Kommentar: Wahre Helden trinken kein Bier

von | 12. April 2012

Pünktlich zum Frühling werden die Innenstädte mit der Bier-Reklame „Wahre Helden stehen mitten im Leben“ zugeklebt. Slogan und Kampagne sind verwerflich, findet Elisabeth Stiehler. Im März startete die „Ur-Krostitzer“-Brauerei wieder eine […]

Die Werbung von „Ur-Krostitzer“ ist Geschmackssache (Bildmontage)

Pünktlich zum Frühling werden die Innenstädte mit der Bier-Reklame „Wahre Helden stehen mitten im Leben“ zugeklebt. Slogan und Kampagne sind verwerflich, findet Elisabeth Stiehler.

Im März startete die „Ur-Krostitzer“-Brauerei wieder eine Plakatkampagne für die „wahren Helden des Alltags“: Biertrinker. Die Werbung ist simpel, sticht ins Auge. Nichts lenkt von der übergroßen „Ur-Krostitzer“-Flasche auf weißem Grund ab. Heldentum wird ausschließlich auf Alkoholkonsum reduziert. Der seit mehreren Jahren beibehaltene Slogan ist unethisch, eine Geschmacklosigkeit. Durch Biertrinken wird niemand ein „wahrer Held“, auch wenn die Werbung das impliziert.

Das stolpernde Vorbild

Biergenuss hilft nicht im Alltag, das ist sicher auch den Werbern klar. Verminderte Aufmerksamkeit, das Sinken der Hemmschwelle und das Nachlassen der Bewegungskoordination sind allesamt wenig heldenhaft – im Gegenteil. Statt „charaktervoll, verbindlich und ohne Pathos“ begegnen einem durch Biergenuss entstandene Helden häufig stolpernd, unbeholfen und rüpelhaft. Sie beginnen zu stammeln, verlieren wichtige Dinge und werden anzüglich. Für viele Heldentaten dürften sich die Betroffenen nach ihrem Rausch schämen. Das perfide an der Werbekampagne ist also, dass sie dieses Verhalten entschuldigt und ausblendet. Woher nimmt „Ur-Krostitzer“ das Bild des heldenhaften Biertrinkers? Die blanke Ironie, wenn man die Realität der Alkoholiker sieht.

Wie damals, so auch heute

Um die dem Alkohol zugeneigte Zielgruppe weiter zu verklären, bedient sich die Brauerei außerdem noch der eigenen Geschichte: Darin soll der Braumeister während des dreißigjährigen Krieges dem schwedischen König Gustav II. Adolf zum Sieg in der entscheidenden Schlacht verholfen haben – mit seinem Trank natürlich. Wie damals, so soll das Bier also auch heute noch zu „Heldentaten“ verhelfen und dafür belohnen. Auch wenn das eigentlich ein cleverer Marketingschachzug ist, der natürlich jeder Grundlage entbehrt: Die Logik verharmlost die Gefahren des Alkohols und wirkt gerade durch diese unterbewusste Agitation geschmacklos.

Was ist wahres Heldentum?

Doch was gilt heute als heldenhaft? „Ur-Krostitzer“ empfindet die eigene Werbung „gradlinig, selbstbewusst und bodenständig“. Auch, wenn die Werbung so das gesellschaftliche Ideal für die „Ur-Krostitzer“-Produkte heraufbeschwören will; der Vergleich hinkt. Bierkonsum hilft nicht, bodenständig zu sein. Und diese Form der Bierwerbung ist alles andere als „gradlinig“, sie überzeugt die Trinker im Mantel des Harmlosen zum nächsten Glas. Egal, was ein „Held“ sonst leistet, nur das Biertrinken macht ihn zum Held, sagt die Werbung. Leider zieht diese Altherren-Logik noch immer.

Diese bedenkliche Imageaufwertung geht auch auf Kosten derer, die ihren Bierkonsum nicht mehr zügeln können. Wie üblich wurden die negativen Aspekte des Alkohols vergessen. Auch deshalb bleibt die Plakatkampagne unmoralisch. Wahre Helden stehen auch ohne Bier mitten im Leben.

Text: Elisabeth Stiehler. Bild: Urkrostitzer. Bearbeitung: Nicole Schaum.

<h3>Elisabeth Stiehler</h3>

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