Die Marketing-Strategen der Filmbranche machen immer häufiger aufwendige Social Media-Aktivitäten zum Mittelpunkt ihrer Kampagnen. Vor allem Direktmarketing und eine sehr authentische Ansprache sind wichtige Werkzeuge. Dennoch passt eine effektive Online-Strategie nicht zu jedem Genre.
Einer Umfrage der Marketing Plattform „Crowdtap“ zufolge entdecken drei von vier Facebook-Usern neue Filme über die Einträge ihrer Freunde. Außerdem gaben 46 Prozent der Befragten an, dass sie, kaum dass der Abspann läuft, auf Facebook von ihrem Kinobesuch berichten. Kein Wunder also, dass die Marketing-Strategen der Filmbranche immer häufiger aufwendige Online-Aktivitäten zum Mittelpunkt ihrer Kampagnen machen.
Direkt, persönlich und authentisch muss es sein
Martina Zurhold, Prokuristin der Agentur für Online-Kommunikation „INPROMO“, sieht in Social Media-Aktionen einen ganz entscheidenden Vorteil. Facebook beispielsweise sei ein guter Weg Direktmarketing zu betreiben. „Dazu sind wir früher, als es nur die klassischen Medien und das Kino gab, fast nicht in der Lage gewesen. Über den Social Media-Kanal können wir die Leute direkt adressieren, sie zur Kommunikation über den Film untereinander bewegen und unseren Film so viral verbreiten“, erklärt die Mitinhaberin der Hamburger Agentur.
Dass das Konzept der digitalen Mundpropaganda aufgeht, beweisen unter anderem die erfolgreichen viralen Filmkampagnen von „The Dark Knight Rises“, „Skyfall“ und nicht zuletzt „Ted“. Allein auf der deutschen Facebook-Seite konnte der politisch unkorrekte Teddybär 1,6 Millionen Fans aktivieren. Über Youtube-Verlinkungen haben sich die Facebook-User alternative Filmtrailer im bayrischen Dialekt angeschaut oder sind mit Fotoaktionen und dem Weiterdichten des „Donnersongs“ selbst aktiv geworden.
Interaktion erhöht die Bindung an den Film
Das Erfolgsrezept der „Ted“-Kampagne, umgesetzt von „INPROMO“, lag aber vor allem in der unkonventionellen Ansprache der Fans. „Weil wir aus der Sicht von ‚Ted‘ gepostet haben, durften wir lustig und vor allem politisch unkorrekt sein, es war halt der Bär. Die Leute fanden es super, dass nicht irgendeine Agentur mit ihnen spricht, sondern Ted“, berichtet Zurhold. Das wirkte besonders authentisch und die Rezipienten bekamen das Gefühl ganz nah am Hauptcharakter dran zu sein.
Online-Marketing wird für die Kinobesucher, die sich im Internet aufhalten, in Zukunft noch sehr viel interaktiver werden: „Interaktive-Trailer, bei denen man mit Namen und Foto in die Geschichte eingesponnen wird, sprechen sich natürlich rum. Aber auch das Thema Mobile Marketing wird zukünftig größer werden, weil wir so die Chance haben die Leute auch unterwegs zu erreichen“, erklärt Katrin Förster, Product Manager bei Twentieth Century Fox of Germany.
Geschichte beginnt auf Social Media-Kanälen
Außergewöhnliche Ideen sind ein wichtiger Bestandteil einer guten Online-Kampagne. „Das Wecken von Neugier, die Möglichkeit der Interaktion, aber auch ausreichend Zeit und die Zusammenarbeit mit großen Partnern ist ausschlaggebend für den Erfolg. Mit breit gestreuten Aktionen auf Youtube, MSN oder Yahoo erlangt man eine gewisse Reichweite, wodurch der Buzz im Marketing – also ein Gesprächswert – überhaupt erst entstehen kann“, erklärt Förster.
Mit Hilfe dieser Partner hat auch die aufwendige Kampagne zum Film „Prometheus“ für besonders viel Aufsehen im Netz gesorgt. So wurde mittels eines Clips über die in der Zukunft spielende TED-Konferenz 2023, einer dazugehörigen gefakten Webseite und eines Kurzfilms über den Protagonisten David schon lange vor Kinostart Spannung bei den Fans aufgebaut.
Das Material für diese virale Kampagne wurde extra zu Marketingzwecken von „Prometheus“-Regisseur Ridley Scott produziert. „Solche Sachen lassen sich viel leichter realisieren, wenn Filmemacher auch mal über den Tellerrand gucken. Allerdings haben viele Regisseure zunächst mal ihren Film im Kopf und Marketing ist eher das lästige Anhängsel“, weiß Förster, die „Prometheus“ als Produktmanagerin betreut hat.
Marketing-Strategie muss zum Genre passen
Es wäre grundsätzlich sogar möglich bei der Filmvermarktung ganz auf traditionelle Medienkanäle zu verzichten und einen Film nur übers Internet zu bewerben, meint Zurhold von „INPROMO“. Allerdings sei das abhängig von Genre und Zielgruppe des Streifens. „Arthouse-Filme können ohne die klassischen Medien nicht überleben, weil das Zielpublikum nicht unbedingt im Internet zu finden ist, sondern eher das Feuilleton liest“, erklärt die Social Media-Expertin.
Ein gutes Beispiel dafür ist der französische Film „Ziemlich beste Freunde“. Mit fast 8,8 Millionen Zuschauern ist die Tragikomödie in diesem Jahr der bisher erfolgreichste Kinofilm in Deutschland. Der Social Media-Zyklus war allerdings ein gänzlich anderer als bei „Ted“ oder „Prometheus“. „Als der Film gestartet ist, war auf Facebook noch gar nicht so viel los. Dann haben die ersten Leute den Film gesehen und haben angefangen wie verrückt zu posten. Erst dann setzte die Mundpropaganda ein und verbreitete sich wie ein Lauffeuer“, berichtet Zurhold.
Doch auch die Produzenten von Filmen, die von Anfang an großen Anklang im Internet finden, sollten sich nach Meinung von Katrin Förster, nicht allzu sehr auf das Internet verlassen. „Ja, wir erreichen einen Großteil unserer Hauptzielgruppe mit unseren Online-Aktionen. Aber von denen, die hinterher im Kino sitzen, haben bestimmt 60 Prozent nichts von den wunderbaren Interaktionen und Clips gesehen.“
Text: Stephanie Jenn, Bild: flickr.com, Fotograf: miike2007, Bearbeitung: Christian Kandels.