Kommentar: Von nicht existent bis interaktiv

von | 9. Dezember 2009

Die meisten Fernsehsender und Printverlage haben Twitter mittlerweile für sich entdeckt. Doch die Art und Weise der Nutzung variiert stark. Nur ein paar vereinzelte Ausnahmen haben den wirklichen Sinn des Kurznachrichtendienstes verinnerlicht.

Viel wurde in den letzten Monaten über den Trend schlechthin im Web 2.0 geschrieben. Twitter ist in aller Munde. Deswegen möchte ich jetzt nicht der Zehnmillionste sein, der darüber schreibt, wie viele Zeichen eine Nachricht maximal haben darf und erklärt, was denn eigentlich Tweets und Follower sind. Ich habe mir lieber einmal angeschaut, wie bestimmte Medien, die es ja eigentlich können müssten, Twitter nutzen.

Schauen wir uns ein paar Fernsehsender an. Als ich nach einem Twitter-Kanal von Sat.1 suchte, kam die erste Ernüchterung. In Unterföhring scheinen die Verantwortlichen doch noch nichts vom Zwitscherdienst mitbekommen zu haben. Es gibt lediglich einen Kanal von Sat.1 Regional, dem regionalen Fenster des Senders für Norddeutschland, der den Follower mit Hinweisen zu Berichten informiert. Ansonsten hält sich der „Bällchensender“ bei der Nutzung  vornehm zurück.

ProSieben zeigt wie es geht

Dabei haben sie mit ProSieben im Konzern das perfekte Vorbild für einen tollen Umgang mit dem Kurznachrichtendienst. Neben den unvermeidlichen Programmhinweisen steht vor allen die Interaktion mit den Followern an erster Stelle. Wer den Kanal von ProSieben antwittert, weil es beispielsweise eine Frage bezüglich der Ausstrahlung einer Lieblingsserie gibt, darf sich sicher sein, relativ zügig Antwort zu erhalten. Desweiteren wird der Follower auch mit dem einen oder anderen Goodie versorgt. Beispielsweise mit Bildern von Kulissen der anstehenden Shows und dergleichen. ProSieben hat verstanden, wie Twitter im Sinne des Erfinders genutzt werden sollte.

Sat.1 befindet sich aber leider in bester Gesellschaft. Beim Konkurrenzsender RTL sucht der Nutzer einen Twitter-Kanal zum TV-Programm ebenfalls vergeblich. ArteSuper RTL und beispielsweise RTL II erfüllen das Minimum-Soll, indem sie über ihr Programm informieren. Der neue Jugendsender des Zweiten Deutschen Fernsehens ZDFneo bekam natürlich auch einen Kanal spendiert. Unter anderem bekommt der geneigte Follower dort eine Entschuldigung zu lesen, weil die Mitarbeiter des Senders am Sonntag bei der Wiederholung von „Wetten, dass..?“ nämlich einfach mal 45 Minuten herausschnitten. Die ARD beweist mal wieder, wie alt sie eigentlich ist und das sie in Sachen Jugendlichkeit und Web 2.0 schon längst den Anschluss an das ZDF verloren hat. Twitter-Kanal? Fehlanzeige.

Wenn die Software twittert

Gezwitscher aus den Printredaktionen gibt es leider kaum zu lesen. Die meisten Zeitungen und Zeitschriften betwittern größtenteils ihr Online-Angebot. Bei BILD.de kann der Nutzer schon fast von einer großangelegten Twitter-Offensive sprechen. In mehr als acht themenspezifischen Kanälen wird dort getwittert. Leider sitzt kein Mensch hinter den verschiedenen Accounts, sondern es wird ein Programm benutzt, welches die ganzen News automatisch twittert. Interaktion mit Followern ist so ausgeschlossen.

Empfehlenswert ist der Kanal von WELT KOMPAKT. Dort erfährt der Follower beispielsweise, dass die Schlagzeilensuche mal wieder extrem schwierig war oder dass die Redaktion aufgrund akuter Krankheitsausfälle in die Bredouille kommt. Ab und zu gibt es auch mal eine kleine exklusive Vorschau auf die Ausgabe des nächsten Tages oder der Leser darf sich darüber amüsieren, wie die zahlreichen HSV-Fans in der Redaktion sich mal wieder über eine Niederlage ihres Klubs aufregen. So macht followen Spaß.

Fehlender Mehrnutzen

Es bleibt festzuhalten, dass Twitter mittlerweile bei vielen Fernsehsendern, Zeitungen und Zeitschriften angekommen ist. Leider hält sich bei den meisten der Mehrnutzen in Grenzen. Der Follower erhält keine Informationen, die er nicht auch irgendwo anders herbekommen könnte, indem er beispielsweise Programmzeitschriften liest oder Nachrichtenwebsites direkt ansurft. Wenige Ausnahmen bestätigen die Regel und der Rest muss Twitter wohl erst noch richtig verinnerlichen. Denn der Kurznachrichtendienst lebt vom Miteinander der Nutzer und nicht vom stupiden Verlinken auf die eigene Seite.

<h3>Oliver Schleicher</h3>

Oliver Schleicher