Was, wenn man mit Facebook unzufrieden ist, aber dennoch nicht auf Social Media verzichten möchte? medienMITTWEIDA stellt Alternativen vor, die bislang in Deutschland noch eher unbekannt sind.
Erst Anfang des Jahres wurden die Nutzungsbedingungen von Facebook geändert. Seitdem sind laut FOCUS Online die Userzahlen der weltweit größten Social Media-Plattform mit rund 1,3 Milliarden Mitgliedern rückläufiger als je zuvor. Vielen Nutzern gehe laut dem PC-Magazin der Datensammelwahn zu weit. Gleichzeitig melden sich auch immer mehr Jugendliche ab. Grund dafür: Sie fühlen sich ertappt, wenn plötzlich auch Erwachsene und Eltern im Netz mitmischen.
Laut Social Media-Experte Hendrik Unger, Kopf der Kölner Onlinemarketingagentur „netspirits„, der medienMITTWEIDA zum Interview bereitstand, kommt es zu einer Verlagerung der Nutzerschaft auf demografischer Ebene. Dieser Vorgang, sowie Änderungen in den AGB und Richtlinien sowie die stetig zunehmende Werbung, lassen immer mehr User nach Alternativen suchen. Und der Markt für neue Kommunikationsplattformen boomt. medienMITTWEIDA stellt zusammen mit Hendrik Unger vier „Newcomer“ vor.
Keine Daten, keine Werbung
Anfang 2014 wurde „Ello“ laut SPIEGEL ONLINE als Social Media-Plattform „aus dem Nichts“ gegründet. Das Besondere dabei: Seitdem schwören die Betreiber darauf, keinerlei Daten über Nutzer zu verkaufen beziehungsweise gänzlich auf Werbung zu verzichten. Der Nutzer solle nicht das Produkt sein, das verkauft werde. Hendrik Unger hält Ello für eine ernstzunehmende Alternative, macht aber auch deutlich das aufstrebende Plattformen wie diese es nicht leicht haben.
Hendrik Unger
„Hier bilden sich regionale oder themenspezifische Nutzergruppen, mit denen nicht jeder Neu-User direkt identifizieren kann.“
Dem Nutzer bietet Ello ein schlichtes Design und keinen Klarnamenzwang. So können auch Künstler- oder Fantasienamen verwendet werden. Zur Zeit ist die Plattform noch ausschließlich über die Einladung eines anderen Mitgliedes zu erreichen, das hält den Kreis der Nutzer eher gering.
Schnappschüsse mit anderen Teilen
„Eye EM“ orientiert sich an der zu Facebook gehörigen Fotoplattform Instagram. Die derzeit, laut webmagazin knapp zehn Millionen User, können per Smartphone Bilder aufnehmen, die automatisch mit Angaben zu Ort, Thema oder auch Veranstaltung versehen werden. Gleichzeitig analysiert die App die eigenen Angaben, filtert so Interessen und zeigt so andere Accounts auf die zum eigenen Stil passen könnten. Mit wenigen Klicks ist es ebenso möglich sich mit anderen bekannten Plattformen zu verbinden. Fotoliebhaber werden vor allem an den rund 20 Filtern viele Bearbeitungsmöglichkeiten finden. Laut Hendrik Unger sei es eine gute Alternative, die momentan aber noch nicht das gesamte Leistungsspektrum von Facebook abdecke.
Das Augenmerk liegt auf dem mobilen
„Path“ wird vom PC-Magazin als „Facebook mit mehr Übersicht“ bezeichnet. Den rund 20 Millionen Usern ist es wie beim Original möglich, einen Status, Ort und Fotos zu veröffentlichen. Gleichzeitig können Musik und Filme einfach geteilt werden. Mit den Freunden, deren Anzahl auf 150 begrenzt ist, kann bequem über die moderne App gechattet werden. Der Blogger Hans Bürger kritisiert auf seinem Blog, dass durch Facebook ohnehin ein falsches Bild von „Freunden“ verbreitet werde. Dort würde man jede Anfrage annehmen, auch wenn sie eigentlich nicht zum Freundeskreis gehören. Die Begrenzung von Path bietet hier eine ernst zu nehmende Alternative. Bislang gibt es bei Path außerdem keinerlei Werbung. Wer möchte, kann mit seinem Account bei anderen Diensten wie Facebook und Instagram andocken und sie miteinander verknüpfen. Laut dem Wall Street Journal wuchs die Anzahl der Nutzer von Path bereits 2013 um eine Million Nutzer wöchentlich. Vor allem im englischen und asiatischen Raum sei die App besonders beliebt.
Mit dem Alltag Geld verdienen
In den USA ist „Pheed“ bereits eine Branchengröße und orientiert sich laut einem Bericht der Uni Flensburg am Prinzip YouTube. Nutzer können derzeit noch nur per Apple iOS Texte, Bilder und Videos teilen. Das Besondere: Liveübertragen aus dem Leben der User können mit vielen Zugriffen und Klicks sogar Geld einbringen. Beim Übertragen von beispielsweise Konzerten ist es aber immer wichtig, auf die Urheberrechte zu achten. Laut dem PC-Magazin streamen in den USA vor allem prominente Nutzer, die ihren Alltag mit den Fans teilen. Bezahlt werden kann monatlich oder über „Pay per View“. Über häufige Streams könnte sich durchaus auch der Geldbeutel freuen.
Hendrik Unger
„Wer sich überlegt in einer Facebook-Alternative ebenfalls zu ’socialn‘, sollte vorher schauen ob die angemeldeten User mit den eigenen Erwartungen deckungsgleich sind.“
Instagram und WhatsApp gelten nur bedingt als Alternativen, da sowohl das Fotosharing-Netzwerk als auch der Messenger zu Facebook gehören und ähnliche Nutzungsbedingungen haben. Wie das Online Magazin t3n berichtet ist aber auch klar, wer wirklich mit Freunden kommunizieren will und in verschiedenen Bereichen auf dem neusten Stand sein möchte, der wird bei Facebook am ehesten fündig. Der Nachteil fast aller von medienMITTWEIDA vorgestellt Alternativen liegt darin, dass diese keinesfalls alle Funktionen oder so viele Mitglieder wie bei Facebook vereinen können. Den Alternativen fehlt es in Deutschland aktuell noch an Nutzern.
Hendrik Unger
„Grundsätzlich gilt: Social Media-Netzwerke laufen richtig rund und machen Spaß wenn die eigenen Freunde, Bekannte aus der eigenen Region, spannende Kontakte oder Stars und Sternchen ebenfalls dort angemeldet sind.“
Den funktionalen und thematischen Einschränkungen bei alternativen Sozialen Netzwerken sollte man sich dennoch immer bewusst sein. Wer seinen Facebook-Account aufgeben will, muss leider auch Abstriche machen.
Text: Daniela Möckel. Beitragsbild und Bearbeitung: Christine Wolf. Bild: Hendrik Unger.