Beim Zappen durch das Abendprogramm unserer TV-Sender führt derzeit kein Weg an Castingshows, wie „Deutschland sucht den Superstar“ oder „Germany´s next Topmodel“ vorbei. Doch diese Shows transportieren nicht immer ein reales Bild vom Leben. medienMITTWEIDA spricht mit Medienstudenten über das gezielte Heranführen ihrer Kinder an die Medien.
Unterhaltung ist das Hauptziel zahlreicher Shows. Die Realität wird zweifelsfrei in den wenigsten Fällen gezeigt. Schlanke, junge Frauen mit Traumkörpern sind bei „Germany’s next Topmodel“ zu sehen. Dass diese Frauen sich bewusst ernähren, ist unstrittig, aber bewusst zu wenig zu essen, ist sicher keines der Ideale, die Kinder vorgelebt bekommen sollten. Genauso sollten Kinder nicht lernen, dass Menschen ausgelacht werden dürfen, wenn beim Singen der eine oder andere Ton schief ist.
„Sie soll erstmal sich kennen lernen“
Julia Kaltofen studiert Medientechnik in Mittweida und hat selbst eine kleine Tochter. Da sie erst sechs Monate alt ist, spielt Medienerziehung noch keine große Rolle, aber Julia achtet schon jetzt auf kleine Details in der Mediennutzung: „Ich möchte zum Beispiel nicht, dass der Fernseher läuft, wenn ich mit ihr spiele oder sie stille. Ich fände es einfach nicht gut, sie jetzt schon mit sämtlichen Reizen zu bombardieren.“ Sie solle erstmal sich selbst und die Menschen um sich herum kennenlernen. „Gerade wenn Kinder anfangen zu Sprechen und schon Kontakt mit dem Fernsehen haben: diese Worte prägen natürlich und werden einfach nachgesprochen“, gibt sie zu bedenken.
Die Medienmanagement-Studentin Melanie Luthardt sieht das mit zwei Kindern ähnlich: „Die Flimmerkiste als Babysitter zu sehen, wäre mehr als falsch. Ein gesundes Maß zu finden, ist ein guter Anhaltspunkt. Zu viel Fernsehen ist nicht gut, aber auch ganz ohne finde ich nicht richtig.“ Besonders kritisch sieht sie, dass schon am Nachmittag leicht bekleidete Menschen zu sehen sind und das sprachliche Niveau sich mehr als nur unter der Gürtellinie befindet: „Man kann es beim Zappen kaum vermeiden, so einen Sender zu erwischen.“
Fantasie fördern, lehren und lernen
Die eigenen Kinder ganz vom Medienkonsum fernzuhalten, ist nicht der richtige Weg. Schließlich gehören Print-, Rundfunk- und Onlineerzeugnisse zu unserem Alltag und sind unumgänglich. Spätestens in der Schule spielen Internet und Co. eine wichtige Rolle. So hält es auch Medientechnik-Student Thomas Hartmann für gefährlich, zu wenig in die Medienerziehung zu investieren: „Ich finde, inzwischen ist es egal von welchem Medium Kinder umgeben sind. Durch die immer weiter fortschreitende Informationsgesellschaft muss man aufpassen, das richtige Maß zu halten.“
Melanie Luthardt hat einen neunjährigen Sohn und eine einjährige Tochter. Schon bei ihrem „Großen“ hat sie sehr darauf geachtet, ihn Schritt für Schritt mit den Medien vertraut zu machen. Am wichtigsten ist ihr dabei zu wissen, was die Kinder im TV anschauen. Aber auch Bücher sind ihr wichtig. „Sie fördern die Fantasie und lehren auch das Lesen und Schreiben“, ist sie überzeugt.
Kinder müssen bei der Mediennutzung begleitet werden
Anlaufstellen der Beratung und Unterstützung gibt es viele. So können sich Eltern zum Beispiel auf schau-hin.info viele Tipps holen. Autoren empfehlen zum Beispiel, dass Eltern den Konsum von Castingshows nicht grundsätzlich verbieten sollten, sondern sie mit ihren Kindern gemeinsam anschauen und darüber sprechen sollten. Auch ein praktisches Lernen öffnet den Blick für die Unterscheidung zwischen Wirklichkeit und Unterhaltung. Als Helfer stehen da beispielsweise die Sächsischen Ausbildungs- und Erprobungskanäle (SAEK) zur Verfügung.
Im Vordergrund der Arbeit steht bei den Mitarbeitern der SAEK die Vermittlung von Kenntnissen im journalistischen und produktionstechnischen Bereich. So erläutert Studioleiterin der SAEK in Chemnitz Susann Riedel: „Die SAEK-Nutzer – vornehmlich Kinder und Jugendliche – lernen Medien und ihre Angebote zielgerichtet und angemessen zu nutzen und diese als Ausdruck ihrer Persönlichkeit, Interessen und Anliegen aktiv zu gestalten.“
„Natürlich ist es sinnvoll, Medien gezielt für die kognitive Entwicklung von Kindern einzusetzen, aber es sind eben auch andere Sinneserfahrungen für Kinder essenziell, wie zum Beispiel das Spiel mit Gleichaltrigen oder Naturerlebnisse. Denn um medienkompetent handeln zu können, müssen Kinder erst lernen zwischen der echten Realität und der abgebildeten Realität zu unterscheiden“, weiß Riedel. Dabei sei es sinnvoll Kinder von Beginn an in ihrem Erfahrungsprozess mit Medien zu begleiten. Das sorge dafür, auf Fragen, Emotionen oder mögliche Gefahren reagieren zu können.
Text: Kevin Funk. Bild: Nicole Schaum, Bearbeitung: Nicole Schaum.
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