„Ein schwarzer Wolf im Schafsfell“
„Komm zur Polizei von Colorado Springs – Bewerbung von Minderheiten Willkommen“, steht auf dem Banner geschrieben, unter dem der junge, selbstbewusste Ron Stallworth (John David Washington) steht. Nachdem er seinen Afro zurechtgerückt hat, spaziert er prompt in das Polizeirevier der Stadt, um sich dort zu bewerben. Und tatsächlich bekommt der „junge, hippe Soul-Brother“, wie er bei seinem Einstellungsgespräch tituliert wird, die Stelle des Officers. Auf die Frage, ob er mit rassistischen Bemerkungen seitens seiner Kollegen umgehen kann, reagiert er mit Überraschung: „Wird das denn vorkommen?“, fragt er verdutzt. Seine Vorgesetzten tauschen einen vielsagenden Blick aus – schließlich gibt es bis jetzt außer ihm keinen einzigen schwarzen Polizisten in der Stadt.
Ein Protagonist zwischen den Fronten
So findet sich Ron kurz darauf in der Aktenkammer seiner Dienststelle wieder, wo er sich von einigen seiner weißen Kollegen rassistische Sprüche anhören und die Akten von „Bimbos“ heraussuchen muss. Doch das lässt Ron nicht lange auf sich sitzen und arbeitet sich schnell zum Mitglied der Undercover-Einheit hoch. Seinen ersten Einsatz hat er bei einem Vortrag von Kwame Ture (Corey Hawkins), einem ehemaligen Black Panther. Die Polizei befürchtet, dass der wortgewandte Redner die schwarze Bevölkerung der Stadt aufstacheln könnte. Und das will Rons Vorgesetzter unbedingt verhindern: „Wir wollen nicht, dass er in die Köpfe der guten Neger von Colorado Springs gerät.”
Regisseur Spike Lee macht diesen Vortrag zu einer cineastisch wundervoll aufgearbeiteten Szene des politischen Protests. In einer bewegenden Rede, die sich auch an den Zuschauer richtet, spricht Ture davon, wie wichtig es sei, sich als Schwarzer selbst zu lieben. „Black is beautiful!“, ruft er, während die dramatisch beleuchteten Gesichter seines Publikums über den Bildschirm flackern. Und mitten zwischen diesen Gesichtern taucht auch Ron auf, welcher sich sichtlich unwohl bei dem Gedanken fühlt, einen „Bruder“ für eine größtenteils weiße Organisation auszuspionieren.
Wie ein Schwarzer Cop zum Klan-Mitglied wurde
Apropos weiße Organisation: Kurz nach seinem ersten erfolgreichen Einsatz, stößt Ron in der Zeitung auf eine Anzeige des Ku-Klux-Klans. Hier beginnt die Geschichte spannend zu werden: Kurzerhand greift er zum Hörer und gibt sich am Telefon als ein, auf seine arische Herkunft stolzen, Amerikaner mit einem besonders ausgeprägten Schwarzen-Hass aus. Was als Scherzanruf beginnt, entwickelt sich schnell zu einem neuen Undercover -Einsatz. Rons Plan ist es, sich in die lokale Ku-Klux-Klan-Ortsgruppe einzuschleusen, indem er am Telefon mit ihnen – und später sogar mit David Duke (Topher Grace), dem Grand Wizard höchst persönlich – in Kontakt tritt.
Da es für Ron aus offensichtlichen Gründen natürlich nicht selbst möglich ist, sich mit den Klan-Mitgliedern persönlich zu treffen, muss sein Kollege Phillip „Flip“ Zimmerman (Adam Driver) die Rolle des weißen Ron Stallworth übernehmen. Und so findet sich Flip – welcher selbst zwar weiß, aber dafür jüdisch ist – inmitten des Kerns der Ortsgruppe wieder, wo der Gebrauch von Rassismus, Antisemitismus, Misogynie, Homophobie und natürlich Waffen an der Tagesordnung steht.
Dass diese Kombination schnell zu Spannungen führen kann, ist allen Beteiligten der Mission bewusst. Die Mitglieder der Organisation, welche größtenteils als hinterwäldlerische Vollidioten dargestellt werden, über die sich der Zuschauer lustig machen kann, nehmen den vermeintlich Gleichgesinnten Ron Stallworth herzlich in ihrer Mitte auf. Trotzdem muss Flip bei jedem seiner Schritte höllisch aufpassen, denn das argwöhnische Klan-Mitglied Felix Kendrickson (Jasper Pääkkönen) hegt Misstrauen gegen ihn. Als Flip schließlich von Felix mit einer Waffe bedroht und zu einem “Judentest” gezwungen wird, droht die Situation zu eskalieren. Spätestens jetzt wird dem Zuschauer klar: An dummen, hasserfüllten Extremisten, welche über ein großes Waffenarsenal verfügen, ist rein gar nichts lustig.
Ein Film mit einer traurigen und gefährlichen Aktualität
Trotz dieser Vorkommnisse glaubt Ron immer noch an das Gute in seinen Mitbürgern. „Das amerikanische Volk würde doch niemals einen wie David Duke zum Präsidenten wählen.” „Ziemlich naiv aus dem Mund eines Schwarzen. Wann wachen Sie endlich auf?”, antwortet sein Kollege. Und tatsächlich sieht sich Ron bald mit dem konfrontiert, was der Klan bereit ist, für die Zukunft eines reinen und weißen Amerikas zu tun.
Der Film spannt somit – mal mehr, mal weniger offensichtlich – den Bogen zu einem Amerika, das heutzutage unter einem Präsidenten wie Trump gespalten ist wie schon lange nicht mehr. Spätestens wenn man im Film bei der Initiationsfeier des Ku-Klux-Klans angelangt ist, schließt sich der Kreis. „Ich danke euch aus ganzem Herzen, dass ihr euer Land niemals an die zweite Stelle setzt. America first!”, predigt das oberste Klan-Mitglied David Duke. „America first! America first!”, stimmen alle anderen mit ein.
Das Ergebnis dieser Anspielungen ist ein starker und zugleich wütender Film, welcher trotz des Settings in den späten 70er Jahren stark an die amerikanische Gegenwart erinnert. Durch überspitzt dargestellte Charaktere und Lacher auf Kosten der rechten Ideologen auf der einen, und bitteren Realitätsbezügen, bei denen einem das Lachen im Halse stecken bleibt, auf der anderen Seite, schafft es Regisseur Spike Lee mit seinem Film, ein Wechselbad der Gefühle zu erzeugen und dabei doch einen ernsten Grundton beizubehalten. Dementsprechend zeigt das vorletzte Bild von BlacKkKlansman ein Foto von Heather Heyer, jener 32-jährigen Frau, die im August 2017 bei einer rechtsextremen Demonstration in Charlottesville von einem Auto angefahren und getötet wurde, und macht klar, was auch Ron Stallworth im Film feststellte: Rassismus betrifft uns alle.