Reiseblogger

Verträumter Dauerurlauber oder professioneller Unternehmer?

von | 27. September 2018

Reiseblogger bereisen die ganze Welt und verdienen ihr Geld damit. Doch was steckt sonst noch dahinter?

Sebastian Canaves ist professioneller Reiseblogger und berichtet seit 2011 auf off-the-path.com von seinen Reisen und gibt Tipps fürs Unterwegssein. Außerdem hat er zusammen mit Conni, ebenfalls Reisebloggerin bei Blog Camp, eine Webseite mit Onlinekursen. Hier zeigen beide, wie man mit dem Bloggen Geld verdienen kann. Auf Reisen geht er immer gemeinsam mit seiner Freundin Line. Zusammen haben sie schon die halbe Welt bereist.

Auf Reisen arbeiten

Sebastian Canaves steht auf der Bühne, lässt seinen Blick durch die Menge streifen, holt tief Luft und beginnt zu erzählen: „Leute verstehen nicht, warum ich so lebe wie ich lebe. Ältere Menschen, weil sie denken: Was weiß der schon vom Leben! Das Leben ist hart und man muss hart arbeiten, um viel Reisen zu können. Die jüngere Generation, weil sie in einer Welt aufgewachsen ist, wo es wichtig ist Erfolg zu haben und nicht über seine Träume zu sprechen. Was beide gemeinsam haben ist, sie denken, dass ich Glück habe, mein Leben so leben zu können.“ Mit diesen Worten beginnt er seinen Vortrag auf der TEDx-Konferenz 2013 an der Amerikanischen Universität in Bulgarien. Normalerweise lesen die Leute am PC über Sebastians Reiseerlebnisse, denn er ist professioneller Reiseblogger.

Viele Leute glauben, Reisebloggen heißt ausschließlich die Welt zu bereisen, neue Abenteuer zu erleben und dabei entspannt den Lebensunterhalt zu verdienen. Das klingt erst einmal nach einer aufregenden Alternative zum tristen Alltag vieler Arbeitnehmer. Doch was gehört noch zum Erfolg?

Herausforderungen eines Bloggers

Jeder Mensch hat Träume, große oder kleine. Wird man gefragt, was man für Ziele im Leben hat, dann lautet die Antwort oftmals: „Eines Tages will ich mal… Doch eines Tages wird nie kommen, denn es existiert nicht im Kalender. So schieben viele ihre Träume auf und wollen sie sich später erfüllen, weil nie der richtige Zeitpunkt da ist oder die Erfüllung der Träume wird für unmöglich gehalten“, sagt Sebastian später im Vortrag. Er hat 2011 beschlossen, dass die Zeit zur Erfüllung seiner Träume  jetzt ist und seitdem führt er seinen Reiseblog.

„Mein Alltag kann auf Dauer ganz schön anstrengend sein“, schreibt Sebastian auf seinem Reiseblog Off-The-Path. Als Reiseblogger sei er sein eigener Chef, sagt er weiter. Das heißt aber auch, dass er die Blogbeiträge persönlich erstellen muss. Dafür muss er vor allem eins: Reisen! Um das tun zu können, muss auf der einen Seite die Reise organisiert und geplant werden. Doch damit ist es noch längst nicht getan: Auf der anderen Seite schreibt er und arbeitet eng mit Unternehmen zusammen. Das heißt konkret, dass er „Angebote und Outlines für PR-Agenturen sowie Destination Marketing Organization’s (DMOs)“ erarbeitet und Konferenzen besucht. „Die Liste ist endlos!“. Zwischendurch beantwortet Sebastian Mails, aktualisiert seine Social-Media-Kanäle oder wenn mal gerade keine Reisen anstehen, sitzt er am PC und überarbeitet seine Blogseite, indem er zum Beispiel das Design verbessert. Was seine Follower von Sebastians Arbeit sehen, ist nur ein kleiner Teil. Das meiste spielt sich im Hintergrund ab.

Natürlich ist der Blog von Sebastian lediglich ein Beispiel, denn für jeden Reiseblogger sieht der Alltag anders aus. Für alle Blogger gilt allerdings: Wer Erfolg haben will, braucht Leser und dafür muss man vor allem am Anfang viel Arbeit und Energie aufbringen.

Aller Anfang ist schwer

Nicht nur in der analogen Wirtschaft  braucht ein Unternehmer ein Alleinstellungsmerkmal. Auch als Reiseblogger muss man sich erst eine Position unter den Konkurrierenden erkämpfen. Denn laut dem Blog Conterest gibt es insgesamt etwa 1.200 deutschsprachige Reiseblogs. Und dabei kommt es nicht nur auf Reisefreude und Fernweh an, sondern auch auf die finanziellen Mittel und das eigene Durchhaltevermögen. Schon zu Beginn eines Blogs muss viel Geld in Ausstattungen wie in eine Kamera, ein Stativ und einen Laptop investiert werden. Die Reisebloggerin Julia erklärt auf ihrem Blog Chicchoolee, dass vor allem am Anfang viel Geld benötigt wird: „Zum Beispiel wenn man keine Kooperationen angeboten bekommt und auch noch nicht sehr viele Leser hat, aber dennoch einen professionellen Blog erstellen möchte, muss man schon mit Ausgaben für Webdesign (Theme), Webspace (Hostingprovider), URL und eventuell auch noch Designer (für Logo oder ähnliches) und vieles mehr rechnen.“

Und wer denkt, dass man gleich zu Beginn das große Geld mit einem Reiseblog machen kann, irrt sich. Anfänger beginnen einen Blog oft ohne einen Businessplan und möchten Nischen bedienen, die bereits erfolgreich abgedeckt werden. Außerdem erhoffen sich viele potentielle Blogger zu viele Follower in einer zu kurzen Zeit. Sebastian appelliert auf seinem Blog Off-The-Path an Neulinge: „Du wirst viel Zeit in deinen Blog investieren und wenn es dein Plan ist mit deinem Blog im Internet schnell Geld zu verdienen, dann kann ich dir nur einen Rat geben… Hör jetzt auf zu Bloggen!“ Außerdem ist es seiner Meinung nach wichtig, sich gleich zu Beginn nach Kooperationspartnern umzusehen, die erste Aufträge vermitteln können.

Mehr als ein Reisetagebuch

Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, mit einem Reiseblog Geld einzunehmen. Die wohl bekannteste Weise ist Werbung auf dem Blog oder auf den dazugehörigen Social-Media-Kanälen anzubieten. Eine Art davon sind sogenannte Advertorials, die wie redaktionelle Beiträge aussehen, aber den Charakter einer Werbeanzeige haben. Mit dieser Werbeform stellen Blogger Produkte oder Dienstleistungen von Werbekunden vor und empfehlen diese an ihre Follower weiter. Je höher die Reichweite der Blogger ist, desto höher sind die Vergütungen für die Werbeaufträge. Die dadurch ausgelöste Provision wird meist mittels Affiliate-Links ermittelt. Der Blogger stellt ein Produkt vor und verweist mit einem Link auf die Verkaufsseite des Werbenden. Wenn der Kunde auf den Link klickt und eine Bestellung auslöst, erhält der Blogger eine Provision.

Werbeanzeigen können außerdem in Form von Sidebars, also als Werbebanner an der Seite des Blogs, geschalten werden. Eine weitere Möglichkeit, mit dem Blog Geld zu verdienen, ist der Verkauf von Fotos und Videos. Die Blogger erstellen für den eigenen Inhalt genügend Fotos und Videos, die sie an andere Medienunternehmen weiterverkaufen können. Außerdem bieten Reiseblogger oft Kurse oder Beratungen für PR-Agenturen an. Das heißt der Blog wird meist nur als Visitenkarte genutzt, um Aufträge zu bekommen. Das bedeutet, die Haupteinnahmen werden außerhalb des Blogs generiert.

Sebastian hat neben dem Reiseblog noch einen Podcast, wo er andere Blogger über ihre Reiseerfahrungen befragt. Des Weiteren hat er Bücher herausgebracht, ist auf YouTube aktiv und seit neustem betreibt er seinen eigenen Onlineshop. Gegenüber t3n, einem Print- und Onlinemagazin, erwähnte Sebastian, dass er somit versuche seinen Lesern auf unterschiedliche Weise die Tipps und Inspirationen zu geben, die sie suchen. Dazu gehört für ihn auch, neue Kanäle wie YouTube oder den Podcast auszuprobieren. Der Blog verliere dadurch nicht an Bedeutung, sondern bekomme im Gegenteil einfach nur neue Sprachrohre dazu. Das verhelfe ihm letztendlich zu einer größeren Reichweite und somit zu noch besseren Vermarktungsmöglichkeiten. Denn ohne Leserschaft würde Sebastian heute nicht zu den erfolgreichsten deutschen Bloggern gehören. Es ist also wichtig mit den Beiträgen einen Mehrwert für die Leute zu generieren, sodass sie den Blog lesen wollen. Ein Großteil seiner Leser komme über klassische Suchanfragen, das heißt Google spielt für ihn eine besonders wichtige Rolle bei der Vermarktung. Ebenfalls wichtig sind seine Social-Media-Kanäle auf Facebook, YouTube und Instagram. Von Bedeutung ist außerdem sein Newsletter mit aktuell über 10.000 Abonnenten. Laut Sebastian sei es eine super Möglichkeit, um aus Lesern dauerhafte Fans und aus Fans letztendlich Kunden zu machen. Inzwischen sei er sehr gut in der Tourismusindustrie und in der Outdoor- und Lifestyle-Branche vernetzt, wodurch Sebastian sehr viele Kooperationsanfragen erhalte. Darüber generiere er tatsächlich seine größten Einnahmen. Danach kommen erst Affiliate-Einnahmen und Einnahmen, die er durch den Verkauf eigener Produkte wie E-Books, Kleidung oder sein Buch generiere. Außerdem halte er regelmäßig Vorträge für große Unternehmen oder auf Konferenzen, was ihm zusätzliche Einnahmen beschere.

Traumberuf Reiseblogger (-oder doch nicht?)

Einfach reisen und ein paar Beiträge schreiben – So einfach ist es doch nicht. Als Reiseblogger muss man auf dem Boden der Tatsachen bleiben und den Job jederzeit ernst nehmen. Blogger arbeiten selbstständig, was Unsicherheiten und Zukunftsängste mit sich bringt. Oft ist unklar, ob in den nächsten Monaten ausreichend viele Aufträge erteilt werden, um sich den Lebensunterhalt zu verdienen. Auch sind die Reisen oft nicht so traumhaft, wie es vielleicht scheint.  Denn wenn man unterwegs ist, muss man ständig auf der Suche nach schönen Motiven für Bilder oder Videos sein und kann die Momente gar nicht genießen. Außerdem gibt es unterwegs oft kein Internet, was maßgeblich für die Arbeit am Blog ist – Denn ohne Internet keine Arbeit und ohne Arbeit kein Geld. Daher müssen manche Beiträge im Home-Office geschrieben werden. Auch die Verhandlungen mit Geschäftspartnern oder die Buchungen der Reisen passieren zu Hause. Als professioneller Blogger hört man nie auf zu arbeiten. Es ist ein ständiger Konkurrenzkampf, denn jeder will seine Leserzahlen noch mehr steigern, um noch mehr Angebote zu bekommen und seinen Platz in der Reisebloggerbranche zu halten. Interessierte sollten sich also gut überlegen, ob man als selbstständiger Blogger arbeiten und die Vorzüge des Berufs genießen möchte. Doch wenn man genügend Zeit und Durchhaltevermögen investiert und vor allem mit Leidenschaft dabei ist, kann das Reisebloggen durchaus zum Traumberuf werden.

Zu Sebastian hat einst ein alter Fischer aus Tonsai Beach (Süd Thailand) gesagt: „Wenn du etwas aus Leidenschaft machst, dann wird der Erfolg von alleine kommen.“ Laut Sebastian bedeutet Erfolg in erster Linie, die Freiheit zu haben, das zu tun, was ihm Spaß und glücklich macht. Sebastians Leidenschaft ist es zu reisen, Leute zu treffen, Länder zu erkunden und den Leuten zu zeigen, wie schön die Welt sein kann und dass jeder seine Träume verwirklichen kann, wenn er an sich glaubt. Denn Erfolg ist seiner Meinung nach nicht alles im Leben: „Ich habe nur dieses eine Leben und möchte dass es unvergesslich wird. Also fordere ich euch dazu auf, dass ihr bevor ihr heute schlafen geht herausfindet, was eure Träume sind und morgen früh fangt ihr ein neues Leben an. Denn ihr bestimmt, wo es lang geht. Also entscheidet euch fürs glücklich sein und folgt euren Träumen.“ Mit diesen Worten beendet Sebastian seinen TEDx-Speach, grinst und geht von der Bühne.

Text: Maren Frömming und Jessica Saalfrank; Titelbild: Maren Frömming
<h3>Jessica Saalfrank</h3>

Jessica Saalfrank