Vier Jahre nach der Veröffentlichung der Spielekonsole „Nintendo Wii“ adaptieren Sony mit „Playstation Move“ und Microsoft mit „Xbox Kinect“ nun das Konzept der bewegungsensitiven Steuerung, bei der der Spieler mit seinen Körperbewegungen seine Spielfigur steuert. Die Anbieter versuchen damit, neue Zielgruppen zu erschließen, da die üblichen Absatzmärkte nicht mehr viel Wachstumspotenzial versprechen.
Weibliche Wachstumschancen
Neben älteren Menschen bestehen vor allem bei weiblichen Spielern größere Wachstumschancen „als bei der bereits stark mit Computerspielen gesättigten und somit hart umkämpften Zielgruppe der jungen Männer“, so Mark Butler vom Zentrum für Computerspielforschung der Universität Potsdam. Waren Frauen bisher eher als Charaktere monoton überzeichnete Charaktere à la Lara Croft im Spiel integriert, sollen sie nun immer öfter selbst zur Steuerung greifen. Butler: „Der Industrie stand es auch vorher offen diese Zielgruppen anzusprechen. Aber sie waren damals noch nicht so attraktiv.“ Ein Beispiel für die erfolgreiche Akquise der weiblichen Zielgruppe ist die weitab von allzu fantastischen Ereignissen und actiongeladenem Geschehen angesiedelte Serie „Die Sims“. Eine Studie der Universität Madrid von 2006 bestätigt dies: 13,37 Prozent der Befragten gaben das Spiel als ihren Favoriten an.
Vorbild für die aktuellen Bestrebungen, neue Märkte zu erschließen, ist der Nintendo-Konzern. Die Strategie, neue intuitive Bewegungssteuerung mit familienfreundlichen Inhalten zu verbinden, hat sich für die Japaner gelohnt. Dies bestätigt eine Umfrage der Interactive Software Federation of Europe, nach der die Konsole „Wii“ die beliebteste Spielekonsole Europas ist. Das System ist besonders bei Frauen beliebt, deren Anteil unter den Besitzern der Handheld-Konsole „Nintendo DS“ mehr als doppelt so hoch ist wie der der Männer.
Unterschiedliches Spielverhalten ermöglicht kostengünstige Produktionen
Ein wesentlicher Unterschied zwischen den Geschlechtern ist das Spielverhalten. Weibliche Spieler gelten als weniger engagiert. Dieses Muster machen sich die sogenannten „Casual Games“ zunutze, zu denen auch der Klassiker Tetris gezählt werden kann. Diese Gelegenheitsspiele sind meist kurz, einfach zu bedienen, besitzen eine hohe Lernkurve und bieten wenig Frustrationspotential. Der Markt der Casual Games ist allein von 2002 bis 2006 von 25 Millionen auf mehr als 500 Millionen US-Dollar angestiegen. Neben den immer größer werdenden Umsätzen bieten sie den Entwicklern einen weiteren Vorteil: Das Produktionsbudget ist wesentlich kleiner, da meist keine aufwendige Grafik benötigt wird.
Die Videospielindustrie versucht schon seit einiger Zeit, mehr Menschen für das Medium zu begeistern. Dennoch schaffte sie es über Jahre nicht, mit ihren Erzeugnissen die gesamte Bevölkerung anzusprechen. Auch nach den Erfolgen der Wii spielen nur 26 Prozent der Männer und 13 Prozent der Frauen in Deutschland überhaupt. Das Marktpotential für die Videospielindustrie ist folglich bei weitem noch nicht ausgeschöpft. Es ist davon auszugehen, dass Neuheiten wie Kinect das Wachstum auf ähnlich hohem Niveau halten werden wie bisher.