pro 100 Milliliter oder pro Stück anschaut. Ein Beispiel
hierfür wären die Einwegrasierer von Balea aus einer Stichprobe der Verbraucherzentrale Hamburg 2017. Die Rasierer kosten pro Packung für Männer 1,25 Euro und die rosa Variante kostet für Frauen 0,85 Euro. Jedoch bekommen Männer bei dem Kauf dieser Packung 10 Rasierer und Frauen lediglich die Hälfte, was einen Stückpreis von 0,13 Euro für einen blauen und 0,17 Euro für einen rosa Rasierer ergibt. Die Verbraucherinnen zahlen hier einen Aufschlag von 36 Prozent.
In der PULS Reportage wird aufgezeigt, dass ein Deo von James Bond für Männer 5,97 Euro pro 100 Milliliter kostet und für Frauen 66,5 Prozent mehr, was einen Preis von 9,93 Euro ergibt.
Preis doch gerechtfertigt?
Bei Pflegeprodukten stellt sich die Frage, ob die Preisunterschiede doch gerechtfertigt sind, aufgrund der unterschiedlichen Inhaltsstoffe. In der PULS Reportage ist der Chemiker Prof. Dr. Heinz Langhals der LMU München diesem Thema auf den Grund gegangen. Es können nicht bei allen Produkten alle Kosten aufgeschlüsselt werden. Denn in den meisten Fällen ist die Reinheit der Stoffe nicht angegeben und auf einigen Düften könnten Lizenzgebühren anfallen, meint Langhals. Bei dem Vergleich zweier Rasierschäume von ISANA für beide Geschlechter ist aufgefallen, dass viele Inhaltsstoffe gleich sind, aber andere Hautschutzmittel und Farbstoffe verwendet wurden. Dies rechtfertigte aber nicht den Preisunterschied von über 20 Prozent. Danach wurde das James Bond Deo für die Frau und den Mann auf seine Inhaltsstoffe untersucht und überprüft, ob der Preisaufschlag von über 66 Prozent angemessen ist. Schlussendlich haben laut Langhals beide Produkte die gleichen Inhaltsstoffe, bis auf einen Duftstoff im weiblichen Deo – Zimtaroma – was jedoch keinen Preisaufschlag rechtfertigt.
Gender Pricing umgehen
Doch was kann man als Frau tun, wenn man nicht unnötig mehr bezahlen möchte? Da gibt es zwei mögliche Wege. Zum einen können die Verbraucherinnen die Produkte für das andere Geschlecht kaufen. Da sich Produkte wie Rasierer oder Rasiergel von den Inhaltsstoffen kaum unterscheiden, kann auch zum günstigeren Produkt gegriffen werden, wenn sie den Bedürfnissen der Käuferinnen entsprechen. Ein anderer Weg wäre, sich bei den Herstellern oder Händlern direkt zu beschweren. Jedoch gibt es keine gesetzliche Grundlage, die die Konzerne in ihrer Preispolitik eingeschränkt, weshalb fraglich ist, ob diese Beschwerde letztendlich Wirkung zeigen würde.
Seitdem Anna bewusst ist, dass sie als Frau mehr bezahlen muss, hat sie ihr Kaufverhalten teilweise umgestellt. Momentan kauft sie Männerrasierer, da sie laut Anna „sogar besser und gründlicher rasieren, länger halten und die Ersatzklingen bei weitem günstiger sind“. Außerdem greift sie auch zu einem Männer-Rasiergel, da sie den herben, männlichen Geruch für den kurzen Moment nicht als störend empfindet und er nach dem Duschen wieder verfliegt. Nur bei Parfüm und Deos nimmt sie die weibliche Variante, da ihr der dauerhafte maskuline doch nicht zuspricht.