Wenn aus Kindern Medienmacher werden

von | 30. Juli 2012

Im Jugendprojekt Mini-Zwickau wird die Arbeits- und Medienwelt für Schüler modellhaft nachgestellt. So wird Medienkompetenz trainiert, indem die Kinder selbst Medien gestalten.

Im Jugendprojekt Mini-Zwickau wird die Arbeits- und Medienwelt für Schüler modellhaft nachgestellt. So wird Medienkompetenz trainiert, indem die Kinder selbst Medien gestalten.

Es ist neun Uhr dreißig. Die  Zwickauer Mitarbeiter des „Sächsischen Ausbildungs- und Erprobungskanal“, kurz „SAEK“, sind bereits auf dem Gelände der Humboldt-Mittelschule und bauen die Beschallungsanlage auf dem Gelände auf. Einige Kinder stehen bereits an den Toren der hier errichteten „Mini-Stadt“ und warten auf die Eröffnung. Aus den Lautsprechern wird dann sechs Stunden „Radio MINI Zwickau“ zu hören sein.

Medien differenziert beurteilen

In dem Projekt „Mini-Zwickau“, einer Aktion der Stadt bei der der „SAEK“ Zwickau für den Medienpart verantwortlich sind, wird die Erwachsenenwelt für die Kleinen modellhaft nachgestellt. „Das Ziel in allen unseren Projekten und Kursen ist es, Medienkompetenz zu vermitteln“, erklärt Marsel Krause, Studioleiter des „SAEK Zwickau“. Er ist seit über 14 Jahren medienpädagogisch tätig. Die Teilnehmer sollen lernen, kritischer mit Medien umzugehen, diese zu hinterfragen und gezielt einzusetzen. „Es ist wichtig, dass die Teilnehmer lernen, Mediengestaltungen zu verstehen“, ist der Studioleiter überzeugt.

Bereits im September 1997 wurden die ersten „SAEK“ von der „Sächsischen Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien“, kurz „SLM“, gegründet. Ziel der Initiative ist es, „unter medienpädagogischer Anleitung den eigenständigen und kritischen Umgang mit den elektronischen Medien zu vermitteln“, so die „SLM“.

Kinder entdecken die Arbeitswelt

Punkt zehn Uhr strömen rund 200 Kinder auf das Gelände. Jeder will beim „Arbeitsamt“ der Erste sein, um sich seinen „Arbeitsvertrag“ zu ergattern. Betreut werden die zahlreichen Betriebe von Paten, freiwilligen Helfern und Mitarbeitern aus Jugendzentren des Landkreises. Neben einer Sparkasse, einem Zeitungsverleger und einer Druckerei gibt es sogar einen Bäcker. Bezahlt wird mit der stadteigenen Währung, dem „Zwicker“.

Auch ein Hörfunk- und ein Fernsehsender sind unter den Betrieben vertreten: „Zu einer richtigen Stadt gehören auch die produzierenden Medien, weil diese fester Bestandteil in unserer Lebenswelt sind“, erklärt Studioleiter Krause.

Medien aus Kinderhand

Bei „Radio MINI Zwickau“ arbeiten acht Kinder, sie „wollen Radio machen“. Es ist kein einfacher Job, den Kindern beizubringen, dass es dazu mehr als nur „Musik abspielen“ bedarf. Wie in einer richtigen Redaktion gibt es auch eine gemeinsame Besprechung. Was steht heute an? Wo können gute „O-Töne gefangen“ werden?

Gerade erklärt der Betreuer den Kindern wie Nachrichten geschrieben und recherchiert werden. Zu den beliebteren Posten gehört aber zweifelsohne das Moderieren – obwohl sich das bei den meisten Kindern auf das Ansagen der Uhrzeit beschränkt. Die ersten Nachrichten sind dennoch schnell geschrieben und können um 11 Uhr auf Sendung gehen. Kurz darauf kommt auch das erste Reporterteam aus der „Ministadt“ zurück.

„Schon anstrengend, so einen Beitrag zu schneiden“, meint ein Junge. Er hatte eben ein Interview mit dem frisch gewählten Ministadt-Bürgermeister. Ein wenig holprig geschnitten, dennoch verwendbar. Er ist stolz auf seine Arbeit und fragt, ob er noch einmal mit dem Reportagegerät raus darf: Er hätte da schon so eine Idee.

Vom Vorschüler bis zum Senior

In Sachsen gibt es insgesamt neun Standorte der „SAEK“. In verschiedenen Kursen und Kleinprojekten können dort eigene Fernseh-, Hörfunk- oder auch Onlinebeiträge gestaltet werden.

Zu den Workshops kommen ganz unterschiedliche Menschen. Von Vor- und Grundschülern über Berufsschüler bis hin zu Senioren werde das Angebot angenommen, so Krause. Die Teilnehmer-Zahlen seien nach wie vor steigend, erklärt Krause. „Wir hatten im letzten Jahr über 1.300 Teilnehmer in über 80 stationären und mobilen Projekten.“

„Der ‚SAEK‘ hat Potenzial“

Zu mobilen Projekten besucht der „SAEK Zwickau“ Schulen im Umkreis von 35 Kilometern: „Wir rennen dort meist offene Türen ein. Die Vermittlung von Medienkompetenz ist fester Bestandteil der sächsischen Lehrpläne in jeder Schulart, jeder Klassenstufe und in fast jedem Fach“, beschreibt der Studioleiter. Laut Krause fehlt bis heute allerdings vielen Lehrern die Kompetenz, medienpädagogische Projekte durchzuführen.

Der betreuende Lehrer ist deshalb selbst oft Lernender und wird fit gemacht, eigenständig Projekte durchführen zu können. Für Lehrer gibt es neben speziellen Fortbildungen Handouts und Arbeitsmaterial, bei Bedarf technische und medienpädagogische Unterstützung durch die „SAEK“-Mitarbeiter.

Medienpädagogik-Bedarf übersteigt Angebot

Die Resonanz seitens der Schulen ist enorm. „Es ist so, dass die ‚SAEK‘ in ganz Sachsen die Nachfrage nach solchen Projekten nicht decken können“, erklärt Krause. Im Einzugsgebiet des „SAEK Zwickau“ liegen allein schon über 100 Grundschulen: „Wenn jede Grundschule bei uns ein Medienprojekt von drei Tagen reservieren würde, wäre das komplette Jahr ausgebucht“, verdeutlicht der Studioleiter.

Text: Richard Hardege. Bild: SAEK Zwickau, Bearbeitung: Nathalie Gersch

<h3>Richard Hardege</h3>

Richard Hardege