Keine Anonymität bei Niggemeier

von | 5. November 2010

Unter mehr als 100 Decknamen soll Konstantin Neven DuMont Kommentare auf Stefan Niggemeiers Blog gepostet haben. Medienanwalt Stefan Strewe kritisiert, dass Niggemeier zur Veröffentlichung Daten nutzte, deren "anderweitige Verwendung" nicht stattfinden sollte.

„Das ist wenigstens problematisch“, schätzt Stefan Ansgar Strewe, Anwalt aus Dresden, das Handeln von Stefan Niggemeier gegenüber medienMITTWEIDA ein. Der Journalist und Blogger hatte am 18. Oktober 2010 enttarnt, dass der Verlagserbe Konstantin Neven DuMont unter mehr als 100 Decknamen Kommentare auf Niggemeiers bekanntem Weblog veröffentlicht hatte. Dafür soll DuMont immer den gleichen Rechner und somit die selbe IP-Adresse benutzt haben.

Loggen von IPs ohne Hinweis verboten

Ohnehin ist das Mitschreiben von IPs ein heikles Thema. „Das Loggen von IP-Adressen ohne Erlaubnis des Nutzers ist datenschutzrechtlich verboten“, so der auf Medienrecht spezialisierte Anwalt. Ist die IP aber rechtmäßig gespeichert und der User ausreichend auf diesen Umstand hingewiesen worden, so lassen sich mit ihrer Hilfe und ein wenig Glück die Nutzer eines Internetangebots identifizieren. Ausgangspunkt dafür ist eine Strafanzeige – beispielsweise bei beleidigenden Inhalten. Nach dieser können die Ermittlungsbehörden die personenbezogenen Daten ermitteln. Vorausgesetzt zumindest, der Beklagte benutzt eine feste IP-Adresse, wie sie etwa an große Unternehmen vergeben wird. Den höheren Verbreitungsgrad haben derweil dynamische IPs, die bei jeder Einwahl neu zugewiesen werden. Damit ist auch die Feststellung der Personalien deutlich schwerer.

Dass die aus vier Zahlenblöcken bestehende IP-Adresse beim Verfassen eines Kommentars gespeichert wird, gibt Medienkritiker Niggemeier immerhin vorbildlich an – sowohl wenn der Leser einen Kommentar abschickt, als auch wenn er sich die weiterführenden Datenschutzbestimmungen des Online-Angebots durchliest. Dort steht aber auch: „Eine anderweitige Verwendung der Daten findet nicht statt.“ Aber verwertet hat er sie dann doch: um einem bedeutenden Verleger hunderte unter Pseudonym verfasste Kommentare zuzuordnen.

Datenschutz oder Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit

Hier half wohl der Promi-Status Konstantin Neven DuMonts, denn Niggemeier machte eine Ausnahme: So konnte der Blogger mit Gewissheit feststellen, dass bestimmte Kommentare„von derselben IP-Adresse“ – und damit vom gleichen Computer – abgegeben wurden. Niggemeier schreibt in seiner Datenschutzerklärung einen Absatz später, die IP werde gespeichert um die Kommentarfunktion seiner Website zu schützen. Doch zählt die Öffentlichmachung der Identität hinter inkognito abgegebenen Kommentaren zu diesem Schutz? „In diesem Fall ist zwar die Forenfunktion missbraucht worden, aber ob das auch die Publikation rechtfertigt, ist zweifelhaft“, sagt Strewe. Andererseits bestehe in Anbetracht der Bekanntheit des Protagonisten auch ein gewisses Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit. „Daher ist hier zwischen dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung einerseits und der Pressefreiheit andererseits sorgfältig abzuwägen“, so der IT-Fachanwalt.

<h3>Marcel Fröbe</h3>

Marcel Fröbe