Spielspaß fällt Kommerzialisierung zum Opfer

von | 28. April 2011

Viele Online-Spiele finanzieren sich über kostenpflichtige Zusatzinhalte, die dem Spieler Vorteile verschaffen oder ihm die Möglichkeit geben, seine Spielfigur zu individualisieren. Damit lassen sich offenbar mehr Einnahmen generieren. Die Preise werden dabei immer unverschämter. Das Schweizer Location-based Game Gbanga hebt den Maximalpreis solcher virtueller Güter auf 80 Euro.

Smartphone-Spiele werden immer beliebter. Das liegt vor allem am steigenden Marktanteil der vielseitig einsetzbaren Telefone und immer günstigeren Datenflatrates für den Internetzugang. Durch die größere Verbreitung hat sich auch das Konzept des Location-Based-Gaming weiterentwickelt. Das Bezeichnende solcher Spiele ist die Beeinflussung durch die Position des Handys. Wohin sich der Nutzer bewegt, hat direkten Einfluss auf das Spiel. Gbanga oderLiftLoft sind Beispiele solcher ortsbasierter Mobile-Games aus dem deutschsprachigen Raum. In beiden Spielen können Nutzer Gegenstände finden, indem sie sich am jeweiligen Ort aufhalten und damit zum Beispiel Gebäude gegen andere Clans verteidigen.

Kostenpflichtige Zusatzinhalte zerstören Spielatmosphäre

Das Problem solcher Projekte ist die Monetarisierung. Früher kostete ein Spiel einen festen Preis. Heutzutage ist das Hauptprodukt oft kostenlos, dafür muss der Nutzer für bestimmte Spielinhalte Geld ausgeben. Damit probieren zwar mehr Menschen das Spiel aus, auf Dauer entsteht aber ein Ungleichgewicht. Einige Menschen kaufen diese optionalen Vorteile, andere nicht. Wer nicht bereit ist, für jedes einzelne Objekt zu löhnen, ist gegenüber den anderen Spielern benachteiligt. Für den einzelnen Spieler ist es kein schönes Gefühl bei einem eigentlich kostenpflichtigen Spiel gegen zahlende Konkurrenten ständig zu verlieren. Das zerstört auf Dauer die Spielatmosphäre, ruiniert das Game also vollends.

Die Käufer von virtuellen Zusatzinhalten beweisen unterdessen höchstens ihre Unfairness. Zwar können sie sich mit ihrem realen Geld Selbstbestätigung verschaffen, weil sie sich ihren Erfolg erkaufen, außer den Entwicklern werden sie im Spiel aber nicht viele Freunde finden. Faires Verhalten sieht auf beiden Seiten anders aus. Die Entwickler müssten dafür sorgen, dass Spieler keine gravierenden Nachteile erfahren, wenn sie nicht für das Spiel bezahlen, um mehr Nutzer zu gewinnen. Trotzdem scheint sich in der schnellebigen Onlinespielewelt keiner dafür zu interessieren. Eine funktionierende Nutzerschaft wird nicht aufgebaut.

80 Euro für ein virtuelles Gut

Die Preise für Zusatzinhalte befinden sich im Fall von Gbanga zwischen 1 bis zu 80 Euro. Das ist der Preis für einen „World Domination Satellite“. Es fällt schwer zu glauben, dass Nutzer so viel Geld für ein paar Pixel und virtuelle Vorteile ausgeben. Immerhin sind 80 Euro mehr, als die meisten Konsolen- oder Computerspiele insgesamt kosten. Diese warten aber im Gegensatz zu einem Smartphone-Spiel mit moderner HD-Grafik oder sogar stereoskopischen 3D-Effekten auf und besitzen eine mehr oder weniger ausgefeilte Story sowie komplexere Spielmechaniken.

Wird der Preis auf die durschschnittliche Spielzeit umgerechnet, erscheint er noch höher. Ein Mobile-Game wird oft weit weniger intensiv konsumiert. Für den hohen Preis den Gbanga verlangt, ergibt sich nur eine logische Erklärung: Er ist ein Marketing-Gag, um Aufmerksamkeit zu erhalten. Immerhin kann der gleichnamige Hersteller Gbanga so behaupten, er habe das Smartphone-Spiel mit dem potentiell teuersten Zusatzinhalt.

<h3>Jörg Lehmann</h3>

Jörg Lehmann