Es ist Sonntag – Adventssonntag und die meisten Berliner haben sich daran gewöhnt auch an diesen Sonntagen einkaufen gehen zu können. Der erste Senat des höchsten deutschen Gerichts entschied am 1. Dezember, ob Läden und Geschäfte weiterhin an allen Adventstagen geöffnet werden dürfen. Geklagt haben die evangelische und katholische Kirche Berlin. Doch die Entscheidung ist nicht nur für Berlin relevant, sondern für alle 16 Bundesländer.
Bisher kann am Tag der Ruhe in Deutschland vereinzelt eingekauft werden. Wie oft die Läden an Sonntag geöffnet haben dürfen, ist seit 2006 Angelegenheit der Bundesländer. Die Glaubensvertreter sehen aber bei Ladenöffnungen an Sonntagen einen Widerspruch im Grundgesetz. Denn im Artikel 140 Grundgesetz, Artikel 139 der Weimarer Reichsverfassung heißt es: „Der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage bleiben als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung gesetzlich geschützt.“ Die Verfassungsrichter müssen entscheiden zwischen Konsum und Kircheninteresse. Aber gilt der Sonntag allein den Kirchen? Teilweise schon. Denn historisch gesehen gilt der Sonntag als Tag der Arbeitsruhe, der seinen Ursprung von Kaiser Wilhelm II. in der Gewerbeordnungsnovelle von 1891 erhalten hat. Der Sonntag gilt für die Religion als Tag des Herrn. Dieser Tag wird somit von den Kirchen als wöchentlicher Feiertag genutzt, um in Bekenntnisstätten den Gottesdienst zu feiern.
Sonntag als Ruhetag, nicht als Arbeitstag
Doch sollte auch beachtet werden, dass es Schichtarbeiter gibt, die nicht an jeden Sonntag ihre Ruhe finden, weil diese in einer großen Halle in Fließbandgeschwindigkeit zum Beispiel Apfelkuchen herstellen müssen. Betriebswirtschaftlich gesehen, kann die Kirche auch nicht fordern Maschinen einen ganzen Tag außer Betrieb zu lassen und die Produktion zu unterbrechen. Auf der anderen Seite stellt sich aber die Frage, ob durch die Ausweitung der Öffnungszeiten die Geschäfte einen höheren Umsatz erzielen können oder ob nur eine Umsatzverschiebung stattfindet. Lohnt sich der verkaufsoffener Sonntag? Durch den weiteren geöffneten Tag entsteht eine größere Ausgabe an Personal und Nebenkosten. Zudem müssen die Arbeiter mehr Zeit für das Geschäft aufbringen. Das sind Sonntage, die sonst genutzt werden, um mehr Zeit mit Familie und Freunden zu verbringen – der eigentliche Ruhetag.
Vor allem wird doch gerne an Adventssonntagen die Ruhe genutzt, um die gemütliche vorweihnachtliche Zeit zu genießen, zum Beispiel mit Kindern Plätzchen und Lebkuchen backen. Natürlich ist es schön mit der Familie gemeinsam durch die Geschäfte zu bummeln und das besondere Programm der Center zu genießen. Aber durch die meiner Meinung nach oft vorhandene Kaufzurückhaltung ist es auch nur ein sonntäglicher Spaziergang – nur zwischen Regalen und Produkten. Wenn in immer mehr Branchen sonntags regelmäßig gearbeitet wird, wäre es möglich, dass der Sonntag als arbeitsfreier Tag zur Entspannung und als gemeinsamer Familientag verloren geht. Der Tag der Ruhe, der nach sechs Tagen Arbeit notwendig ist. Zudem würde es den Anschein haben, dass das ganze Leben der Menschen immer mehr der Wirtschaft untergeordnet wird.
Der erste Senat des Bundesverfassungsgerichts entschied, dass das Berliner Ladenöffnungsgesetz bis zum 31. Dezember 2009 noch anwendbar ist. Ab nächstes Jahr dürfen nicht mehr an allen vier Adventstagen Läden und Geschäfte geöffnet werden. Das Urteil räumt somit einen hohen Stellenwert für den Ruhetag ein. Nicht der Kommerz hat Priorität sondern die Ruhe.