Der Radiosender„Energy Basel“ ist seit dem 13. Januar 2012 „On Air“. Nach reichlich zwei Jahren auf Sendung firmiert das ehemalige „Radio Basel“ nun unter neuem Namen. Nach dem Züricher Sender „Radio Z“ im Jahr 2003 und „Radio BE1“ aus Bern 2010 ist dies nun bereits die dritte Übernahme eines schweizer Radiosenders durch die große französische Kette „NRJ“. Auch in Deutschland war das Radiounternehmen nicht untätig. Die letzte Übernahme fand 2010 in Frankfurt am Main statt. Dort sendet jetzt „Energy Rhein-Main“ und ersetzt „Main FM“. Die „NRJ Group“ ist mittlerweile das größte private Radiounternehmen in Europa. Nicht zuletzt wurde die Größe durch die Übernahmen kleiner Radiostationen erreicht.
Lohnendes Geschäft für beide Seiten
Vorteile haben durch eine solche Zusammenarbeit beide Seiten. Karlheinz Kögel, bisheriger Alleineigentümer der „Radio Basel Gruppe“, verkaufte 15 Prozent seiner Anteile an „NRJ“, bleibt allerdings weiterhin Verwaltungsratspräsident. Kögel und sein Radiosender profitieren allerdings nicht nur durch den Verkauf der Anteile. Markus Heinker, Jurist und ehemaliger Programmdirektor bei „Energy Sachsen“, sieht in der Kooperation mehrere Vorteile. „Mit ‚NRJ‘ als Partner erwirbt der Sender Radio-Knowhow und wichtige Werbekontakte“, sagt Heinker gegenüber medienMITTWEIDA. Für „Energy“ sei die Übernahme von Radiostationen in erster Linie Nameplacement, aber auch eine Vergrößerung des eigenen Werbemarktes. Werbeträger können bei „Energy“ etwa bundesweit Werbezeiten buchen und müssen somit keine eigene Strategie erarbeiten, um mit vielen einzelnen Stationen eine große Fläche abzudecken.
Außerdem ist der Unterhalt eines Senders wesentlich geringer, wenn eine Franchise-Kette dahinter steht. Der einzelne Sender spart unter anderem Personalkosten, da er durch die Übernahme von vorproduzierten Elementen weniger Mitarbeiter in der On-Air-Produktion benötigt. Zudem setzen einige „Energy“-Stationen gerne Volontäre schon zu Beginn ihrer Ausbildung als feste Moderatoren der Sendungen ein.
Frage nach Programmvielfalt erübrigt sich
Heinker denkt, dass die oft gestellte Frage nach einer zu geringen Programmvielfalt sich mit einem Blick in die Zukunft erübrigt. „Durch die geplante Umstellung vom analogen zum digitalen Hörfunk wird sich die derzeitige Knappheit an Frequenzen umkehren“, schätzt der Rundfunkspezialist. Lokaldienste seien dadurch nicht mehr gefährdet. Die Diskussion sei außerdem überflüssig, da aktuelle Lokalsender die Lizenzbedingungen kaum noch erfüllen und eine Vielfalt auch aktuell schon nicht mehr gegeben sei. Auch Frank Wilkat sieht in den Übernahmen keine Gefahren für die Musikvielfalt. „Durch die neuen Verbreitungswege, wie DAB+, wird das Radiohörern eine ungeahnte Programmvielfalt eröffnen.“
Markus Heinker geht davon aus, dass die Übernahmen durch „Energy“ weitergehen werden. Auch Frank Wilkat, europaweit tätiger Radioberater, erwartet von großen Ketten weitere Übernahmen. „Am Beispiel des amerikanischen Radiomarktes wird klar vorstellbar, dass in einem zusammenwachsenden Europa größere Sendergruppen in den nächsten Jahren kleinere, unrentable Radiosender übernehmen werden“, prophezeit er. Im heutigen Europa lohne sich die grenzübergreifende Zusammenarbeit mehr als je zuvor. Fraglich bleibt, ob der Wegfall lokaler und regionaler Sender für die Radiolandschaft und speziell die Jobaussichten der Radiomacher selbst schädlich sein wird.