Ob „R.SA“ mit seiner aktuellen Plakatkampagne oder die „Media-Saturn“-Tochter „redcoon“ – viele Unternehmen setzen auf das einfachste aller Rezepte für erfolgreiche Werbung: Nackte Haut, ein wenig Reizwäsche und zweideutige Botschaften. Diese Motive sind stark diskriminierend für die moderne Frau, kommentiert Franziska Boron.
Pünktlich zur Herbstwelle der Media-Analyse Radio überraschte „R.SA“ mit der besonders geschmacklosen Plakatkampagne „Lieber bei Böttcher & Fischer reinhören“. Es gibt für Mann und Frau zwei verschiedene Motive. Das weibliche Geschlecht soll durch einen Bauarbeiter angesprochen werden, der in eine Betonmischtrommel schaut – gut gebaut, aber in voller Arbeitsmontur. Das männliche Auge wird hingegen mit einem leichtbekleideten Hinterteil einer attraktiven Frau in sexy Höschen beglückt. Diese verschwindet auf Knien gebückt in einem Wäschetrockner. Mit viel nackter Haut und in einer zweideutigen Position wird die Frau auf einem großflächigen Straßenplakat entwürdigt und auf ein Sexobjekt reduziert.
Gute Quoten ohne jegliche Rücksicht
Zu Recht kassierte der „R.SA“ für diese unethische Kampagne eine Beschwerde vom Werberat. Überholte Rollenbilder und Klischees – alles findet sich in diesem widerlichen Motiv wider. Die Frau wird zur Hausfrau, die sich um den Haushalt kümmert, die Kleidung wäscht und trocknet und dabei natürlich immer Reizwäsche trägt und eine 90/60/90-Figur besitzt. Diese stereotype Darstellung und verwerfliche Reduzierung auf klassische Rollen und Geschlechtsmerkmale diskriminiert die moderne Frau in ihrem Selbstbild, schließlich entspricht dies keinesfalls der Realität. „R.SA“ reagierte auf diese Kritik viel zu gelassen und gab zu, dass dem Unternehmen die Anstößigkeit des Motivs auch vor Veröffentlichung bewusst gewesen sei. Zu allem Überfluss startete der Sender als Reaktion einen lächerlichen Wettbewerb, bei dem das beste nachgestellte Motiv gekürt wurde.
Resignation oder Desinteresse?
Die Verharmlosung des Themas „Sexismus in der Werbung“ durch einen Wettbewerb zeigt, wie abgestumpft die Öffentlichkeit bereits durch die Flut von Werbung ist. Sexistische Motive werden akzeptiert oder überhaupt nicht als solche wahrgenommen. So ist es doch schon längst zur Normalität geworden, dass sich in jedem Werbeblock mindestens drei vollbusige, halbnackte Frauen dümmlich präsentieren und mit ihren Körpern Werbung machen für „billige“ Produkte. Natürlich darf die emanzipierte Frau ihren Körper zeigen und sexy sein. Jedoch sollte die Darstellung von leicht bekleideten Frauenkörpern ohne direkten inhaltlichen Zusammenhang zum Produkt nicht toleriert werden. Die Herabsetzung der Frau auf simple Attribute wie Sexualität, Haushalt und klischeehafte Schwächen ist der wahre Sexismus unserer Zeit.
Werbung als Vorbild
Werbung hat in unserer Gesellschaft eine dominante Rolle und beeinflusst unsere Wertvorstellungen. Für junge Medienrezipienten dient die Werbung auch als soziale Orientierung, denn die dort vermittelten Normen und Vorstellung werden später unbewusst nachgeahmt. Besonders junge Mädchen identifizieren sich mit den Frauen in der Werbung: Den jungen Sexbomben, dem naiven Dummchen oder dem klassischen Hausmütterchen. Doch was ist mit der selbstbewussten, selbstständigen Frau, die ihren Weg geht? Medienmacher sollten sich ihrer gesellschaftlichen Verantwortung bewusst sein und keine veralteten, sexistischen Frauenbilder vermitteln. Anscheinend sind sie aber nicht in der Lage, kreative Werbung oberhalb der Gürtellinie zu machen, sonst bräuchten sie keinen Sexismus, um ihre Produkte zu verkaufen.
Text: Franziska Boron, Grafik: Philipp List