Kennzeichnungspflicht für Scripted-Reality?

von | 16. Februar 2012

Die Landesmedienanstalten diskutieren, ob Scripted-Reality künftig gekennzeichnet werden muss. „RTL“ verweist auf die bereits bestehende Kennzeichnung in anderen Medien.

Das internationale Institut für Marktforschung „Ipsos“ führte für das „NDR“-Magazin „Panorama“ eine Umfrage zum Thema Scripted-Reality durch. Die Inhalte der „RTL“-Serie „Die Schulermittler“ stuften immerhin 16 Prozent der Befragten als echt ein. Dabei sind die Geschichten erfunden und in Drehbüchern niedergeschrieben. „Scripted Reality gehört bislang noch nicht zum Katalog der zu kennzeichnenden Sendungen“, erklärt der Geschäftsführer der „Sächsischen Landesanstalt für privaten Rundfunk“ (SLM), Martin Deitenbeck.

Deitenbeck räumt allerdings ein, dass für den Zuschauer nicht immer ersichtlich sei, wann er eine gescriptete Geschichte sieht. Über eine Pflicht zur Kennzeichnung dieser Formate diskutieren die Mitglieder der Landesmedienanstalten bereits, so Deitenbeck. Für Robert Fey vom „RTL“-Zuschauerservice ist eine solche Kennzeichnungspflicht unnötig: „Wer mitten in der Sendung einschaltet, sieht es spätestens im Abspann oder kann es in Fernsehzeitungen, Teletext, et cetera nachlesen.“

„RTL“ verkauft altes Material als aktuell

Die Diskussion innerhalb der Gremien der Landesmedienanstalten könnte unterdessen beschleunigt werden. Die „RTL“-Sendung „Punkt 12″ berichtete am 30. Januar 2012  über die 46-jährige Mutter Liane B., die nach Angaben der Redaktion aufgrund von Mobbing am Rande eines Nervenzusammenbruchs stünde. Die Geschichte ist jedoch alles andere als aktuell. Nach Recherchen des Medienmagazins „Zapp“ wurde die Handlung im Herbst 2010 abgedreht und am 1. Juni 2011 in der Serie „Helena Fürst – Die Anwältin der Armen“ erstmals ausgestrahlt. „RTL” vermittelte bei „Punkt 12″ jedoch den Eindruck, es handle sich bei diesem Beitrag um ein aktuelles Thema. Einen Hinweis auf den Urspung des Materials gab es nicht, was zahlreiche Zuschauer dazu bewog sich zu beschweren.

Nach Auffassung von Martin Deitenbeck liegt eine Täuschung dann vor, wenn beim Zuschauer der Eindruck erweckt werden soll, dass es sich um einen aktuellen Vorgang handelt und am Ergebnis noch etwas zu ändern sei. Außerdem sei nicht jede Täuschung des Zuschauers per se unzulässig. „Sanktionsmöglichkeiten gibt es dann, wenn gegen Rundfunkrecht verstoßen wird. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn journalistisch nicht sauber gearbeitet wurde“, so der „SLM“-Geschäftsführer. Für die „Zapp“-Redakteurin Tina Schober ist genau dies bei „Punkt 12“ geschehen: „Hier wird gegen journalistische Grundsätze verstoßen. Und ich halte das für eine gefährliche Entwicklung.“ Bei einer tagesaktuellen Informationssendung dürfe der Zuschauer nicht getäuscht oder in die Irre geführt werden.

Altes Material wird künftig als solches anmoderiert

Der Kölner Sender scheint aber nicht mit Konsequenzen aus dem Vorfall zu rechnen. Robert Fey: „‚Punkt 12‘ zeigt in der ersten Stunde bis 13 Uhr aktuelle Inhalte und setzt in der zweiten Stunde längere Reportagen beziehungsweise Wochenserien, die keinen aktuellen Bezug haben müssen. Dabei können auch zurückliegende Geschichten noch einmal aufgegriffen werden.“ Ihre Zuschauer würden die „RTL“-Produzenten nicht täuschen. „RTL“ zog trotzdem Konsequenzen aus den Recherchen von „Zapp“. Künftig soll stärker darauf geachtet werden Wiederholungen anzumoderieren.

<h3>Selvim Anna Yüzgülen</h3>

Selvim Anna Yüzgülen