Zwischen Hörsaal und Unternehmertum

Gründen in Mittweida – wie aus Ideen Unternehmen werden

von | 27. Juni 2025

Mittweida als Standort für Gründungen – ein Blick auf Strukturen, Netzwerke und Ideen.

Ein eigenes Unternehmen gründen, während das Studium noch läuft? Max Kästner hat genau das getan. Der Medienmanagement-Student an der Hochschule Mittweida gründete Anfang 2025 gemeinsam mit zwei Mitgründern die Totemware Produktion UG – eine Agentur, die junge Spieleentwickler:innen bei der Vermarktung ihrer Projekte unterstützt. Totemware ist eines von mehreren neugegründeten Unternehmen, die in Mittweida entstanden sind. Ein Blick hinter die Kulissen zeigt, welche Rolle Netzwerke, Lehrangebote und Standortfaktoren dabei spielen.

SAXEED als Gründungsnetzwerk ist die zentrale Anlaufstelle für alle Gründungsinteressierten an der Hochschule Mittweida und verbindet die Hochschulen in Chemnitz, Freiberg, Mittweida und Zwickau. Das Netzwerk begleitet Gründer:innen nicht nur anfangs, sondern unterstützt bei dem gesamten Gründungsprozess und darüber hinaus. Standortleiter Dr. Dirk Liebers bringt es auf den Punkt: „SAXEED baut auf drei Säulen — Sensibilisieren, Qualifizieren und Vernetzen.“

Er erklärt: „Wir machen Gründungsthemen sichtbar und wecken Interesse. Wir geben das nötige Wissen in Workshops und Beratungen mit und wir sorgen dafür, dass Gründer die richtigen Kontakte bekommen. Egal ob zu Kapitalgebern, anderen Gründern oder anderen Gründungsnetzwerken.“

Was ist SAXEED?

SAXEED ist ein hochschulübergreifendes Gründungsnetzwerk in Südwestsachsen. Es unterstützt Studierende, Forschende und Alumni bei der Umsetzung ihrer Geschäftsideen – von der ersten Idee bis hin zum eigenen Unternehmen.

Das Netzwerk verbindet die Standorte Chemnitz, Freiberg, Mittweida und Zwickau und wird durch den Europäischen Sozialfonds, den Freistaat Sachsen und die jeweiligen Hochschulen gefördert.

SAXEED richtet sich an Studierende, Forschende und Alumni aus allen Fachbereichen der Hochschule Mittweida – von Ingenieur- und Wirtschaftsingenieurwesen über Soziale Arbeit bis hin zu Medien sowie Angewandten Computer- und Biowissenschaften. Ziel ist es, gründungsinteressierte Personen unabhängig vom Studiengang zu unterstützen. Aktuell entstehen viele Projekte vor allem in den Bereichen Medien und angewandte Informatik. Darüber hinaus begleitet SAXEED auch den Transfer wissenschaftlicher Ergebnisse in die Praxis – etwa bei Spin-offs wie der ANTACON GmbH, die aus der Laserforschung an der Hochschule hervorgegangen ist.

Gerade im Bereich Gaming und interaktives Entertainment entstehen aktuell viele Start-Ups in Mittweida. Liebers sagt: „Da passiert richtig viel. Beim letzten Gründerforum hatten wir fast 90 Teilnehmer aus der Gameszene.“ Ein Beispiel hierfür ist Totemware Produktion UG: Das Team um Max Kästner hilft jungen Spieleentwickler:innen dabei, ihre Projekte sichtbar zu machen – mit 3D-Modellen, Videos und Marketing.

Zwischen Businessplan und Förderantrag

In Mittweida geht es beim Thema Gründung nicht nur um Ermutigung, sondern auch um konkrete Angebote und praktische Unterstützung. SAXEED organisiert Veranstaltungen wie das Gründerforum oder „IDEA & BEER“. Dabei haben Gründungsinteressierte die Möglichkeit sich auszutauschen, Ideen vorzustellen und Feedback zu bekommen. Hinzu kommen Workshops zu Themen rund um die Gründung. Aber auch persönliche Beratungsgespräche und Unterstützung bei der Entwicklung von Geschäftsmodellen gehören zum Angebot von SAXEED.

Max Kästner sei genau durch so ein Event auf SAXEED aufmerksam geworden. „Ich habe Dirk Liebers beim Gründerforum kennengelernt und einfach mal eine Mail geschrieben“, erzählt er. Nach einigen Gesprächen folgte die Bewerbung für den InnoStartBonus, ein Förderprogramm des Freistaats Sachsen, betreut durch das Netzwerk futureSax. Mithilfe von SAXEED gelang es Max Kästner und seinem Team die Förderung zu erhalten. „Ohne Saxeed wären wir wahrscheinlich nie auf das Programm aufmerksam geworden.“, sagt er rückblickend.

Gruppenbild nach der Veranstaltung: "Idea and Beer"

Der Gründerabend ‚IDEA & BEER‘ in der Werkbank32 in Mittweida, Quelle: SAXEED Mittweida 

Neben dem Programmangebot spielen auch andere Faktoren eine Rolle. Max sagt: „Die Wege in Mittweida sind kurz, man kennt sich, vieles geht einfach schneller, als in einer großen Stadt.“ Auch Dr. Liebers bestätigt: „Die Hochschule, die Stadt, die Wirtschaftsförderung – alle sitzen nah beieinander. Das erleichtert vieles.“

FutureSAX verbindet Initiativen wie SAXEED mit Partnern aus ganz Sachsen – darunter Unternehmen, Förderinstitutionen und Investoren. Für viele Gründer ergibt sich dadurch ein Netzwerk, das weit über die eigene Hochschule hinausgeht.

Was ist futureSAX?

FutureSAX ist die Innovationsplattform des Freistaats Sachsen. Sie vernetzt Gründer, Unternehmen, Forschung und Kapitalgeber — sachsenweit und branchenübergreifend.

Ziel ist es, Innovationsprozesse zu stärken, den Wissenstransfer zu fördern und Start-Ups bei Wachstum und Finanzierung zu unterstützen. FutureSAX organisiert Wettbewerbe, Events, Programme und bietet gezielte Förderberatung.

„Gründen wird manchmal romantisiert“

Trotz des breiten Angebotes laufen die wenigsten Gründungen komplett reibungslos. Auch bei Max und seinem Team sei es nicht ganz so einfach gewesen, wie er verrät: „Teamaufbau war eines der größten Probleme.“ Ein Mitgründer sei kurzfristig abgesprungen und musste ersetzt werden.

Auch Dirk Liebers kennt diese Schwierigkeiten aus der täglichen Arbeit mit Gründern: „Viele unterschätzen, wie komplex es wird, wenn aus einer Idee plötzlich ein echtes Unternehmen wird.“ Vor allem im Übergang vom Studium zum Vollzeitunternehmen würden viele Fragen aufkommen – von Finanzierung bis Rechtsform oder die Rollenverteilung im Team.

SAXEED begleitet jedes Jahr rund zehn Gründungen in Mittweida aktiv. „Dazu kommen aber noch viele weitere Projekte, bei denen wir beratend tätig sind – mal in einem einzelnen Gespräch, mal über Wochen hinweg“, erklärt Liebers. Nicht jede Idee führe dabei direkt zur Gründung eines Unternehmens. Für viele stehe zunächst der Austausch im Vordergrund – ob zur Schärfung des Geschäftsmodells oder zur Einschätzung der eigenen Idee.

Auch SAXEED selbst steht regelmäßig vor strukturellen Herausforderungen. Aktuell wird es über den Europäischen Sozialfonds, die Hochschule Mittweida und den Freistaat Sachsen gefördert, allerdings nur projektweise. „Wir arbeiten mit befristeten Stellen, mit Projektzyklen, mit neuen Antragsverfahren. Das bindet Kapazitäten, die uns bei der Arbeit mit den Gründern fehlen“, sagt Liebers. Im aktuellen Koalitionsvertrag der sächsischen Landesregierung ist inzwischen festgehalten, dass solche Initiativen langfristig verstetigt werden sollen, wann genau das eintritt, ist aber noch offen.

Auch für die Gründenden selbst bleibt der Weg oft herausfordernd – nicht nur organisatorisch, sondern auch persönlich. „Gründen wird manchmal romantisiert“, ergänzt Max noch. „Aber es ist nicht einfach nur ein cooler Nebenjob. Man muss Verantwortung übernehmen, auch wenn es mal nicht gut läuft.“ Es sei eben nicht nur die Gründung an sich, sondern der Alltag danach, der die eigentliche Herausforderung darstelle.

Kostenkalkulation; Quelle: Fabian Lindner

Der Standort Mittweida

Wer in Mittweida gründet, muss nicht lange auf Rückmeldung warten. „Die Hochschule, die Stadt, die Wirtschaftsförderung, alle sitzen nah beieinander“, sagt Dirk Liebers. Auch Max Kästner betont, wie unkompliziert vieles sei. „Man kennt die Leute hinter den Türen. Das macht den Unterschied.“ Gerade im Vergleich zu größeren Städten sei Mittweida viel persönlicher. Dazu kommen bezahlbare Mieten, auch für erste Büroräume. Auch spezielle Studiengänge wie der Master in Blockchain and Distributed Ledger Technologies sorgen dafür, dass neue Ideen nach Mittweida kommen. „Da kommen richtig starke Leute her“, sagt Liebers. „Und viele bringen direkt ihre eigenen Projektideen mit.“

Das verborgene Potenzial

Zwischen all den Ideen, die in Mittweida entstehen, könnte auch eines der großen Unternehmen von morgen stecken. Ob mit einem Auftritt auf der Gamescom oder einer Auszeichnung beim Innovationspreis – die strukturellen Voraussetzungen sind da: in den Studiengängen, im Netzwerk und bei vielen der Beteiligten.

Standortleiter Dirk Liebers sieht darin eine Chance: „Wir haben hier die Möglichkeit, Gründungsideen nicht nur anzustoßen, sondern wirklich zu begleiten.“ Aus seiner Sicht sollte SAXEED langfristig in der Hochschullandschaft verankert werden – nicht nur als Projekt auf Zeit.

Auch Max Kästner blickt positiv in die Zukunft. Seine Einschätzung: „Wir haben noch einiges vor. Und Mittweida ist ein Ort, an dem man das wirklich machen kann.“

Text: Fabian Lindner, Bilder: SAXEED Mittweida, Fabian Lindner

<h3>Fabian Lindner</h3>

Fabian Lindner

ist 2004 geboren und studiert Medienmanagement an der Hochschule Mittweida. Bei medienMITTWEIDA ist er seit 2025 als Co-Leiter des Teams für Kommunikation und Design tätig.