Eine gelungene Abwechslung zum tristen Hochschulalltag bot am Mittwochabend der „Comedy Slam 2.0“ im Gerhard-Neumann-Bau. Insgesamt vier Slamer überzeugten das Publikum mit einem unterhaltsamen Programm. Aber was macht Poetry Slam eigentlich aus? medienMITTWEIDA hat sich umgehört und einen Slammer mal genauer unter die Lupe genommen.
Bereits der erste Poetry Slam an der Hochschule war ein voller Erfolg und der gestrige Abend konnte auf jeden Fall mithalten, wenn nicht sogar noch einen draufsetzen. Gegen 20:30 Uhr begann das Programm unter der Leitung von Thomas Jurisch und endete nach knapp zweieinhalb Stunden. Auch der Moderator Thomas zeigte sein Können mit einem sehr bekannten Text, den er schon zum Medienforum im vergangenen Jahr vortrug. Leider kamen von den vier Slammern, die auf den Plakaten zu sehen waren, nur die Hälfte. Zum Glück sagten kurzfristig noch zwei Slammer, einer aus Dresden und einer aus Berlin, zu. Der Moderator und die vier Vortragenden sorgten für geballte Comedy, viele feuchte Augen und schmerzende Bauchmuskeln. Das Publikum war begeistert von so viel Humor und zeigte sich mit tobendem Applaus dankbar für die gelungene Abwechslung. Ein Sieger wurde natürlich auch ermittelt, und zwar vom Publikum höchstpersönlich (wie es sich gehört). Sein Name: Daniel Wagner.
Aber wer spricht da eigentlich?
Daniel Wagner
Daniel, der jüngste Slammer am gestrigen Abend, ist seit 2007 auf der Bühne unterwegs und erzielte bis heute beachtliche Erfolge, beispielsweise bei den deutschen Poetry Slam Meisterschaften. Der gebürtige 31-jährige Schweizer agiert auch als Moderator. Bekannt ist er für unterhaltsame, schwarze, bitterböse wie auch heitere und wortverspielte Satire. Seine Texte über unsere Gesellschaft, die immer so viel Gutes tun will, aber sich eigentlich in komplette Gegensätze verstrickt und das perverse Liebesleben des 21. Jahrhunderts kam sehr gut beim Publikum an, vor allem aber der zweite Teil, Sex sells.
Moses Wolff
Moses ist Slammer, Schauspieler, Autor und Comedian, es gibt eigentlich nichts, was er nicht kann. Er scheint sogar so berühmt zu sein, dass ihn der BR portraitierte. Seine Pseudonyme lauten Moses Shanti und Wildbach-Toni. Zu seinen bekanntesten Werken gehört wahrscheinlich „Highway to Hellas“, welches 2015 unter anderem mit Christoph Maria Herbst verfilmt wurde. Eine wahre Ikone des Wortwitzes also. Er redete über ein Leben in einer Beziehung sowie wie eine Flughafenkontrolle für einen vermeintlich Homosexuellen abläuft, der sich lieber von einer Frau durchsuchen lässt. Auch Facebook bekam sein Fett weg.
Konstantin Turra
Konstantin ist schon lange im Poetry Slam aktiv und seit 2012 Moderator des Comedy Slam in Dresden, sogar als Autor hat er sich einen Namen gemacht. Mit 35 Jahren gehört er zum gesunden Mittelfeld der gestrigen Teilnehmer, zumindest was das Alter angeht. Konstantin, als gelernter Erzieher, regt sich hemmungslos über kleine Kinder auf, die sich doch ganz schön dämlich im Leben anstellen, egal wie alt sie sind, ein bisschen kann man sich doch mal zusammenreißen, oder? Auch der Dresdner Stadtteil Gorbitz mit dessen dort wohnhaften Jugendlichen kam nicht gut weg.
Micha Ebeling
Micha, zweifacher deutscher Poetry Slam Meister und extrem lustiger Slammer, begeisterte das Publikum mit seiner geheimen sexuellen Beziehung zu Beate Zschäpe. Er verriet uns einige Details, die auch für die Härtesten unter uns zum Schock wurden, allerdings trotzdem heiter belacht wurden. Auch sein zweiter Teil hatte einen braunen Unterton, er regte sich als Führer einer Wohnungsgemeinschaft fürchterlich über die Briefträger auf, die trotz „Bitte keine Werbung einwerfen“-Schild Werbung einwarfen. Unerhört.
Daniel deckt auf
medienMITTWEIDA hat sich mit dem Gewinner des Comedyslams unterhalten.
medienMITTWEIDA: Wie kommt man eigentlich zum Poetry Slam?
Daniel: Heute? Mit dem Zug und sonst auch mit dem Auto. […] Ich glaube, das ist das gleiche wie bei euch Studenten. Also ich komme aus Lörrach, da gibt es sowas nicht. Zum Studieren bin ich dann nach Heidelberg gezogen, da gibt’s eine Szene, und wenn man gerne schreibt, wird man darauf auch aufmerksam.
medienMITTWEIDA: Was bedeutet Poetry Slam für dich und in wieweit bringst du eigene Erfahrungen mit ein?
Daniel: Sehr viel, in erster Linie sehr viel Spaß natürlich. Wir bekommen nicht viel Geld fürs Slammen, aber alle, die das machen, schreiben auch gerne und es ist toll, wenn man das dann auf einer Bühne vor Zuschauern vortragen kann. […] Wenn man gerne Gedichte vorträgt, Kabarett macht oder Anderes, also alles was gesprochenes Wort ist, wie Comedy oder Stand-up-Comedy, dafür hat man eine Bühne und wird gesehen. Man kann den Poetry Slam sehr gut als Sprungbrett nutzen, für ganz viele Richtungen wie Lyriker, Comedian oder Kabarettist. Das haben auch schon sehr viele getan, dafür ist Poetry Slam super geeignet, auch für das Publikum, denn es ist sehr unterhaltsam und eine gelungene Abwechslung, weil hier alles dabei ist, alle Genres die „gesprochenes Wort ohne Hilfsmittel“ bedeuten.
medienMITTWEIDA: Lässt es sich vom reinen Slammen leben?
Daniel: Nein, der reine Poetry Slam ist unkommerziell, aber wenn man davon leben möchte, lässt sich darauf aufbauen. Man kann zum Beispiel eine Soloshow aufstellen, wenn man viele gute Slamtexte hat und daraus ein Programm kreieren. Oder man wird selbst Veranstalter. Man kann auch, so wie ich das gemacht habe, Bücher publizieren, oder moderieren. Vor allem auch Workshops. An Schulen gebe ich sehr gerne Workshops, das hätte ich mir zu Schulzeiten selber gewünscht, wenn mal jemand anderes als der Lehrer reinkommt und einen ganz neuen Umgang mit Sprache und Literatur zeigen kann. Auf all diesen Veranstaltungen wird man gesehen und dann wird man für Hochzeiten oder Firmenfeiern gebucht. Das ist dann vielleicht nicht immer so ein fantastisches Publikum wie hier, aber bringt halt Geld.
Ein wirklich toller Abend mit viel heiterem Gelächter und amüsierten Gesichtern. Ein voller Erfolg, sowohl für die Zuschauer, als auch für die Slammer, der erst spät in der Nacht im „1865“ endete.
Text & Interview: Fabian Opitz. Beitragsbilder & Bearbeitung: Markus Walter.