Aufgewachsen in Frankfurt an der Oder begann Neumann seine technische Laufbahn zunächst mit einer Lehre zum Automechaniker, bevor er 1936 sein Maschinenbaustudium in Mittweida aufnahm. Nach seinem erfolgreichen Abschluss 1938 verließ er Deutschland aufgrund seiner jüdischen Abstammung. Einer Ausschreibung für Ingenieure folgend, floh Neumann nach China. Als er nach langer Reise in Hongkong ankam, musste er allerdings feststellen, dass die Firma nicht mehr existierte und so verdiente er sich fortan sein Geld als Automechaniker. Nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs wurde er wie hunderte anderer Deutsche auch als „feindlicher Verbündeter“ im damals britischen Hongkong für mehrere Monate interniert.
Trotz seiner deutschen Herkunft wurde er 1941 Mitglied eines Freiwilligencorps, das hauptsächlich aus amerikanischen Piloten bestand und die Chinesen in ihrem Krieg gegen die Japaner unterstützen sollte. Ein Jahr später entstand daraus das legendäre „Flying Tigers“-Geschwader, das der US-Regierung unterstellt war. In jener Zeit bekam Neumann auch den Spitzname „Herman the German“, unter dem er später berühmt werden sollte. Sein technisches Geschick stellte Neumann unter Beweis, als er aus mehreren beschädigten japanischen „Zero“-Fliegern ein funktionsfähiges Flugzeug konstruierte.
Als deutscher Kriegsheld in Amerika
Mit den neu gewonnen Erkenntnissen über die Flugeigenschaften der feindlichen Maschine half er, die Strategien im Luftkampf zu verbessern. Zudem wurde er 1944 nach Washington D.C. entsandt, um Bericht zu erstatten. Gegen Ende des Krieges hatte Neumann den Status eines Geheimagenten inne und operierte unter anderem hinter den feindlichen japanischen Linien. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs wurde „Herman the German“ als Kriegsheld gefeiert und bekam vom amerikanischen Kongress die US-Staatsbürgerschaft. Als ihn die Abenteuerlust erneut überkam, reiste er mit seiner Ehefrau, ausgehend von China, per Jeep unglaubliche 16.000 Kilometer quer durch Asien, um mit dem Schiff von Europa aus zurück in die USA zu fahren.
1948 nahm Neumann bei dem Unternehmen General Electric eine Stelle als Ingenieur an. In seiner 32-jährigen Karriere stieg er bis zum Vizepräsidenten des Konzerns auf. Zu den Meilensteinen seiner Arbeit zählt vor allem die Entwicklung des J97-Triebwerks, das zum ersten Mal „Mach 2“ ermöglichte und sowohl in der F-4 Phantom als auch im Starfighter verbaut wurde. Auch am ersten zivilen Großtriebwerk, dem CF6, arbeitete Neumann mit. Dieses wurde in den Airbus A-300, der DC-10 sowie der Boing 747 eingebaut und machte General Electric zum Marktführer der Triebwerkshersteller. In den 60ern stellte der Konzern rund 80 Prozent der weltweit produzierten Triebwerke her und Neumanns Team brach unter dessen Leitung diverse Weltrekorde in Sachen Fluggeschwindigkeit.
Steile Karriere
Im Laufe seiner kometenhaften Karriere bei General Electric wurde Neumann mit unzähligen Preisen ausgezeichnet. So bekam er unter anderem 1952 die Collier Trophy, 1970 die Goddard Gold Medal, 1979 den Guggenheim Award sowie 1995 die Otto-Lilienthal-Medaille. Nach seiner Pensionierung 1980 hielt er sein Leben in der Autobiografie „Herman the German: Just Lucky I Guess“ fest. Ihm zu Ehren wurde das privat geführte Luftfahrtmuseum im bayerischen Niederalteich zum Gerhard-Neumann-Museum benannt. 1997 besuchte Neumann das Museum zusammen mit seiner Frau. Im selben Jahr starb Gerhard Neumann an Leukämie.