Die Onlineausgabe der „New York Times“ wird ab 2011 kostenpflichtig. Mit diesem Schritt wandelt sich der Internetauftritt der renommierten Tageszeitung in ein Bezahlsystem. Nachdem weitere US-Zeitungen wie das „Wall Street Journal“ und die „Financial Times“ den Schritt zum bezahlten Qualitätsjournalismus wagten, hofft der Traditionsverlag nun auf eine weitere, dringend benötigte, Gewinnsteigerung.
Erst testen, dann zahlen
Allerdings soll sich das Leseangebot der „New York Times“ nicht hinter einer „Abonnement-Wand“ verstecken. Etwa zehn Artikel kann jeder Nutzer im Monat kostenlos lesen. Erst dann wird eine Registrierung und die damit verbundene Zahlung notwendig. Einzige Ausnahmen sollen Suchmaschinen und sozialen Netzwerke bleiben. Um auch weiterhin in der Fundliste von Google und Co. aufzutauchen, können diese ohne Registrierung die Artikel indizieren. Das Empfehlen und Weiterleiten von Artikeln soll in den sozialen Netzwerken weiterhin kostenlos bleiben. Wer für seine Freunde einen Artikel der „New York Times“ in Facebook oder studiVZ verlinkt, entfernt die Bezahlsperre für diesen Link automatisch.
Vorbildfunktion mit technischer Herausforderung
Natürlich rechnen die Analysten mit einer größeren Abnahme der Leserschaft im Onlinebereich. Doch bei der „grauen Lady“, wie die New Yorker ihre krisengeschüttelte „Times“ nennen, scheint Gewissheit über die finanzielle Notwendigkeit der Aktion zu bestehen. Ganz unerfahren mit Bezahldiensten ist der Verlagsriese indes nicht. Schon 2005 stellte man Kolumnen und Artikel beliebter Autoren unter dem Begriff „TimesSelect“ nur kostenpflichtig zur Verfügung. Nach zwei Jahren stellte der Konzern das Angebot komplett ein. Laut Verlagschefin Janet Robinson erhoffte man sich größere Gewinne durch Onlinewerbung. Dass dieses Konzept nicht aufging, zeigten die jüngsten Entlassungen von 150 Mitarbeitern.
Doch auch technisch sind noch einige Hürden zu nehmen. Um gegen Betrugsmaschen vorzugehen, muss der Anbieter den einzelnen Benutzer nach zehn gelesenen Artikeln identifizieren. Bisher reichen das Löschen der Browserdaten und eine Neuverbindung zum Internet unter anderer IP-Adresse durch den Nutzer aus, um solche Sperren zu umgehen. Die „New York Times“ verspricht eine „Reihe von Techniken, die solche Tricks erschweren“. Wie genau die „Personalisierungs-Analysen“ aussehen, die den Benutzer wiedererkennen sollen, ist jedoch nicht bekannt. Natürlich besteht seitens anderer kommerzieller Websites gewaltiges Interesse an solchen Systemen. Weltweit beobachten diverse Verlage die finanziellen Ergebnisse der Bezahlaktion.
Springer, Spiegel, Stern, Freie Presse – E-Paper kosten extra
Auch in Deutschland wollen die Verlage nicht hilflos das Ende der Printkrise aussitzen. Bisher bleiben aber noch viele Onlineangebote der Zeitungen kostenlos und von den Printausgaben getrennt. Wer die eigentlichen Inhalte der Zeitungen lesen will, muss sich bei dem Onlinebezahlservice „ClickandBuy“ registrieren und eine Ausgabe kaufen. Leider sind die meisten dieser PDF-Ausgaben für Zeitungsformat konzipiert und lassen sich relativ schwer am Bildschirm lesen.
Die Ausnahme bilden Programme für Handys. Ob iPhone oder BlackBerry, wer unterwegs viel liest, wird sich an den gut lesbaren Inhalten freuen. Allerdings kosten einige dieser „Apps“ wiederum. Sollte sich das Konzept der New Yorker als konstant ergiebige Geldquelle erweisen, ist die Umstellung in Deutschland nur noch eine Frage der Zeit.