Fernweh

Ein Gefühl der Freiheit – Solo-Reisen als Frau

von | 18. November 2022

Den Job gekündigt und den Rucksack gepackt - für Lisa ging es allein durch Asien und Australien.

Ihre liebsten Bucket-List-Momente und Begegnungen hat sie in ihrem Herzen und auf ihrem Blog festgehalten. Anderen Frauen möchte Lisa zeigen, dass es sich lohnt, als Frau alleine zu reisen. Besonders nach zwei Jahren Pandemie haben viele Sehnsucht danach, die Welt zu erkunden.

Reisen ist ein Abenteuer, das uns einzigartige Erinnerungen beschert, aber auch vor Herausforderungen im Unbekannten stellt. Alleine ins Ungewisse aufzubrechen, kann für manche Frauen unheimlich erscheinen. Das liegt häufig auch an den Vorurteilen, mit denen alleinreisende Frauen kämpfen müssen – in den Augen der Angehörigen wird die Welt schnell zu einem Ort voller Gefahren.

Lisa hat 2019 das Fernweh gepackt: Sie hat ihren Job gekündigt und ist drei Monate allein durch Asien und Australien gereist. Schon nach dem Abitur zog sie für ein Au-Pair-Jahr nach London und später während des Studiums für ein Auslandssemester nach Amerika und Bangkok. In ihrem Blog Travellerin und auf ihrem Instagram-Kanal nimmt sie ihre Community mit auf Reisen, gibt wertvolle Tipps und ermutigt jede Frau, mehr von der Welt zu sehen.

Von den Sorgen der Familie und den Freunden darf man sich nicht von seinem Traum abbringen lassen. Hör lieber auf die, die schon alleine auf Reisen waren und positiv davon berichten.”

Lisa

Lisa nimmt ihre Community mit an die schönsten Orte. Foto: Lisa Pautsch

In einem Interview mit medienMITTWEIDA verrät Lisa mehr über das Alleinreisen als Frau.

Warum lohnt es sich deiner Meinung nach, als Frau allein zu reisen?

Lisa: Es lohnt sich, als Frau alleine zu reisen, weil es eines der größten Abenteuer ist, das man in seinem Leben erleben kann. Auch wenn man am Anfang Sorgen hat, wird man nachher unfassbar stolz auf sich sein. So eine Reise gibt einem immer die Chance, über sich hinauszuwachsen und zu lernen, das Leben und sich nicht immer so ernst zu nehmen. 

Letztendlich ist Reisen eine Geschichte über Glück und Dankbarkeit. Es ist ein unbeschreibliches Gefühl, die Schönheit der Welt zu sehen und Erinnerungen zu sammeln, die einem keiner mehr nehmen kann.

Südostasien bietet unendlich viele Traumstrände. Foto: Lisa Pautsch

Warum glaubst du, haben viele Frauen Angst davor, allein zu reisen?

Lisa: Was ich oft höre, ist, dass alleine reisen als einsam sein beschrieben wird. Dazu kommt die Ungewissheit: Fragen wie „Habe ich genug Geld gespart?” und „Welche Reiseroute sollte ich wählen?”, können sehr überfordernd sein. Der dritte Punkt, der meist Frauen betrifft, ist, dass man sich in gewissen Situationen schneller unwohl fühlt. Zum Beispiel, wenn man sich abends alleine in einer Gasse wiederfindet oder im Hostel auf einmal nur mit Männern in einem gemischten Schlafsaal ist. Das sind Herausforderungen, denen man gut entgehen kann, wenn man Vorkehrungen trifft.

„In Thailand gibt es in manchen Gegenden keine Bushaltestellen – der Bus hält einfach irgendwo an. Und wenn du Glück hast, stehst du an der richtigen Stelle.”

Lisa

Welche Reiseziele empfiehlst du für Alleinreisende?

Lisa: Ich würde als Einsteigerland für Solo-Reisende Thailand empfehlen oder generell Südostasien. Zum einen ist Thailand ziemlich sicher, weshalb ich mich dort fast nie unwohl gefühlt habe. Alleinreisende Frauen sind auch nichts Ungewöhnliches und man wird nicht schief angeguckt – wie es vielleicht in arabischen Ländern der Fall wäre. Da das Land stark vom Buddhismus geprägt ist, sind Achtsamkeit und Karma auch ein großes Thema. 

Australien ist ein westliches Land mit einer Top-Infrastruktur, man braucht für die Ostküste nicht mal ein Auto, da alles gut mit dem Bus erreichbar ist. Ich würde mich beispielsweise nicht trauen, alleine Auto zu fahren. Deshalb schaue ich immer, wie ich mich vor Ort fortbewegen kann. 

Empfehlen kann ich auch, sich die Kriminalitätsrate eines Landes anzuschauen, die zum Beispiel in Japan sehr gering ist.

Reisesicherheit

Die Organisation „International SOS” bewertet jährlich die Risikofaktoren aller globalen Reiseziele und veröffentlicht die Ergebnisse in einer „Risk Map”. Bewertungskriterien sind unter anderem politische Unruhen und Krieg, Terrorismus, ethnische Gewalt, Kriminalität und Naturkatastrophen.

Reiserisiko ausgewählter Länder nach Gefahrenpunkten von 1 (unerhebliches Risiko) bis 9 (extremes Risiko). Grafik: Luisa Kallauch in Anlehnung an „Risk Map 2022 der International SOS

Was sollten Frauen beachten, um sich auf Reisen möglichst sicher zu fühlen?

Lisa: Ich finde, an allererster Stelle ist es wichtig, auf sein Bauchgefühl zu hören. Außerdem sollte man nie Geld über die eigene Sicherheit stellen – und lieber abends ein Taxi nehmen, statt eine halbe Stunde durch die Dunkelheit zu laufen. 

Kulturelle Gegebenheiten sollte man kennen und respektieren. Wenn man in einem arabischen Land unterwegs ist, ist es nun mal nicht so gern gesehen, dass Frauen kurze Hosen tragen. Um mich selbst vor Blicken zu schützen, ziehe ich eben eine lange Hose an. Ein selbstbewusstes Auftreten ist auch sehr wichtig. Ansonsten ist es gut, Leuten mitzuteilen, wo man ist, auch wenn es die Hostel-Bekanntschaften sind.

In welchen Situationen hast du dich auf deinen Reisen unwohl gefühlt?

Lisa: Ich bin in Thailand das erste Mal getrampt, da kein Bus mehr gefahren ist. Ich hatte vor der ganzen Situation wirklich Respekt und bin dann bei einem Mann eingestiegen. Als er ein Foto von mir gemacht hat, als ich etwas gegessen hatte, wurde es gruselig und ich habe überlegt, aus dem Auto zu springen. Zum Glück ist dann aber nichts mehr passiert, doch ich habe mich ein wenig unwohl gefühlt.

Sonst denke ich mir oft: „Okay Lisa, was machst du hier schon wieder ganz alleine mitten im Nirgendwo? Keiner weiß, wo du bist, kein Handy-Empfang.” – wie zum Beispiel in Vietnam, im Mekong-Delta. Da habe ich in einer Bambushütte in einem abgelegenen Dorf übernachtet und hatte keinen einzigen Balken Empfang. Es war dann aber doch eine total schöne Erfahrung, da meine Gastfamilie unglaublich herzlich war.

Die Einwohner im Mekong-Delta waschen ihr Geschirr im Fluss. Foto: Lisa Pautsch

Wie stehst du zu Solo-Reisen trotz fester Partnerschaft?

Lisa: Ich habe einen festen Freund und nie darüber nachgedacht, meine geplante Reise deswegen nicht anzutreten. Wir haben miteinander gesprochen und er hat mich komplett unterstützt und ermutigt, das zu machen.

Wie konntest du Heimweh und Einsamkeit überwinden?

Lisa: Ich hatte nicht oft Heimweh. Meinen Freund habe ich manchmal vermisst und dagegen hilft es, zu telefonieren und Nachrichten zu schreiben, auch wenn es nur eine Gute-Nacht-Nachricht ist. Sich zu reflektieren und dankbar für die Situation zu sein, nimmt einem meist die Traurigkeit darüber, jetzt gerade nicht bei seinen geliebten Menschen zu sein.

Ansonsten hilft es, Leute vor Ort kennenzulernen, wenn man sich einsam fühlt. Am besten stellt man sich gleich vor, wenn man ins Hostel-Zimmer kommt und fängt so ein Gespräch mit den anderen an. In Südostasien hat man häufig ähnliche Reiserouten und reist zusammen durchs Land.

„Auch wenn man Heimweh hat, bin ich immer dafür, durchzuhalten und nicht aufzugeben. Denn man erlebt gerade etwas Einmaliges und wird zuhause immer daran zurückdenken.”

Lisa

Was waren für dich die schönsten Erfahrungen auf Reisen?

Lisa: Sehr, sehr viele. Zum einen die Natur, vor allem, wenn man ganz alleine ist und den Moment genießen kann. Außerdem natürlich die Menschen. Vieles bleibt einem im Kopf, wenn man die Situation mit anderen Reisenden oder Einheimischen erlebt hat. 

Und dann sind da noch die Bucket-List-Momente: Dinge, die man von klein auf kennt – und plötzlich ist man da und steht zum Beispiel auf der Chinesischen Mauer oder schnorchelt am Great Barrier Reef. In Indonesien war ich auf dem Vulkan Ijen, in dessen Krater es einen türkisen Vulkansee gibt und der verbrannte Schwefel abends blau flackert. Das war total beeindruckend. 

Ich erinnere mich auch gerne an eine dreitägige Wanderung in Myanmar. Es war eine tolle Erfahrung, obwohl ich eigentlich nicht so der Typ für lange, mehrtägige Wanderungen bin. In Thailand habe ich mit zwei lieben Thailänderinnen, die ich beim Couchsurfing kennengelernt habe, auf einer Insel das thailändische Neujahr gefeiert – das sind die schönsten Erinnerungen.

Der Vulkan Ijen ist für seine blau leuchtenden Schwefelgasflammen bekannt. Foto: Lisa Pautsch

Welche Vorbereitung kannst du vor der ersten Solo-Reise empfehlen?

Lisa: Es kommt auf den Reisetyp an – den spontanen Typ oder den durchgeplanten. Ich bin immer sehr durchgeplant und überlege mir vorher, was ich alles sehen möchte. Zur Hilfe nehme ich da oft einen Reiseführer. Ansonsten sollte man sich immer informieren, welche Impfungen notwendig sind. Für längere Reisen habe ich auch eine Notfall-Kontaktperson bestimmt, die Zugriff auf meine Konten hat. Man kann sich auch bei ELEFAND anmelden, einer Seite des Auswärtigen Amtes, um seine Angehörigen im Falle einer Katastrophe im Reiseland zu informieren und Hilfe zu erhalten. 

Für meine Wertsachen habe ich eine dünne, hautfarbene Bauchtasche dabei, die man unter der Kleidung trägt. Dazu kommt noch eine Art Seilschloss, mit dem ich meinen Backpack sichern kann. Manche tragen auf Reisen einen Fake-Ehering, um nicht so oft angesprochen zu werden. Zusätzlich habe ich immer ein kleines Duschbad dabei, um meine Hände auf der Toilette zu waschen. Als Frau ist es ratsam, sich Perioden-Produkte einzupacken, da es in manchen Ländern schwierig sein kann, diese im Geschäft einzukaufen. Mit dabei hatte ich auch eine sogenannte Notfallpfeife, die ich aber nie benutzt habe.

„Wer viel unterwegs ist, hat immer Geschichten zu erzählen. Gerade in Zeiten der Pandemie habe ich gemerkt, dass ich nichts im Leben verpasst habe, bezogen auf das Reisen.”

Lisa

Was sind deine Tipps für Unentschlossene?

Lisa: Kurz vor dem Abflug habe ich oft Zweifel bekommen und hatte Angst davor, wie es wird. Ich dachte: „Geht es nur mir so?” Aber das ist nicht so. Sobald man ankommt und den ersten netten Menschen trifft, sind die Ängste und Sorgen komplett verflogen. Es geht beim Reisen darum, Grenzen zu überschreiten. Man wird Sorgen haben, aber das ist in Ordnung. 

Solo-Reisen ist für jeden etwas, gerade auch für Frauen. Viele verschieben ihre Träume auf später. Aber irgendwann später geht es vielleicht nicht mehr. Im Rentenalter reist du vielleicht nicht mehr nach Tibet, wo die Luft sehr dünn ist. Wenn du diesen Traum hast, solltest du danach greifen und ihn nicht auf morgen verschieben.

Text/Grafik: Luisa Kallauch, Titelbild/Illustration: Lisa Pautsch
<h3>Luisa Kallauch</h3>

Luisa Kallauch

ist 22 Jahre alt und studiert derzeit im 5. Semester Medienmanagement an der Hochschule Mittweida. Bei medienMITTWEIDA engagiert sie sich seit dem Wintersemester 2022/23.