Feldexperiment Spartenprogramm

von | 1. Juni 2012

Mit über 15 Prozent Marktanteil prägen Spartenkanäle das deutsche Fernsehen. Sie sind ein Versuchsfeld für Formate für jüngere Zielgruppen, so „ZDF“-Programmplaner Martin Berthoud.

Die öffentlich-rechtlichen Spartenprogramme sind mehr als nur Versuchsplattformen der Rundfunkanstalten

Die öffentlich-rechtlichen Spartenprogramme sind mehr als nur Versuchsplattformen der Rundfunkanstalten.

Mit über 15 Prozent Marktanteil prägen Spartenkanäle das deutsche Fernsehen. Sie sind ein Versuchsfeld für Formate für jüngere Zielgruppen, so „ZDF“-Programmplaner Martin Berthoud.

Beinahe jedes große Rundfunk-Medienhaus in Deutschland leistet sie sich: Spartenkanäle. Laut Rundfunkstaatsvertrag sind das Programme „mit im Wesentlichen gleichartigen Inhalten“. Ein Sender also, der auf bestimmte Themen spezialisiert ist. Die Ziele, die die privaten und öffentlich-rechtlichen Spartensender dabei verfolgen, sind unterschiedlich. Während die privaten Sender neue Werbekonzepte im Feldversuch erproben, sucht beispielsweise das „ZDF“ Anregungen für das Hauptprogramm: „Die Spartenformate ergeben viele Hinweise und Erfahrungen für die Programm-Formatierung und -Kreation, insbesondere im Hinblick auf jüngere Zielgruppen“, sagt Martin Berthoud, Leiter der Programmplanung im „ZDF“.

Experimente mit Erfolg

Viele Formate würden weitaus mehr leisten, als Quoten unter einem Prozent einzufahren, so Berthoud. „Sie werden nicht nur vom Publikum der Digitalkanäle des ‚ZDF‘ bemerkt, sondern auch zum Gegenstand zahlreicher Kritiken und Betrachtungen gemacht“, beobachtet der Programmplaner. Die Publicity hat wiederum Einfluss auf die Einschaltquoten der Spartenformate. Die Talkshow „Roche und Böhmermann“ von „ZDFkultur“ hat beispielsweise ihre Zuschauerzahlen innerhalb der ersten Staffel versechsfacht. Auch die Late Night-Show „neoParadise“ erreicht gute Marktanteile. „Diese Formate haben unsere Erwartungen erfüllt“, bestätigt Berthoud.

Auch finanziell sind die Sparten-Experimente für das „ZDF“ durchaus rentabel. Die Quotenanteile der Spartensender übersteigen teilweise sogar ihre anteiligen Kosten: Von den rund zwei Milliarden Euro, die das „ZDF“ jährlich von den Gebührenzahlern erhält, werden laut „KEF“-Bericht zum Beispiel im Durchschnitt 31 Millionen Euro für „ZDFneo“ ausgegeben. Das entspricht einem Kostenanteil von 1,5 Prozent. In der Summe der Einschaltquoten von „ZDF“ und „ZDFneo“ macht der Tochtersender jedoch einen Anteil von 3,2 Prozent aus – also mehr als das Doppelte der Kosten.

Probelauf für neue Sendekonzepte

Den „großen“ TV-Stationen bieten Spartenprogramme aber auch inhaltlich neue Möglichkeiten. Sendungen, welche im Hauptprogramm keine ausreichend große Zielgruppe haben, bekommen hier ihre Chance. Mit Formaten wie „Stuckrad Late Night“, „Wild Germany“, „Bambule“ oder wie erwähnt „Roche und Böhmermann“ und „neoParadise“ sind in den letzten Jahren neue Fernsehformate entstanden, die teilweise Quoten um die 0,7 Prozent erreichten. Dennoch sei vorerst nicht geplant, Sparten-Formate ins Hauptprogramm zu übernehmen, unterstreicht Berthoud. Ein generelles Nein bedeute das nicht, sagt der Programmplaner: „Es ist nicht ausgeschlossen, dass sie im Hauptprogramm wiederholt werden“, so Berthoud, „aber naturgemäß an weniger zentralen Sendeplätzen wie bei den Spartensendern.“

Text: Frank Langer, Bild: Quelle: wikipedia, flickr, Bearbeitung: Nicole Schaum

<h3>Frank Langer</h3>

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