Gescheitert. Nicht gelungen. So dürfte die Umsetzung des neuen, auf Studenten zugeschnittenen „Spiesser“ interpretiert werden. Auch bei der gestrigen zweiten Ausgabe haben die Macher bei den teils offensichtlichen Kritikpunkten nichts nachgebessert. Das Magazin erinnert immer noch an belanglose Jugendzeitschriften wie „Popcorn“. Die Expansionspläne sind lieblos und wenig durchdacht – bis auf die Anzeigen unterscheidet die Studentenausgabe nämlich kaum etwas vom Original aus der Schule. Die paar Euro mehr im Anzeigenverkauf scheinen den Medienmachern wichtiger als ihre Marke. Für deren Image ist der blamable Hochschulausflug einfach schädlich.
Misslungenes Design
Die Aufmachung des Hochschul-„Spiesser“ ist viel zu bunt, als dass sie die neue Zielgruppe Hochschüler wirklich ansprechen könnte. Das Layout wurde von der Schülerausgabe schlichtweg übernommen und schreckt dank der aufdringlichen Farben sofort ab. Nichts in dem Heft erinnert an reife Studenten.
Peinlich: Gleiches Kreuzworträtsel für Studenten und Schüler
An den redaktionellen Inhalten und Veränderungen wurde gespart, was das Zeug hält: Die erste Ausgabe vom 20. Februar unterschieden lediglich wenige Artikel von der Schüler-Version. Für den gestern erschienenen zweiten „Spiesser – für Studenten“ wurden abgesehen vom Titelbild lediglich zwei – zugegeben längere – Artikel eingefügt, ein Beitrag wurde herausgekürzt. Sogar das Kreuzworträtsel ist gleich. Das ist insgesamt nicht nur ganz offensichtlich zu wenig auf Studenten zugeschnittener Content. Es ist eine Frechheit, zum Großteil gleiche Inhalte unter anderem Namen und Titelbild für eine erwachsenere Zielgruppe auszulegen.
Den Schritt vom Schüler zum Studenten hat der „Spiesser“ so nicht geschafft. Studenten sind reife Menschen, die nicht mehr über Freundschaften philosophieren, kindischen Tests zum Reisetypen nachgehen oder über Fragen wie „Was wird aus mir?“ nachdenken. Für solche Themen interessiert sich vielleicht ein pubertierender Teenie – aber kein angehender Akademiker.
Falsche Prioritäten: Statt Inhalt lieber Anzeigen
Statt an Inhalten und damit an Akzeptanz unter der Studentenschaft zu arbeiten, steht beim „Spiesser“ anscheinend die zielgruppengenaue Vermarktung im Vordergrund. Fast alle Werbeanzeigen wurden im Vergleich zur Schülerausgabe erneut verkauft. Der „Spiesser“ schafft mit seinem neuen Heft also lediglich mehr Platz für Werbekunden, schon bei der Logistik hapert es wieder. So soll der Studenten-„Spiesser“ zum Beispiel auch in der Hochschule Mittweida ausliegen. Gefunden hat die Zeitung in Mittweida – auch wenn in der letzten Ausgabe ein Interview mit einem Hochschulprofessor abgedruckt wurde – zwar noch niemand, aber egal: Die Anzeigen wurden ja verkauft, am Inhalt wurde kräftig gespart, die Rechnung hat sich anscheinend – und leider – gelohnt.
So ist die Jugendzeitschrift das perfekte Magazin für alle Hochschüler, die in der Pubertät stecken geblieben sind. Reifen Studenten dient sie lediglich zum Sammeln von Altpapier. Mit dieser unfertigen Umsetzung, diesem Schnellschuss, hat der „Spiesser“ aber auch eine große Chance vertan. Potenzial wäre durchaus vorhanden, schließlich ist die Marke vielen Studenten noch aus Schulzeiten in nicht gerade schlechter Erinnerung. Ein halbgares Konzept und die mehr als lustlose Umsetzung machen das aber kaputt.