Petfluencerin im Interview

„Man darf nie vergessen, dass es sich um Lebewesen handelt”

von | 4. Januar 2019

Eine Hündin mit 64.000 Abonnenten auf Instagram? Jasmin Bock erklärt die Arbeit als Petfluencer.

Jasmin Bock, 29 Jahre, Rasse: Mensch, arbeitet bei einer Versicherung im Innendienst
Kollegin & Partnerin: Bailey, 3 Jahre, Rasse: Shetland Sheepdog
Berufung: Petfluencerin

In einem schriftlichen Interview mit medienMITTWEIDA erklärt Jasmin Bock, was hinter einem Petfluencer steckt und wie sie es schafft, dass Bailey immer Spaß an ihrer Arbeit hat. 

Welche Tiere eignen sich gut als Petfluencer?

Jasmin Bock: Die Beantwortung dieser Frage fällt mir wirklich schwer. In den letzten Jahren habe ich leider häufiger miterlebt, dass Menschen sich ein Tier angeschafft haben, weil es in Mode ist oder gar, weil es viele Fans auf Instagram bekommt. Das darf niemals der Grund sein, sich für eine bestimmte Tierart oder Rasse zu entscheiden.

Ich kann allerdings generell davon berichten, welchen Tieren ich selber gerne auf Instagram folge. Ich schaue mir gerne Fotos von anderen Shelties an. Das geht vermutlich jedem Hundebesitzer eines Rassehundes so, dass er sich gerne mit Menschen austauscht, die einen ähnlichen Hund haben. Was natürlich immer gut ankommt, sind Tiere, die ein außergewöhnliches Merkmal haben.

Beispielsweise Grumpy Cat. Ich selber folge ihr nicht und habe den Hype auch nie verstanden. Es hat scheinbar aber funktioniert, dass eine Katze, die grimmig dreinschaut, gut ankommt. Eine Sache sollte ein Tier aber definitiv haben: Spaß am Fotografieren! Unsere Hündin Bailey kennt es von Welpenalter an, dass sie fotografiert wird. Die Kamera ist bei ihr positiv verknüpft und sie freut sich, wenn wir Fotos machen.

Was macht einen Petfluencer aus?

Jasmin Bock: Influencer sind bekanntlich Personen, die Andere beeinflussen. Demzufolge sind Petfluencer Tiere, die Andere beeinflussen. Man sieht die Tiere auf Fotos und Videos, wie sie ein bestimmtes Produkt fressen oder tragen. Damit werden Menschen -meist unbewusst- beeinflusst, dieses Produkt ebenfalls zu kaufen.

Siehst du dich und Bailey als Petfluencer?

Bock: Ich nutze zwar selber auf Instagram den Hashtag #Petfluencer, damit die entsprechende Zielgruppe uns finden kann, aber so richtig glücklich bin ich mit dem Begriff ehrlich gesagt nicht. Denn kein Hund schnappt sich selbst eine Kamera, macht Fotos und lädt diese auf den sozialen Netzwerken hoch. Obwohl das schon sehr cool wäre!

Es ist immer der Mensch, der hinter dem Account steht und das Tier in Szene setzt. Ich selber sehe uns nicht so richtig als Petfluencer. Außerdem geht es bei uns auch nicht nur um Bailey, sondern generell um das Leben mit Hund. Ich berichte viel über unseren Alltag und da spielen auch „Nicht-Hunde-Themen“ häufig eine große Rolle.

Am 7. November 2015 ist der allererste Blogbeitrag auf ‚Sheltie Bailey‘ online gegangen. Foto: Jasmin Bock

Wie kamst du auf die Idee, eine eigene Homepage und Social-Media-Accounts zu gründen?

Bock: Bald sind wir vier Jahre auf Instagram. Ich habe damals angefangen über meinen Traum zu berichten, dass ein Hund zu unserer Familie dazugehören soll. Meine Freunde wollte ich mit dem Thema nicht nerven und deshalb brauchte ich einen „Kanal“, um meinen Gedanken freien Lauf zu lassen. Damals stand schon fest, dass dieser Traum wahr werden soll.

Zwei Wochen nachdem ich den InstagramAccount gestartet hatte, wurde Bailey geboren. Ich war zu diesem Zeitpunkt bereits leidenschaftliche Hobbyfotografin. Ich habe jeden Tag mindestens ein Foto hochgeladen und für damalige Instagram-Verhältnisse ungewöhnlich lange Texte geschrieben. Damit gehörten wir zu einer absoluten Nische und die Mischung aus hübschen Welpen-Fotos und ehrlichen Texten traf offenbar den Geschmack vieler Menschen. Im Handumdrehen wurden es immer mehr Follower. Irgendwann kamen die ersten Firmen auf mich zu und fragten, ob wir nicht Lust hätten ihre Produkte zu testen. Seitdem habe ich nichts am Stil meines Accounts geändert. Mittlerweile tauche ich selber auch häufiger auf den Fotos auf, als noch zu Beginn. Irgendwann wurde es mir ehrlich gesagt zu langweilig immer nur über Hundethemen zu schreiben. Es war also nie meine Idee, ein sogenannter Petfluencer zu werden. Es hat sich tatsächlich einfach so ergeben.

Wie unterscheidet sich dein Account von Anderen?

Bock: Ich verstelle mich nicht. Ich bin ehrlich und zeige auch gerade in der Instagram-Story mal Dinge, die Andere vielleicht löschen würden. Dinge die nicht klappen, wenn ich mich verspreche oder auch mal die unaufgeräumte Küche. Ich bin auch nur ein Mensch und gewähre all den Anderen dort draußen einen Einblick in unser Leben mit Bailey.

Wie viel Zeit benötigst du zur Pflege deiner Profile?

Bock: Wenn ich mir so vor Augen führe, wie viel Zeit mich die Pflege aller Accounts und vor allem dessen, was noch dahinter steckt kostet, finde ich das manchmal schon etwas erschreckend. Ich schätze, dass ich im Schnitt zwei Stunden am Tag mit Allem beschäftigt bin. Tendenz steigend! Die Instagram-Posts zu verfassen, kostet mich dabei am wenigsten Zeit. Zum Glück habe ich selten Schreibblockaden. Bild aussuchen, Text schreiben, witzige Emojis einfügen, Hashtags auswählen. Zack! In circa 15 Minuten ist der Post online.

Was allerdings am meisten Zeit beansprucht ist das Beantworten von Nachrichten und Kommentaren. Leider schaffe ich es bereits nicht mehr, jedem immer auf alles zu antworten. Ich lese alles, aber manchmal schaffe ich es nur ein Herz dazulassen, so leid es mir tut. Wenn mir allerdings Fragen gestellt werden, bin ich immer bestrebt, jedem zu antworten.

Was auch viel Zeit in Anspruch nimmt, ist das Fotografieren und die Bildbearbeitung. Meistens machen wir ein- bis zweimal in der Woche Fotos. Ich habe seit drei Jahren ein Gewerbe als Blogger. Mittlerweile bekomme ich wöchentlich fünf bis zehn Anfragen von Firmen, die nach einer Kooperation fragen. Sich diese anzuschauen und zu beantworten dauert auch Zeit. Die meisten Kooperationsanfragen lehne ich tatsächlich ab. Da ich nicht zu viel Werbung machen möchte.

Und dann gibt es noch mein Lieblingsthema -Achtung: Ironie!- Buchhaltung. Als Kleingewerbetreibender muss man auch solche Dinge machen.

Bailey ist Jasmin Bock’s erster Hund. Sie erzählt in ihrem Blog über Bailey und über alles rund um das Thema Hund. Foto: Jasmin Bock

Gibt es Menschen, die dich oder deine Seite kritisieren?

Bock: Da gibt es sicherlich mehr Kritiker, als ich weiß. Wenn es Kritik gibt, dann in der Regel zum Thema Werbung. Damit kann ich gut leben. Was mich persönlich sehr verletzt, wenn es doch einmal jemanden gibt, der kritisiert, wie ich mit Bailey umgehe und dass ich sie als „Gelddruckmaschine“ missbrauchen würde. Das ist einfach unfair und wer uns kennt weiß, dass das absoluter Quatsch ist. Solche Worte treffen mich. Bailey bedeutet mir einfach alles und ihr Wohl steht über allem.

Du machst ja auch Produkttests. Wie schaffst du es nicht zu werblich zu wirken?

Bock: In erster Linie nehme ich nur Kooperationen an von Produkten, die mich wirklich interessieren und begeistern. Wenn ich ein Produkt nicht gut finde oder etwas kritisch sehe, dann sage ich das auch. Mein Blog und mein Account ist nur das, was er ist, weil meine Follower mir vertrauen. Ehrlich gesagt wäre es von mir auch schön dämlich, wenn ich dieses Vertrauen mit gestellten Produkttests aufs Spiel setze.

Wie sieht es mit Konkurrenz aus?

Bock: Die „Konkurrenz“ wird immer mehr, allerdings finde ich dieses Konkurrenzdenken ganz schrecklich. Ich stehe auch mit anderen großen Accounts in Kontakt und da herrscht kein Konkurrenzdenken. Es ist mit Manchen fast schon, wie in einer großen Familie. Instagram ist so groß und ich habe keine Angst, dass mir jemand eine Kooperation wegschnappt. Im Gegenteil: Ich habe auch schon Blogger-Kollegen an Firmen weiterempfohlen, wenn ich weiß, dass diese tolle Arbeit machen. Missgunst und Neid gibt es schon zur Genüge im Netz.

Top-Petfluencer 2017

Laut InfluencerDB belegten 2017 folgende Petfluencer die ersten Ränge der größten Instagramkanäle:

  1. jiffpom
  2. nala_cat
  3. itsdougthepug

Wann geht der Mensch hinter einem Petfluencer zu weit?

Bock: Wenn Tiere zu etwas gezwungen werden, was sie nicht möchten, nur weil es besonders süß aussieht oder das Foto dann toll wird. Es gibt einen Unterschied zwischen Spaß und Stress. Wenn Tiere in Klamotten gequetscht werden, in denen sie sich sichtlich unwohl fühlen, geht das für mich zu weit. Wir haben aber auch schon Fotoideen sein gelassen, weil ich gemerkt habe, dass es für Bailey Stress war. Am wichtigsten ist es die Bedürfnisse des Tieres nicht aus den Augen zu verlieren. Man darf niemals vergessen, dass es sich immer noch um Lebewesen handelt, die nichts davon haben, dass sie auf Instagram bekannt sind.

Text: Michelle Kayser | Fotos: Jasmin Bock
<h3>Annika Braun</h3>

Annika Braun

studiert Medienmanagement an der Hochschule Mittweida in der Vertiefung Journalismus und ist 21 Jahre alt. Als Chefredakteurin bei medienMITTWEIDA ist sie in diesem Semester für die inhaltliche Leitung der Redaktion verantwortlich. Erste journalistische Erfahrungen machte Annika zwischen Abitur und Studium im Lokalradio und -redaktion in ihrer Heimat Bayern. In Mittweida ist sie derzeit noch beim Radio in der Sportsendung zu hören, außerdem hat sie mit sieben Kommilitonen ein Journalismus-Startup gegründet, das Nachrichten für soziale Netzwerke aufbereitet.