Sauberes Wasser für Battambang

von | 19. März 2010

In Deutschland ist sauberes Trinkwasser selbstverständlich. In Kambodscha ist es ein kostbares Gut, denn es fehlt an Kläranlagen und Wasseraufbereitungsanlagen. Die Hochschule Mittweida wirkte dort an einem Pilotprojekt für sauberes Wasser mit.

Das Programm „Asia Pro Eco“ ist ein Förderprogramm der Europäischen Union, dessen Ziel es ist, ein ökologisches Bewusstsein für den asiatischen Raum zu schaffen. Der Umweltschutz steht bei diesen Bemühungen mit an vorderster Stelle. Die kambodschanische Organisation für Bildung und Abfallmanagement (COMPED), die Technische Universität Prag (CTU Prague), die Hochschule Mittweida, die kambodschanische Entwicklungsorganisation (CBO) und das Internationale Hochschulinstitut Zittau (IHI Zittau) sowie zwei sächsische Ingenieurbetriebe errichteten im Rahmen dieses Förderprogramms einen Pilot-Klärteich in Battambang, der drittgrößten Stadt im Westen Kambodschas.

Die Aufgabe des Internationalen Hochschulinstituts Zittau während der dreijährigen Projektlaufzeit von Dezember 2006 bis März 2009 war die technische Umsetzung der biologischen Kläranlage. Das Problem dabei war, dass das Wasser in Battambang etwa 15 Grad Celsius wärmer ist, als in deutschen Kläranlagen. Die Technische Universität Prag befasste sich mit der Berechnung des Oberflächenwassers. Bei diesen Berechnungen mussten die Wissenschaftler beachten, dass es in Kambodscha lange Trockenperioden aber auch Regenzeiten gibt, was wiederum Auswirkungen auf den Grundwasserspiegel hat.

Der erstellte Masterplan sah eine Kanalisation für die Stadt vor – wenngleich Battambang etwa um 1890 eine Kanalisation hatte, deren Bau die damalige französische Regierung veranlasst hatte. Allerdings war dieses Abwassersystem durch ein regelrechtes „Explodieren“ der Stadtbevölkerung und der Expansion des Wohnraums überlastet und schließlich in sich zusammengebrochen. Derzeit leben in der Provinz Battambang etwa 155.000 Menschen. Laut Berechnungen der Projektteilnehmer steigt das Bevölkerungswachstum stetig an. Für das Jahr 2020 prognostizierten sie eine Bevölkerungszahl von über 200.000 Menschen in der Region. Somit war klar: Eine neue Kanalisation müsste auf stetig steigende Mengen an Abwasser ausgelegt sein.

Keine Struktur, kein Geld

Professor Otto Hammer ist Dozent der Fakultät Wirtschaftswissenschaften an der Hochschule Mittweida. Er besitzt durch seine berufliche Tätigkeit – unter anderem auf den Philippinen und in Kasachstan – „langjährige Asienerfahrungen“. Hammer engagierte sich bei der Realisierung dieses Pilotprojektes zusammen mit fünf damaligen Studierenden der Hochschule Mittweida. Er setzte sich unter anderem dafür ein, dass die Europäische Union dieses zukunftsweisende Vorhaben mit einer Million Euro mitfinanzierte. Seine Aufgabe bestand auch darin, die wirtschaftliche, soziale und nicht zuletzt ökologische Notwendigkeit des Projektes zu verdeutlichen, sodass die Bevölkerung und die politischen Führungskräfte des Landes dieses akzeptierten und finanziell unterstützten. Dabei ergaben sich unerwartete Schwierigkeiten: „Wenn es keine Strukturen gibt, dann kann sich natürlich auch keiner Geld leihen und dann gibt es auch kein Projekt“, erklärt Hammer.

Stadtverwaltung? Nicht vorhanden

Kambodscha ist eine konstitutionelle Monarchie, das Land wird von Ministerien verwaltet. Ein Konsortium auf lokaler Ebene gab es zu Beginn des Projektes nicht. Doch die Zustimmung eines Rates vor Ort benötigte das Team in Kambodscha dringend, um bei der Bevölkerung nicht in Ungnade zu fallen. „Ich muss viel stärker als bei uns Menschen in Entscheidungen einbringen“, beschreibt Professor Hammer die Mentalität vor Ort. Außerdem musste er eine Fläche für den Bau des Pilot-Klärteiches erbitten – bei einer bis dato nicht vorhandenen Behörde: „In Kambodscha gab es bis zu diesem Projekt keine Stadtverwaltung“, erklärt Hammer das Problem.

Kommunikation unter erschwerten Bedingungen

Die Notwendigkeit des Projektes war der Bevölkerung nur schwer zu vermitteln, da es in Kambodscha kaum unzensierte Presse gibt und sich die Gründung einer Initiative für die Pilotanlage als fast unmöglich erwies. Die Bevölkerung äußerte sich nicht zum Pilotprojekt – aus Angst vor Repressionen im totalitären Kambodscha. Das, was Professor Hammer im Namen des Teams versuchte nach außen zu tragen, verklang fast ungehört. Doch seine Devise lautet nach langjähriger Erfahrung: „Ich sollte in Asien einen möglichst breiten Konsens für alles finden. Ich muss die Leute hinter mich bringen.“

Mehr Touristen, weniger Krankheiten

Die Kommunikation gestaltete sich schwierig, doch die kasachischen Entscheidungsträger sollten vom Projekt überzeugt werden. Ein Argument dabei war der Tourismus, denn dieser macht etwa 35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts von Kambodscha aus. Durch ein sauberes, wohlriechendes Erscheinungsbild der Stadt kann die „Verweildauer der Touristen verlängert werden“. Das bringt mehr Geld in die Kassen der ortsansässigen Wirtschaft und ist zudem positiv für die Bewohner Battambangs, denn ein Tourist gibt in Kambodscha durchschnittlich 70 US-Dollar pro Tag aus. Das ist mehr als das monatliche Durchschnittseinkommen eines kambodschanischen Bürgers.

Ein großes Problem in Städten ohne Kanalisation sind Krankheiten. Durch stehendes Wasser an der Oberfläche und warme Temperaturen können sich Mücken ungehindert vermehren. Sie können dann nicht nur zur Plage werden, sondern gleichzeitig auch Krankheiten wie Malaria übertragen. Bauern benutzen in Kambodscha Brauchwasser zur Bewässerung ihrer Reisfelder, Fischer werfen ihre Netze in verunreinigten Flüssen, dem Tonle Sap See oder in Sumpfgebieten aus, die während der Regenzeit entstehen. Durchfallerkrankungen durch den Verzehr verseuchter Lebensmittel und schmutzigen Trinkwassers sind häufig die Folge.

Die Menschen in Kambodscha leben mit, auf und aus verschmutzten Gewässern. Sie baden darin und leiden dadurch häufig an Hautausschlägen und Ekzemen. Für die Behandlung einer solchen Erkrankung in einem staatlichen Krankenhaus in Kambodscha fallen Kosten von mindestens 25 US-Dollar an. Durch die Verbesserung der Wasserqualität könnten diese Erkrankungen reduziert und so Kosten gespart werden. Heute versickert Brauchwasser in der Region um Battambang meist noch im Boden. Durch Kläranlagen könnte aus diesem Wasser jedoch sauberes Nutzwasser für die Landwirtschaft gewonnen werden, das den Bauern auch in Dürreperioden zur Bewässerung ihrer Felder zur Verfügung stünde.

Ein Anfang ist gemacht

Trotz aller Widrigkeiten errichtete das Team eine biologische Pilot-Kläranlage. Diese könnte Vorbild für viele weitere sein: „In Kambodscha gibt es mit Ausnahme der Hauptstadt Phnom Penh keine Kanalisationsanlage“, erklärt Hammer. Ein Jahr nach Abschluss der Arbeiten wartet die Realisierung des Projektes immer noch auf ihre Finanzierung und endgültige Durchführung. Zunächst müssten weitere Grundlagen geschaffen werden, doch ein erster Anfang ist gemacht.

<h3>Diana Ruder</h3>

Diana Ruder