Schmeißt das Popcorn in die Mikrowelle und wärmt die Käsesoße auf. Die Nacho-Time ist nach langem Warten zurück und es erwartet euch direkt ein Halloween Special. Das heißt, dieses Mal dreht sich alles um Horror und die düstere Jahreszeit. Mit dabei sind die Fortsetzung des koreanischen Zombie-Überraschungshits „Train To Busan“, das neue Netflix-Original „Hubie Halloween“ und der Hidden Gem dieses Monats: „Hereditary“.
Die Zombies sind zurück
Nachdem „Parasite“ erst Anfang dieses Jahres das Oscar-Wunder vollbrachte und mit vier Academy Awards nach Hause zurückkehrte, kam im Oktober der nächste südkoreanische Blockbuster in die internationalen Kinos. „Peninsula“ ist die Fortsetzung des rekordbrechenden Zombiefilms „Train to Busan“ und trotz Corona-Krise brachte auch dieser Teil genug Zuschauer in die Kinos, um in sechs asiatischen Ländern den Spitzenplatz der Einspielergebnisse einzunehmen.
Vier Jahre nach dem Zombie-Ausbruch durch einen Vorfall in einer Biotech-Firma in Seoul lebt der ehemalige Soldat Jung Seok als Flüchtling in Hong Kong. Nachdem das letzte Flüchtlingsschiff aus Südkorea einen Infizierten an Bord brachte und dadurch unter anderem Jung Seoks Schwester sowie ihr Sohn ums Leben kamen, ist die Halbinsel abgeriegelt. Doch die Angst vor den Überlebenden sorgt für Ausgrenzung und Perspektivlosigkeit, die Jung Seok zusammen mit seinem Schwager dazu treibt, ein letztes Mal in die Heimat zurückzukehren. Dort sollen sie einen Geldtransporter bergen, der ihnen Hoffnung auf ein neues Leben gibt. Doch Seoul ist bei Weitem nicht so menschenverlassen, wie erwartet.
Regisseur Yeon Sang-ho
Yeon Sang-ho ist 1978 in Seoul geboren und machte dort an der Sangmyung Universität seinen Abschluss in westlicher Malerei. Er führte zunächst bei einigen Animationsfilmen Regie, bis er 2004 schließlich sein eigenes Produktionsstudio gründete. In Südkorea ist er vor allem für Animationsfilme wie „The King of Pigs“, „The Window“ (beide basierend auf eigenen Lebenserfahrungen) oder auch „Seoul Station“ bekannt gewesen, bevor er mit „Train to Busan“ sein Live-Action Debüt feierte. Tatsächlich ist dies das Sequel seines letzten Animationsfilms „Seoul Station“, welches in seinem Erscheinungsjahr den inländischen Rekord der meisten Kinobesucher bis zu diesem Tag gebrochen hat.
„Peninsula” ähnelt in vielerlei Hinsicht „Parasite“ mehr, als man auf den ersten Blick vermuten würde. Auch hier bekommt man einen wilden Genre-Mix aus Heist-Film (erzählt in der Regel die Geschichte eines geplanten Raubüberfalls), Action sowie Drama mit einschlägiger Gesellschaftskritik. Das Zombie-Spektakel der vorherigen Teile des Franchises wird hier oftmals den zwischenmenschlichen Konflikten untergeordnet. Dies führt dazu, dass besonders in der zweiten Hälfte des Films auch die Horror-Aspekte stark in den Hintergrund rücken. Hiermit wollte man vermutlich eine weitreichendere Zielgruppenansprache bezwecken, die auch Action-Liebhaber auf ihre Kosten kommen lässt. Die schnellen Autojagden und Kampfszenen schaffen es dabei tatsächlich, mit einer großen Hollywood-Produktion mitzuhalten. Auch das dystopische Setting bei Nacht wirkt glaubhaft und lässt einen dadurch tief in die Welt eintauchen. Nur bei der deutschen Synchronisation lässt die Produktionsqualität leider nach und wirkt besonders bei den Kindern unauthentisch und holprig.
Die Charaktere sind jedoch abwechslungsreich geschrieben und treiben durch ihre konträren Ziele die Handlung in schnellem Tempo voran. Besonders die Familie, der Jung Seok nach seiner Anreise in Seoul begegnet, sticht dabei heraus. Diese wartet immer wieder mit kreativen Überlebensstrategien auf und bietet durch diese einen besonderen Unterhaltungswert. Dennoch werden nur wenige Szenen etabliert, die eine emotionale Bindung zu den Protagonisten fördern würden, sodass man am Ende weniger mit ihnen als vielmehr mit der Handlung selbst mitfiebert.
Die Zombiefilmreihe, die durch „Train to Busan“ groß wurde, ist und bleibt für mich eine der besten, die bisher auf dem Filmmarkt existiert. Sie zeigt einmal mehr, dass auch kleine Länder große Filme produzieren können. Dabei bleibt „Peninsula“ jedoch durch fehlende Charakterbindung und zu viele vorhersehbare Momente hinter den anderen beiden Teilen zurück. Sehenswert bleibt der Film trotzdem und daher eine Empfehlung von mir für jeden Genre-Fan.
Es spukt in Salem
Wenn Nachbarn anfangen, ihre Häuser mit Brettern zu verbarrikadieren und immer mehr Leute plötzlich verschwinden, weiß man, dass die Halloween-Zeit gekommen ist. Dieses Mal ist keiner sicher.
In der neuen Adam Sandler Horror-Komödie „Hubie Halloween“ nimmt der Schauspieler die Rolle des Hubie Dubois ein. Dieser ist seit seiner Schulzeit ein Außenseiter, den nicht nur Kinder, sondern auch Erwachsene noch immer gerne schikanieren. Doch seine Einzigartigkeit und sein Engagement sind es letzten Endes, die ihn zur einzigen Hoffnung der Einwohner Salems machen.
„Hubie Halloween“ wartet mit einem Comedy-Star Cast auf, der sich sehen lassen kann. Neben Adam Sandler sind unter anderem auch Kevin James oder Maya Rudolph mit von der Partie. Beide dürften nach ihren Rollen in der „Kindsköpfe“-Filmreihe inzwischen mit Sandlers verrückten Drehbüchern vertraut sein. Diese sind nicht nur stets extrem selbstzentriert, sondern auch in ihrer Absurdität grenzenlos. Das reicht von einer multifunktionalen Thermoskanne über Knutschszenen mit einem Fernseher hin zu wilden Fahrradverfolgungen, in denen Hubie mit brennenden Speeren, Eiern und sogar einer Tuba beworfen wird. Über das ganze Chaos hinweg weiß man die ruhigeren Figuren der Geschichte irgendwann sehr zu schätzen, da sie einem eine Pause von all dem Spektakel gönnen. Das schnelle Tempo, was durch genau diese chaotischen Szenen suggeriert wird, kann jedoch nicht verhindern, dass der Film ebenso Längen mit sich bringt. Der Witz, dass niemand Hubie gut behandelt, wird schnell alt. Viele Szenen wirken in der Darstellung seiner Opferrolle eher plakativ und gezwungen anstatt unterhaltsam.
Dennoch fällt es schwer, den Film nicht zu mögen. Mit seinen Anspielungen auf ikonische Horror-Filme, die zumindest bei mir das ein oder andere Schmunzeln auslösten und Nostalgie aufwallen ließen, wirkt er fast wie eine Hommage an das Genre. Eine Hommage im ganz eigenen Stil, aus Adam Sandlers Feder und unter Steven Brills Regie (unter anderem bekannt durch „Edward mit den Scherenhänden“ oder „Mädelsabend“).
Eines lässt sich am Ende definitiv sagen: „Hubie Halloween“ nimmt sich selbst nicht ernst und erwartet auch nicht, dass es sonst wer tut. Nachdem Adam Sandler mit „Der schwarze Diamant“ am Anfang des Jahres den Sprung weg von seinem Komödien- und Rom-Com Genre wagte, ist er trotz guter Performance schnell wieder in seine Wohlfühlzone zurückgekehrt. Mit diesem Streifen hat er auf jeden Fall etwas Auflockerung in die dunkler werdenden Jahreszeit gebracht. Der Film hat einen sehr eigenen Charakter und bietet somit Abwechslung vom herkömmlichen Netflix-Gruselprogramm. Nachts schlecht schlafen wird man von ihm sicher nicht, womit er sich auch für die Nicht-Horror-Fans eignet, die einfach etwas Halloweenstimmung aufkommen lassen wollen.
Hidden Gem: Von Puppenhäusern und rollenden Köpfen
Das Jahr 2018 war ein großes für Horror-Fans. Nicht nur kam die lang ersehnte Fortsetzung des Klassikers „Halloween“ heraus, mit „A Quiet Place“ wurde ein ganz neues Franchise geboren. Doch ein Film stach für Filmkritiker trotz niedrigerer Einspielergebnisse besonders hervor. „Hereditary“ ist das Spielfilm-Debüt von Ari Aster, das von den Geschehnissen der Familie Graham nach dem Tod der psychisch kranken Großmutter erzählt. Mit düsteren Bildern und langen Kamerafahrten wird man dabei langsam in eine Horror-Fantasy-Welt geführt, die seinesgleichen sucht.
Es ist schwer, über die Handlung von „Hereditary“ zu sprechen, ohne zu spoilern. Der Trailer lässt viel Raum für Überraschungen und genau davon lebt der Film. Die Unvorhersehbarkeit sowie starken Charaktere tragen einen von Wendung zu Wendung. Der Cast wird dabei angeführt von Toni Collette, die die Mutter von Charlie (Milly Shapiro) und Peter Graham (Alex Wolff) spielt. Vielen bekannt durch Filme wie „The Sixth Sense“ oder „Kill Bill“ legt sie auch hier eine meisterhafte Darstellung hin, die den Zuschauer sofort in ihren Bann zieht. Ihre Trauer, Panik und Rastlosigkeit spiegeln und leiten die eigenen Emotionen, sodass es leichter wird, sich mit ihr zu identifizieren. Doch gleichzeitig bleibt sie undurchschaubar und schlittert von einem psychischen Zusammenbruch in den nächsten, was zu einigen verheerenden Entscheidungen führt.
Das Setting beschränkt sich größtenteils auf das verwinkelte Familienhaus. Dieses wirkt durch die Werkstatt mit den selbstgebauten Puppenhäusern von vornherein wie der perfekte Schauplatz für eine Gruselgeschichte. Abgeschieden, mitten im Wald gelegen, wird man immer wieder durch die holzvertäfelten Flure geführt, die von Shot zu Shot düsterer werden. Im Zentrum, direkt am Ende des Gangs, befindet sich das Zimmer von Peter Graham. Diese Positionierung macht schnell klar, dass seine Rolle von größerer Bedeutung sein wird, als man zu Anfang noch erahnen mag. Genau solche sorgfältig gewählten Perspektivführungen sorgen dafür, dass sich die Atmosphäre immer weiter hochschaukelt, bis es zum Ende hin fast schwer wird, weiterzuschauen, ohne vor Anspannung auf den Nägeln zu kauen.
„Hereditary“ mag kein klassischer Horrorfilm sein, ohne Jump-Scares und mit seiner größtenteils ruhigen Erzählweise. Aber genau dadurch wirkt das gesteigerte Tempo zum Finale noch nervenaufreibender und genau deswegen sticht er aus seiner Konkurrenz hervor. Trotz Fantasy-Elementen werden vielmehr die Abgründe der Menschlichkeit in den Vordergrund gestellt und wozu diese das Individuum befähigen können. Deswegen wird er mir auch noch für lange Zeit als einer der besten Horrorfilme, die ich je gesehen habe, in Erinnerung bleiben.
Filmweisheit der Woche
„Echter Mut besteht darin, nett zu sein. Selbst zu denen, die grausam zu dir sind.“
(„Mrs. Dubois – Hubie Halloween“)