Kommentar: „Bauer sucht Frau“ als Lösung für Single-Frust

von | 17. Oktober 2011

Nach "Bauer sucht Frau" und "Schwiegertochter gesucht" warten nun weitere Formate auf liebeswütige Singles und all diejenigen, die der vorprogrammierten Blamage unerfahrener Junggesellen gerne zuschauen. Eine weitere Sparte im "Qualitätsfernsehen", die zwar niveaulos, aber erfolgreich ist.

Der Single von heute sucht seine große Liebe anscheinend nicht mehr im Café oder bei Single-Börsen im Netz, sondern per Dating-Sendung. Dieses Spektakel bringt zudem unzählige Zuschauer zum kollektiven Vor-der-Glotze-hängen, um sich bei den brisanten Szenen gemeinschaftlich die Hände vor die Augen zu halten – meist aus Fremdscham und Ekelgefühl. Regelmäßig stellt sich beim Zuschauer das Bedürfnis ein, dem Junggesellen zur Hilfe zu eilen, weil sich dieser vor dem gesamten Publikum bis auf die Knochen blamiert.

Neue Formate

Nicht nur „RTL“ bietet mit seinen bekannten Formaten „Bauer sucht Frau“ und „Schwiegertochter gesucht“ eine Datingplattform für hoffnungslose Singles. Mit „Schwer verliebt“ beginnt die Kuppelei Anfang November 2011 auch auf „Sat.1“. Alleinstehende mit Hüftgold lassen in der Sendung die Herzen höherschlagen. Parallel dazu erweitert „RTL“ seine Hilfestellung für romantische Plüschtierliebhaber und verträumte Sockenträger um die Sendung „Großstadtliebe“. Wenigstens müssen die auserwählten Singles bei dieser Sendung nicht mehr den Dreck im Kuhstall beseitigen oder beim Kaffeeklatsch mit Mutti vom vorsintflutlichen Porzellan-Service speisen. Immerhin: Wenn sich diese Entwicklung fortsetzt, befindet sich Ende 2011 auch der letzte Single unter der Haube.

Kollektives Fremdschämen

Das Geheimnis der Sendungen ist einfach: Die Kamera wird ganz genau drauf gehalten, wenn es zum ersten Mal zwischen der Rollkragenpulli-tragenden Wurstfachverkäuferin Steffi und dem liebevollen Kratzbildfan Peter intim wird. Auch wenn in dem Moment fast alle Zuschauer aus Fremdscham wegschauen, ist es besonders die Unbeholfenheit, die die Schmach so interessant macht.

Beim Off-Text, der das Treiben der potenziellen Paare untermalt, lachen sich die Autoren unterdessen selbst ins Fäustchen. „Der Tag beginnt für die Kakao-trinkende Raststättenfachkraft mit einer ausgiebigen Morgentoilette“ offenbart, wie unterhaltend die Sendungen eigentlich sind. Der Lacher bei den Zuschauern ist so zwar sicher, die Blamage der Junggesellen aber auch. Auch wenn sich am Ende aus den Verliebten Pärchen bilden, sind es vor allem die Sender, die mit dem schmierigen Fremdschamprogramm gute Einschaltquoten und riesige Gewinne einfahren – ohne Rücksicht auf die Gefühle der Protagonisten.

<h3>Nadja Rußig</h3>

Nadja Rußig