Rückstand kostet Milliarden

von | 15. Dezember 2010

Die aktuelle Ökobilanz scheint überzeugend, denn schon heute ist ausreichend Strom für eine Million Elektroautos vorhanden. An der Umsetzung wird jedoch gezweifelt, da technisches Know-how und staatliche Unterstützung derzeit nur mangelhaft sind.

Der globale Umbau der Energie- und Mobilitätssysteme wird vom Bundesministerium für Verkehr als große Herausforderung und Chance gesehen. Am 19. August 2009 wurde der Nationale Entwicklungsplan Elektromobilität verabschiedet, mit dem Ziel, bis 2020 eine Million Elektroautos auf die deutschen Straßen zu bringen. Die Nationale Plattform Elektromobilität (NPE) untersuchte den aktuellen Stand des Projektes hinsichtlich der technischen Umsetzung und vorhandenen Ressourcen. „Bei der Analyse der Wettbewerbspositionen ist klar geworden, dass Länder wie China, Japan, Korea, die USA oder Frankreich frühzeitige ambitionierte Programme aufgesetzt haben, um eine führende Rolle im internationalen Wettbewerb einzunehmen“, heißt es im Zwischenbericht der NPE. Dieser wurde offiziell am 30. November der Bundesregierung überreicht.

Schon heute gibt es ausreichend Strom für die eine Million Elektroautos, jedoch müsse Deutschland laut des Berichtes der NPE vor allem bei der Produktionstechnik für Lithium-Ionen-Batterien nachholen. Bislang waren Anbieter aus Asien führend bei der Stromversorgung mit Batterien, die vor allem bei Handys und Laptops verwendet werden. „Energiespeicher für Elektrofahrzeuge unterliegen allerdings ganz anderen Anforderungen“, erklärte Julie Heinl, Pressesprecherin vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, gegenüber medienMITTWEIDA. Batterien für Elektroautos müssen „Viele Jahre bei jedem Wetter sicher und zuverlässig ihre Aufgaben erfüllen“, erläuterte Heinl.

Falsche Prognose von Daimler rächt sich jetzt

Jürgen Trittin, Fraktionsvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen, erklärte im Gespräch mit medienMITTWEIDA, die Batterietechnologie wurde aus Deutschland vertrieben, „weil vor allem Daimler meinte, dass Brennstoffzelle und Wasserstoff die Zukunft des Automobilantriebs sind“. Nun räche sich das. „Es wird viele Milliarden Euro kosten, um diesen Rückstand wieder aufzuholen“, resigniert er. Das Bundesministerium für Verkehr betrachtet hingegen die Entwicklung und Produktion des komplexen Systems der Batteriestromversorgung schon heute als besondere Stärke der deutschen Automobil- und Elektroindustrie.

Das erkennt auch Automobilexperte Prof. Dr. Ferdinand Dudenhöffer, jedoch betrachtet er den aktuellen Stand der Entwicklungen sehr skeptisch: „Die Zahl, eine Million Elektroautos in Deutschland im Jahr 2020 auf die Straßen zu bringen, wird nach meiner Einschätzung und Prognose nicht erreicht“, erklärte er im Gespräch mit medienMITTWEIDA. „Sollten es 600.000 sein, wäre das ein großer Erfolg.“ Den Grund hierfür sieht er in der staatlichen Förderung für dieses Projekt. Ende November beschloss die Bundesregierung eine zusätzliche Unterstützung des Projektes mit einer Milliarde Euro. Für Dudenhöffer ist „die Milliarde Euro nicht zu sehen.“ Er erkenne nur ein Programm mit 120 Millionen Euro und einige Unterstützungen für Universitätsprojekte bezüglich der Elektromobilität. „Da wird zum Beispiel das Wasserstoffprogramm jetzt als Elektromobilität verkauft“, kritisiert er. Die zwei Programme dürfen nicht zusammengelegt werden, da sich die Wasserstofftechnologie mit einer komplett anderen Antriebstechnik beschäftigt und schon seit 2006 intensiv gefördert wird.

Gegen Kaufprämie, aber für Kaufanreiz

Trittin kämpft schon seit Jahren für umweltfreundlichere Autos und regenerative Energien. Mit dem aktuellen Stand der Entwicklungen von Elektroautos ist er jedoch nicht zufrieden. „Es braucht ein umfassendes Förderkonzept für die Elektromobilität“. Die Grünen fordern bereits seit 2009 eine Kaufprämie von anfangs 5.000 Euro für besonders umweltfreundliche Antriebe. „Solche Prämien gibt es in allen anderen großen Automobilmärkten“, untermauert er die Forderung. Sie seien notwendig, um in der Markteinführungsphase die noch sehr hohen Batteriekosten abzudecken. Laut des Branchenverbandes VDE würden sich mehr als die Hälfte der Deutschen ein Elektroauto kaufen, wenn die Akkus leistungsfähiger und die Autos bezahlbar wären. Die Bundesregierung lehnt jedoch seit Beginn des Projektes eine Kaufprämie ab. Auch Dudenhöffer ist dagegen, denn sie diene nur dazu, schlechte Produkte mit staatlichen Zuschüssen zu verkaufen.

Im Gespräch erklärte Sprecherin Julie Heinl, dass es Kaufanreize, wie die 5-jährige Befreiung der Elektroautos von der Kfz-Steuer, teilweise schon gibt. „Denkbar sind auch Anreize in Form von bevorzugten Parkplätzen oder Nutzung von Sonderfahrspuren“, fügte sie hinzu. Direkte Kaufprämien lehnt das Bundesministerium für Verkehr weiterhin ab. „Wir brauchen Fahrzeuge, die dank ihrer Attraktivität punkten, die sich im Alltag bewähren und in der Praxis überzeugen“, begründet Heinl die Entscheidung.

<h3>Sarah Korzeniewski</h3>

Sarah Korzeniewski