Kommentar: Alle Jahre wieder

von | 15. Dezember 2009

So wie Weihnachten jedes Jahr wiederkehrt, widmet sich auch das Fernsehen dem harmonischen Familienfest. Jedoch beschleicht den einen oder anderen Mediennutzer auch immer wieder das Gefühl, alles schon einmal gesehen und gehört zu haben.

Das Schmücken des Christbaums mit Kerzen kann gefährliche Folgen haben und Glühwein wird auf den Weihnachtsmärkten dieser Welt teurer verkauft als im Einzelhandel. Diese und andere völlig überraschende Fakten werden uns jedes Jahr in der Adventszeit auf einem Silbertablett präsentiert. Das Problem: Das Fest der Liebe scheint als Ideenpause genutzt zu werden, in welcher dem Zuschauer jedes Jahr äußerst ähnliche und allmählich penetrante Beiträge gezeigt werden.

Oh du fröhliche private Fernsehwelt

Es scheint, als säßen die Redakteure einiger bekannter privater Fernsehformate schon im Flieger gen Süden, verfolgt der Zuschauer aktuelle Ausstrahlungen der Sender. Auch, wenn ich keine Abneigung gegen diese vorweisen kann, so drücke ich das Knöpfchen der Fernbedienung dieser Tage nicht auf den ihnen von mir zugewiesenen Kanälen. Grund: Mich lässt das Gefühl nicht los, dass ich Beiträge schon vergangenes Weihnachten gesehen habe und irgendein Mitarbeiter einiges aus den Archiven kramen musste.

Auch das wäre noch zu verkraften, wäre die Themenauswahl ein klein wenig abwechslungsreich. Aber nein, jährlich gibt es zu jedermanns Freude Geschenkideen für Sie und Ihn in zahlreichen Ausführungen und Beiträge über die unsinnigsten Präsente. Außerdem natürlich unzählige Vergleiche bezüglich Winterequipment und ausführliche Weihnachtsmarkt-Tests. Was interessiert es einen Berliner denn, wie die Krapfen in Dresden schmecken? Der von mir verliehene Preis für das unsinnigste Thema über das in der Adventszeit berichtet wurde, geht deswegen an die Vergleiche der Weihnachtsmärkte.

Letzteres wurde unter anderem in den drei Teilen von „Harrys Weihnachtsmarkt-Check“ durchgeführt. Hierbei traten die kulinarischen „Leckereien-Köche“ der Dresdner, Düsseldorfer und der niedersächsischen Märkte gegeneinander an. Ja, und wen hat es interessiert? Beherbergt der Dresdner Markt jetzt weniger Besucher aufgrund dieser intensiven Vor-Ort-Recherche? Der Clou ist aber, dass in der gleichen Sendung nur zwei Tage nach der Ausstrahlung des zweiten Weihnachtsmarkt-Checks ein Weihnachtsmarkt-Vergleich eines Rostocker und Berliner Marktes stattfand. Das Ergebnis? Ähnlich unbedeutend wie die Schlemmer-Resultate. Um fair zu sein, muss aber betont werden, dass die RTL Group weitaus weniger Weihnachtsthemen behandelt, als die Konkurrenz.

Qualität statt Quantität

Bei der Berichterstattung der öffentlich-rechtlichen Sender geht es hingegen gehaltvoller zu. Das Thema Weihnachten wird in den Service-News zwar genutzt, jedoch unter teils anderen Aspekten und anderer Ausarbeitung. Gesunde Ernährung, trotz den von Harry präsentierten Weihnachtsleckereien, das Frischhalten der Christbäume und dreiste Diebe auf den Weihnachtsmärkten sind als Topthemen der Privaten zwar auch bekannt, jedoch weist der öffentlich-rechtliche Rundfunk eine höhere Qualität auf und Ausstrahlungen wirken dadurch nicht plump.

Meine Bitte, ein bisschen mehr Qualität statt Quantität und Originalität statt Archivbänder. Der Fokus sollte zwar auf aktuellen Ereignissen, nicht aber auf der Abarbeitung routinierter Themen eines jährlich stattfindenden Festes liegen. Sollte mir aber ein Weihnachtsmarktdieb mehr Habseligkeiten klauen, als der Verband der „Oktoberfest-Langfinger“, meine Thermohosen-Kollektion den gewünschten Effekt verfehlen, weil ich aus Trotz nicht das von den Kölnern empfohlene Equipment gekauft habe, so schalte ich nächstes Weihnachten ausschließlich private Sender ein. Die Themen werden sich bestimmt wieder auf verblüffende Weise ähneln.

<h3>Bianca Schmidl</h3>

Bianca Schmidl