„Schönheitswahn – Zu dick für die Medienwelt?“

von | 15. November 2011

Micaela Schäfer ist zu dick für die Fashionwelt, ein Oversize-Model trägt Größe 42. Über diesen Zustand in der deutschen Medienlandschaft diskutierten die Referenten auf dem Podium beim Medienforum Mittweida.

Sie zog besondere Aufmerksamkeit auf sich: Umringt von einem RTL-Team traf Erotikmodel und DJane Micaela Schäfer heute in der Herbert E. Graus Arena ein. Auf dem Diskussionspodium gab sie dann überraschende Einblicke. „Als Fashion-Model habe ich eher schlechte Erfahrungen gemacht, einmal wurde ich mit meinen 50 Kilogramm als ‚fette Sau’ beschimpft“, berichtet Micaela Schäfer. Im Erotikbusiness fühle sie sich nun wohler. Ihre Ex-Agenturchefin sagte ihr einmal: „Du bist perfekt, wenn alle denken: Gott, ist die dünn.“ In dieser Zeit litt das Model sehr darunter und fühlte sich schwach. Mit 15 Jahren unterzog sich Schäfer ihrer ersten Schönheits-Operation. Das brachte ihr zwar keine zusätzlichen Freunde ein, jedoch fand sie schneller Anschluss und mehr Beachtung.

Schönheitsideale im Fernsehen

Extreme Schönheitsideale lägen in der Gesellschaft begründet. „Wenn du im Fernsehen dick bist, wirst du ständig darauf angesprochen“, so Micaela Schäfer. Die Dicken bekämen nur „Lustigmach-Jobs“, was sie sehr schade findet. Anna Kerneck, Produzentin von Reality Shows, sieht dieses Problem im Fernsehbereich nicht und verweist sie auf Persönlichkeiten wie Vera Int-Veen: „Moderatoren dürfen, wenn sie ein bestimmter Typ sind, dick sein.“ Nach Anna Kernecks Schätzungen liegt das Verhältnis von „dicken“ zu „dünnen“ Moderatoren bei 30 zu 70 Prozent. Dicke Menschen müssten jedoch nicht immer lustig sein, sie könnten auch hübsch sein. „Arsch rein, Brust raus“, empfiehlt Anna Kerneck. „Die Ausstrahlung ist entscheidend – es gibt Kompetenz hinter den Kilos“

Auch für Oversize-Model Ingrid Martin-Zick ist die Haltung besonders wichtig: „Frauen trauen sich oft  nicht mehr die Hüften einzusetzen.“ Wenn jedoch die innere Haltung stimme, stehe man automatisch aufrecht und stelle etwas dar. „Ich reduzier mich allerdings nicht auf meinen Körper, ich bin viel mehr“, sagt die Geschäftsführerin der größten europäischen Agentur für XXL-Models selbstbewusst.

Dick fühlt sich Ingrid Martin-Zick mit Größe 42 nicht. Laut der Agenturchefin polarisieren die Medien zwischen mageren und übergewichtigen Models, dabei sich die Menschen zwischen beiden Extremen. „Man sollte das Level in Richtung Normalität bewegen.“ Da wo sie herkommt, würden auf Modenschauen Models aller Größen laufen. Die Prêt-à-porter-Schauen seien da nur ein Extrem.

Der Wunsch nach Akzeptanz

Dr. Christian Thiele, Chefarzt für Psychosomatik und Psychotherapie, greift dieses Extrem wieder auf: „Das Äußere ist wichtig und gehört zum Leben.“ Es werde jedoch kritisch, wenn man übertreibt und zu dick oder zu dünn sein will. Die Menschen erliegen dabei einem Irrtum: „Sie denken, dass innerlich alles stimmt, wenn auch das Äußere perfekt ist.“ Schuld an diesem Gefühl sind nach Dr. Thieles Meinung allerdings nicht die Medien – das sei eine gesellschaftliche Entwicklung. Die Menschen hätten Angst davor dick zu sein, weil dies für Faulheit, Maßlosigkeit und einen Mangel an Disziplin stehe. „Wenn wir einer bestimmten Norm entsprechen wollen, zählt die Frage: Werden wir akzeptiert, haben wir Einfluss?“ Früher war nur die Verpackung wichtig. „Heute fügen wir uns auf dem Heimtrainer und unter dem Skalpell den gängigen Schönheitsidealen.“

<h3>Cornelia Zänker</h3>

Cornelia Zänker