Ob im Müsli, Smoothie oder nur auf die Hand – Die Banane ist ein Renner unter den Obstsorten und aus den Einkaufswagen der meisten Deutschen nicht mehr wegzudenken. Doch auch wenn uns der Genuss der gelben Frucht wie eine Selbstverständlichkeit erscheint, könnte die Banane, wie wir sie kennen, bald der Vergangenheit angehören. Denn nur die Wenigsten wissen: Die Banane ist in Gefahr – und das nicht zum ersten Mal.
Während Menschen weltweit derzeit ihr Möglichstes versuchen, um die Ausbreitung von COVID-19 zu verlangsamen, kämpfen Bananenbauern weltweit schon seit längerem mit einer Pandemie der ganz anderen Art. Grund dafür ist eine sogenannte „Fusariose“, ein Pilzbefall, der allgemein auch als „Panamakrankheit“ bezeichnet wird. Ausgelöst wird diese durch den Schlauchpilz „Fusiarum oxysporum“, welcher befallene Stauden welken und im Endstadium der Krankheit absterben lässt, bevor sich Früchte an dieser bilden können. Laut offiziellen Angaben der australischen Regierung erkenne man betroffene Pflanzen vor allem an gelblichen Verfärbungen der Blätter und im späteren Verlauf auch an einer rötlich-braunen Verfärbung innerhalb des Stammes. Ist eine Pflanze erst einmal befallen, stehen die Chancen auf eine Genesung äußerst schlecht. Tritt der seltene Fall einer Erholung dennoch ein, sind meist schlechtes Wachstum und ein potentielles Weiterverbreiten der Krankheit über Sämlinge der Mutterpflanze die Folge.
Droht ein Zusammenbruch der Bananenindustrie?
Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, dass die Folgen sowohl für die Industrie als auch für den Verbraucher verheerend sein könnten. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts befiel die Krankheit erstmals die „Gros Michel”, die zu diesem Zeitpunkt einzig kommerziell angebaute Bananensorte. Zwar gab es schon früher vereinzelt Sichtungen von befallenen Pflanzen in Südostasien, weitreichende Bekanntheit und ihren heutigen Namen erlangte die Krankheit aber erst, als diese flächendeckend auf Plantagen in Panama auftrat. Alle Versuche, eine weitere Verbreitung zu verhindern, schlugen fehl, da sich Fusiarum oxysporum als resistent gegen jede Art von chemischen Mitteln zur Bekämpfung von Pilzen erwies. Bis zum Beginn der 1960er Jahre war der kommerzielle Anbau der „Gros Michel” nicht mehr möglich, was beinahe zum kompletten Zusammenbruch der Bananenindustrie geführt hätte. Die Folgen, geringe Verfügbarkeit und steigende Preise, waren für Verbraucher auf der ganzen Welt spürbar. Einen Weg aus der Krise bot damals die „ Cavendish”, eine Bananensorte, welche sich zum damaligen Zeitpunkt als immun gegen die Panamakrankheit erwies. Infolgedessen entschieden sich Bauern weltweit für den Umstieg von der „Gros Michel” auf die „Cavendish” die bis heute die mit Abstand meistangebaute Bananensorte ist.
Allerdings erwies sich die Annahme, dass die „Cavendish” immun gegen den Befall von Fusiarum oxysporum sei, schon bald als Irrtum. 1994 wurde ein neuer Stamm des Fusariumpilzes in Südostasien entdeckt, der seitdem tausende Hektar von Bananenplantagen in China, Indonesien, Malaysia und den Philippinen befallen hat. Erste Meldungen von erkrankten Pflanzen aus Kolumbien deuten darauf hin, dass auch eine erneute Ausbreitung in Mittel- und Südamerika kurz bevorstehen könnte. Sollten sich diese Befürchtungen bewahrheiten, wären die Folgen nicht nur für die Verbraucher fatal. Auch die lokale Bevölkerung würde spürbar leiden, denn gerade in dieser Region ist der Anbau von Bananen ein wichtiger Wirtschaftszweig. Der weltweit größte Bananenexporteur, Ecuador, exportierte im Jahr 2018 Bananen im Wert 3,37 Milliarden US-Dollar. Bei einem Gesamtvolumen von 22,1 Milliarden US-Dollar macht das ganze 15,2 Prozent des Exports aus. Auch andere Länder wie Guatemala, Panama oder Costa Rica sind zu einem erheblichen Maße vom Bananenexport abhängig. Der Verlust der Banane würde also nicht nur das Portemonnaie der Verbraucher, sondern vor allem die Lebensgrundlage von Millionen Menschen in dieser Region bedrohen.
Kann die Banane noch gerettet werden?
Die Bekämpfung der Panamakrankheit erweist sich bislang als schwierig, denn die Vermehrung der Banane erfolgt beim industriellen Anbau, im Gegensatz zur natürlichen Reproduktion, asexuell. Dabei werden sogenannte Kindel, die als Seitensprossen am unteren Ende des Stammes wachsen, abgetrennt und neu eingepflanzt. Jede einzelne Pflanze teilt sich demzufolge ihr Erbgut zu 100 Prozent mit Ablegern desselben Stammes. Die daraus resultierende, geringe genetische Vielfalt macht die Bananenpflanzen besonders anfällig für Krankheitserreger wie den Fusariumpilz. Grundlegende Maßnahmen, wie betroffene Plantagen unter Quarantäne zu stellen, helfen bislang dabei, die Ausbreitung der Krankheiten zumindest zu verlangsamen.
Langfristige Lösungsansätze zielen vor allem auf die genetische Diversifizierung von Bananenstämmen sowie den Einsatz von Gentechnik ab, um die Pflanzen widerstandsfähiger gegen Pilzbefälle zu machen. Vor allem Letzteres scheint sich in den vergangenen Jahren als der vielversprechendste Ansatz zum langfristigen Erhalt der Banane zu erweisen. Es besteht allerdings die Sorge, dass gerade dieser aufgrund eines weit verbreiteten Misstrauens gegenüber gentechnischer Verfahren von Verbrauchern nicht angenommen werden könnte. Doch nicht nur das grundlegende Misstrauen gegenüber der Gentechnik könnte eine Hürde für künstlich immunisierte Pflanzen sein: Durch Änderungen im Erbgut der betroffenen Bananen könnte es auch zu Änderungen in deren Geschmack kommen. Das Gleichgewicht zwischen einer wie gewohnt schmeckenden und trotzdem resistenten Banane zu finden, wird also eine nicht zu unterschätzende Herausforderung für Forscher sein, welche sich diesem Lösungsansatz verschrieben haben.
Alles in allem besteht also eine reale Chance, dass uns die „Cavendish” und damit die Banane, wie wir sie kennen, in naher Zukunft verloren gehen könnte. Was darauf folgt, hängt vor allem von den Verbrauchern und der Industrie als Ganzes ab. Produzenten müssten bereit sein, statt Monokulturen eine breitere Auswahl verschiedener Bananenarten anzubauen. Verbraucher müssten sich darauf einstellen, die dadurch entstehenden Mehrkosten sowie eventuell ungewohnte Geschmacksrichtungen, zu akzeptieren.