Kommentar: Mein YouTube lernt twittern

von | 25. März 2010

Social-Media-Dienste schieben sich gegenseitig die Nutzer zu, steigern ihre Umsätze und sparen dadurch auch noch Werbekosten. Für den selbstdarstellenden Internetnutzer ist das ein Grund zur Freude.

Kann das Internet noch vernetzter werden, als es bereits ist? Offensichtlich schon: Zukünftig sollen die größten Websites Twitter besser verstehen lernen. Namen werden anklickbar, Feeds lesbar ohne auf twitter.com zu sein und YouTube-Videos können direkt an die Follower weiterempfohlen werden. Facebook kann dies schon lange und mit seinen unzähligen Drittanbieter-Anwendungen auch durchaus vielseitiger. Dass das einer der Gründe ist, warum bei der Pressekonferenz von Twitter am 15. März Journalisten in langen Schlangen den Raum verließen, ist nur eine Vermutung. Vielleicht lag es auch an der recht drögen Präsentation der vermeintlichen Zwitscher-Neuheit.

Offensichtlich ist es den Nutzern wichtig, dass jeder Dienst alles kann. Die eierlegende Internetsau sozusagen. Doch wieso brauche ich Funktionen doppelt und dermaßen vereinfacht? Die Versuchung, meine virtuellen „Freunde“ mit tausend niedlichen Tierbaby-Videos zu nerven oder jeden Blogeintrag auf 15 verschiedenen Plattformen zu publizieren, wird einfach zu groß. Das viel beschriene Problem der Belanglosigkeit der einzelnen Einträge löst sich dadurch jedenfalls nicht. Im Gegenteil, wenn jeder die Möglichkeit hat, alles überall und mit wenigen Klicks hochzuladen, werden die wirklich interessanten Informationen schwerer zu finden sein.

42 Dienste mit einem Klick bedienbar

Für Menschen mit gesteigertem Mitteilungsdrang bietet sich Ping.fm an. Etwa 42 verschiedene Social-Media-Dienste lassen sich auf dieser Plattform verbinden. Die Anzahl der unterstützten Dienste steigt weiter an. Einmal bei Twitter gepostet, wissen nun alle meine Onlinebekanntschaften, dass ich auf tumblr ein Bild meiner – virtuell recht belanglosen – Familie von flickr hochgeladen habe. Doch möchte ich wirklich meine Einträge – einer Splitterbombe gleich – im ganzen Netz verteilt wissen? Vielleicht schäme ich mich in zehn Jahren meiner ausgelassenen Urlaubsbilder. Meine gesamte persönliche Entwicklung für immer, für alle sichtbar? Nein, danke.

Bietet die Zukunft des Internets also eine einzige große Plattform, auf der sämtliche Social-Media-Dienste vereint sind? Das Gute daran wäre, dass eigentlich fast alles beim Alten bliebe. Unüberschaubar und interessant war das WWW schon immer, nur noch nie so dicht gewebt. Die zunehmende Informationsverschmutzung ist dabei wohl das kalkulierte Übel der aktuellen Internet-Entwicklung.

<h3>Tom Rosenkranz</h3>

Tom Rosenkranz