Shitstorm – die Krise im Netz

von | 19. Juni 2014

Wie kürzlich im Zuge der WM oder auch bei Burger King zu sehen war, können Shitstorms sehr schnell ausgelöst werden. Doch was sind Shitstorms überhaupt und wie sollte man am […]

Wie kürzlich im Zuge der WM oder auch bei Burger King zu sehen war, können Shitstorms sehr schnell ausgelöst werden. Doch was sind Shitstorms überhaupt und wie sollte man am besten mit ihnen umgehen?

Beim Eröffnungsspiel der Fußball-Weltmeisterschaft 2014 spielte Gastgeberland Brasilien gegen Kroatien. In der 11. Minute schoss der brasilianische Verteidiger Marcelo da Silva Júnior ein Eigentor – was folgte, war ein riesiger Shitstorm via Twitter. Jedoch beschwerten sich die wütenden Fans beim falschen Marcello – einem Model aus England, dessen Twittername „@marcello“ ist. Der brasilianische Nationalspieler heißt auf Twitter jedoch „@12marceloV“. Die Tweets, die der falsche Marcello erhielt, gingen wahrlich unter die Gürtellinie:

Auch die Fast-Food-Kette „Burger King“ wurde Anfang Mai von einem Shitstorm nahezu überrollt. Nachdem Günter Wallraff in der RTL-Reportage „Team Wallraff – Reporter unterwegs“ hygienische Missstände bei Burger King aufdeckte, brach ein riesiger Shitstorm auf allen Social Media-Kanälen des Unternehmens aus.

Im Jahr 2011 war das Wort „Shitstorm“ der Anglizismus des Jahres. Der Duden definiert das Phänomen folgendermaßen:

„Sturm der Entrüstung in einem Kommunikationsmedium des Internets, der zum Teil mit beleidigenden Äußerungen einhergeht.“

Doch welche Folgen bringen Shitstorms mit sich?

Für große Unternehmen ist ein Shitstorm nicht unbedingt existenzgefährdend, jedoch kann es passieren, dass ein kleines Unternehmen aufgrund dessen keinen Kredit bekommt, wie Michael Brückner in seinem E-Book „Von Shitstorms, Cybermobbing und Verbraucher-Verdummung: Wenn soziale Netzwerke asozial werden“ schreibt.

Shitstorms – wie beugt man sie vor und was tun, wenn es zu spät ist?

Um herauszufinden, wie Unternehmen sich am besten vor Shitstorms schützen können, befragten wir den Experten für Digitales Marketing, André Jontza. Wichtig sei laut Jontza vor allem, sich erst einmal bewusst darüber zu werden, wie ein Shitstorm entsteht. Jontza’s Erkenntnis nach gibt es dafür drei große Auslöser: Zum einen können Shitstorms durch Unternehmen selbst ausgelöst werden, zum Beispiel durch falsche Behauptungen oder bewusste Fehltritte wie mangelnder Umweltschutz. Außerdem kann eine Krise entstehen, wenn man den Ton der Community nicht trifft. Ein dritter Krisenherd sind, seiner Ansicht nach, durch Dritte aufgedeckte Skandale im Unternehmen. Er empfiehlt:

André JontzaShitstorms beugt man am besten durch eine offene, transparente, ehrliche und authentische Unternehmenspolitik bzw. Kommunikation vor. Wer nichts verbirgt, kann auch nur schwer Opfer von ungewollten Enthüllungen werden. Zur Vorbeugung gehört auch eine professionell geplante PR. Ebenso wichtig ist ein ehrlicher Umgang mit Fehlern und das Erstnehmen von Kritik und Anregungen. Fühlen sich User ernstgenommen, neigen sie weniger dazu, ihren Frust öffentlich kundzutun. Kommunikationsverantwortliche müssen erkennen und verstehen, was der Dialogpartner in diesem Moment sagen möchte, das kann viel Druck vom Kessel nehmen.“

Und was sollte man als Unternehmen, insbesondere als Social Media-Redakteur, im Falle eines Shitstorms tun, um die Krise richtig zu managen?

„Um im Krisenfall nicht allein dazustehen, empfiehlt es sich, vorher eine starke Community im Web aufzubauen und die Kontakte langfristig zu pflegen. Es ist sicherlich von Vorteil, wenn sich die eigene Community im Krisenfall für und nicht gegen einen einsetzt. Dies gilt natürlich auch für Pressevertreter. Außerdem sollte jeder wissen, was er zu tun hat. Verantwortlichkeiten für das Beobachten des Webs, das Beantworten von Anfragen, das Reagieren auf Kommentare usw. sollten klar geregelt sein. Zudem kann im Krisenfall nicht 17:00 Uhr Feierabend sein. Es muss klare Ansagen an alle Beteiligten im Unternehmen geben. Wann muss auf einen Kommentar reagiert werden? Welche Antworten auf welche Fragen? Muss es Freigabeprozesse für bestimmte Antworten und Statements geben? In welcher Tonalität wird kommuniziert? Wie gehen wir mit agressiven Störern um? Wie können wir die Community aktivieren, uns zu unterstützen? Eine Krise bzw. ein Shitstorm muss absolut professionell behandelt werden.“

André Jontza rät also, die Zuständigkeiten genau zu planen, einen Leitfaden für Angestellte zu entwerfen, in dem verdeutlicht wird, welcher Umgangston verwendet wird, wie und wann auf Kommentare geantwortet wird. Außerdem spielt das Einbeziehen der eigenen Community eine wichtige Rolle. Des Weiteren empfiehlt Jontza, schon vor dem Entstehen eines Shistorms einen Krisenplan zu erstellen. Darin sollten Szenarien identifiziert werden, die Krisen hervorrufen könnten und Wege entwickelt werden, wie im Krisenfall zu agieren ist. Nichts sei schlimmer als von einer Krise überrascht zu werden.

Wie gingen Burger King und der „falsche Fußballer“ mit dem Shitstorm um?

Als Folge auf die Reportage von Günter Wallraff und den einhergehenden Shitstorm entschloss sich Burger King einen TV-Spot zu schalten, in dem Andreas Bork, der Geschäftsführer von Burger King Deutschland, sich für die Missstände im Unternehmen entschuldigt und Besserung gelobt.

http://youtu.be/qJqaiwrzMGw

Das Video kam fast durchwegs positiv bei der Community an :

Auch auf der Facebook-Seite von Burger King Deutschland gab es entschuldigende Posts des Unternehmens, jedoch geschah dies erst, als der Shitstorm schon in vollem Gange war.

Das Model Marcello rief auf seinem Twitterprofil dazu auf, sich doch bitte an den „richtigen“ Marcelo zu wenden.

Fazit: Shistorms, egal ob in einem eher kleinen oder großen Ausmaß, sollten immer ernst genommen werden, indem schnellstmöglich mit den Nutzern interagiert und Schadensbegrenzung betrieben wird.

Autor: Linda Häusler. Grafik: Thomas Kraftschenko.

<h3>Linda Häusler</h3>

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