Freikarten statt Vorpremiere

von | 17. Dezember 2009

Die Vorpremiere von Avatar in 3D musste wegen eines fehlenden Softwareschlüssels in 47 deutschen Kinos abgesagt werden. Darunter auch das Chemnitzer Kino.

Die Vorpremiere sollte etwas Besonderes werden. Vor dem Kinosaal 8 boten zwei Schauspieler als „Na’vi“, dem Naturvolk aus Avatar, verkleidet einen ersten Vorgeschmack. Das Publikum scheute sich nicht, fütterte sie und verteilte Streicheleinheiten. Schnell wurde jedoch das Interesse auf die 3D-Brillen gelenkt, die direkt am Eingang für einen Euro verkauft wurden. Im Kinosaal angekommen hieß es erst einmal warten und die neue Brille auspacken. Das Design ist sehr schlicht und wirkt etwas altmodisch, sitzt jedoch bequem und kann auch über der Brille getragen werden, wie einige von medien-mittweida.de befragte Besucher bestätigten.

Entspannte Atmosphäre, selbst sieben Minuten nach offiziellem Vorstellungsbeginn als der Leiter des Kinos Bernd Karnatz ankündigte, dass es „technische Probleme“ gibt. Er vertröstete die Kinogäste, noch bis nach der Kinowerbung zu warten, um so mehr Zeit zu haben, das Problem zu beheben. Die Werbung lief noch klassisch in 2D und doch setzte ich für einen ersten Test die Brille auf. Natürlich gab es keinen 3D-Effekt zu sehen, allerdings spiegelten sich die Lichter hinter mir in der Brille. Daher mein Rat an alle, die im Parkett letzte Reihe sitzen wollen: Lieber einen Platz weiter vorne suchen oder tief in den Sitz versinken. Nach der Werbung die große Enttäuschung bei allen Besuchern. Bernd Karnatz musste die Vorstellung absagen und versprach neue Kinokarten oder Geld zurück.

Die Ursache dafür liegt laut Bernd Karnatz nicht an der neuen Technik, sondern bei der Verleihfirma, welche dem zum Abspielen der Filme benötigten Freischaltschlüssel per E-Mail an die Lichtspielhäuser in ganz Deutschland versendet. Dieser Versand schlug fehl, sodass nicht nur das Chemnitzer Kino die Vorstellung absagen musste. Bundesweit waren davon 47 weitere Kinos betroffen.

3D-Häppchen zum Testen

Um doch noch den Genuss von 3D zu bieten, wurden 3D-Trailer von verschiedenen Filmen abgespielt. Der räumliche Effekt ist sehr überzeugend, wenn auch ein etwas zitteriger Eindruck bei sehr actionreichen Sequenzen entstand. Technisch bedingt ist das Bild dunkler als bei „normaler“ 2D-Projektion, doch die Farben sind sehr natürlich. Da von CineStar Technik der Firma RealD verwendet wird, ist es möglich seinen Kopf zu neigen ohne den 3D-Effekt zu verlieren.

RealD steht auch groß auf der Verpackung der Brillen, eine Firma, die derzeit stark von dem 3D-Boom profitiert und eine der vielen technischen Lösungen für die räumliche Darstellung bereitstellt. Kritiker stehen der aktuellen Welle jedoch skeptisch gegenüber und verweisen dabei auf die letzte große Euphorie rund um 3D. Damals sahen die Kinobetreiber ihre Existenz durch neue Fernsehgeräte in den heimischen Wohnzimmern gefährdet. Heute sind es immer besser werdende Heimkinoanlagen und Downloads aus dem Internet.

Aus Fehlern gelernt

Der letzte Boom von dreidimensionalem Kino liegt inzwischen ein halbes Jahrhundert zurück. In gerade mal zwei Jahren von 1953 bis 1954 wurden über 40 Filme in 3D produziert, mehr als in den gesamten nachfolgenden 50 Jahren zusammen mit knapp 30 Filmen. Sonderproduktionen und Kurzfilme, welche beispielsweise in vielen IMAX-Lichtspielhäusern liefen, nicht mitgerechnet. Gründe dafür waren die komplizierte und teure Technik, die sich in den Kinos nur schwer durchsetzte und die fehlende Akzeptanz der nötigen Brillen bei den Kunden, welche zudem auch noch sehr schnell die Lust an 3D verloren hatten. Viele Besucher beklagten sich damals über Kopfschmerzen, wofür die Analogtechnik und die damit verbundenen „hüpfenden“ Bilder als Übeltäter genannt wurden.

Heute ist das ganz anders, ist sich die Branche einig. Dank digitaler Projektionstechnik, einem auf 3D erweiterten digitalen Kinostandard, im Vergleich zur Analogtechnik günstigeren Anschaffungspreis und leichtere Handhabung, soll sich 3D zu einer bleibenden Darstellungsform etablieren. Bis es soweit ist, müssen viele Kinos noch nachgerüstet werden. Solch eine Umrüstung eines Saals auf 3D schlägt laut Golem bei der CineStar-Gruppe mit durchschnittlich 140.000 Euro zu Buche. Die hier eingesetzte Real-D-Technologie benötigt eine spezielle und sehr teure mit Silber beschichtete Leinwand, einen digitalen Projektor und einen Filmserver, der die Daten bereitstellt. Ob sich die aufwendigen Aufrüstungen lohnen, wird sich zukünftig erst zeigen müssen.

<h3>Marcus Koerbs</h3>

Marcus Koerbs